«CNG ist für mich der neue Diesel»

Seat-Deutschlandchef Bernhard Bauer

«CNG ist für mich der neue Diesel»
Bernhard Bauer führt die Geschäfte von Seat in Deutschland. © Seat

Einst war Seat das Sorgenkind im VW-Konzern. Diese Zeiten sind vorbei. Im Interview mit der Autogazette spricht Deutschlandchef Bernhard Bauer über Absatzerfolge, neue Modelle und über die Bedeutung des Erdgasantriebs.

Der spanische Autobauer Seat hat einen Lauf. Auf dem deutschen Markt konnte die Marke im vergangenen Jahr einen neuen Absatzrekord aufstellen. Mit 108.000 Einheiten legte Seat um fast elf Prozent zu. Dieser Trend soll sich auch in diesem Jahr fortsetzen.

«Wir sind sehr optimistisch», sagte Seat-Deutschlandchef Bernhard Bauer im Interview mit der Autogazette. «Vor allem freut es mich, dass wir trotz einer großen Zurückhaltung bei den taktischen Zulassungen im vergangenen und in diesem Jahr so stark unterwegs sind», sagte Bauer. So habe man die Eigenzulassungen im Vergleich zum Vorjahr halbiert: «Wir lagen im vergangenen Jahr bei 15 Prozent. Das macht mich wirklich stolz. Wir haben hier ein richtiges Kundengeschäft betrieben.» Auch für 2018 erwartet Bauer einen Absatz auf dem Niveau des Vorjahres.

«Sind sieben Jahre in Folge stetig gewachsen»

Der Seat Leon Cupra verfügt über 300 PS. Foto: Seat
Der Seat Leon Cupra ist bald eigenständig unterwegs. Foto: Seat

Autogazette: Herr Bauer, wieviel Spaß macht es momentan, Chef von Seat in Deutschland zu sein?

Bernhard Bauer: Das macht mir nicht nur momentan viel Spaß, sondern bereits seit dreieinhalb Jahren. Aber es stimmt: Angesichts der stetig steigenden Absatzzahlen bereitet es mir momentan besonders viel Freude, die Geschäfte zu leiten. Wir sind in Deutschland sieben Jahre in Folge stetig gewachsen und haben im Vorjahr einen neuen Rekord aufgestellt.

Autogazette: Mit über 108.000 Einheiten konnte Seat um 10,9 Prozent zulegen. Welche Gründe haben für dieses zweistellige Wachstum gesorgt, nur die Modelle?

Bauer: Der Mix macht es. Klar, die Produkte sind entscheidend. Wir haben qualitativ hochwertige Fahrzeuge im Angebot, die Testberichte gewinnen und einem Vergleich mit der Konkurrenz Stand halten. Daneben steht Seat aber für schöne Autos. Wir sind eine junge, urbane und dynamische Marke. Und vor allem sind wir eine zugängliche Marke. Unsere Autos sind bezahlbar.

«Eigenzulassungen im Vergleich zum Vorjahr halbiert»

Autogazette: Nach zwei Monaten liegt der Zuwachs bereits um fast 23 Prozent über dem Vorjahreszeitraum. Wie sieht nach diesem starken Start die Absatzerwartung für dieses Jahr aus?

Bauer: Wir sind sehr optimistisch. Vor allem freut es mich, dass wir trotz einer großen Zurückhaltung bei den taktischen Zulassungen im vergangenen und in diesem Jahr so stark unterwegs sind. Wir haben uns im Privatkundenbereich um über 50 Prozent gesteigert, bei den Flotten um über 30 Prozent. Wir haben die Eigenzulassungen im Vergleich zum Vorjahr halbiert.

Autogazette: Auf welchen Eigenzulassungsanteil kommen Sie?

Bauer: Wir lagen im vergangenen Jahr bei 15 Prozent. Das macht mich wirklich stolz. Wir haben hier ein richtiges Kundengeschäft betrieben.

Autogazette: Wo sehen Sie in diesem Jahr das Wachstum? Eher im Privatkundengeschäft oder bei der Flotte?

Bauer: In beiden Bereichen. Unsere Produkte werden immer interessanter, auch für den Flottenbereich. Auch unsere SUVs nehmen für kleinere Flotten an Bedeutung zu. Der Arona spielt da die gleiche Rolle wie der Ateca. Insbesondere der Leon ST funktioniert im Flottenmarkt sehr gut.

«Unser Dieselanteil war nie besonders hoch»

Seat Ibiza TGI. Foto: Seat
Den Seat Ibiza gibt es nun auch als Erdgas-Variante. Foto: Seat

Autogazette: Wie sehr leiden Sie unter der Diskussion um Dieselfahrverbote?

Bauer: Unser Dieselanteil war nie besonders hoch. Wir kamen von 25 Prozent, jetzt sind wir bei 18 Prozent. Entsprechend ist die Nachfrage auch bei uns zurückgegangen. Bei Fahrzeugen mit hohen Laufleistungen wie beim Alhambra bleibt der Diesel nach wie vor ein Thema. Ich gehe zwar davon aus, dass durch die Verunsicherung der Verbraucher der Dieselanteil weiter zurückgeht, doch einen großen Einfluss aufs Geschäft sehe ich nicht.

Autogazette: Kann durch die Diskussion um den Diesel die Nachfrage nach Erdgas steigen?

Bauer: Es ist eine große Chance für CNG. Ich gewöhne mir mittlerweile schon den Satz an: CNG ist für mich der neue Diesel. Wir haben durch die Umweltprämie den Absatz an Erdgasfahrzeugen verzehnfacht. Bei den Kunden besteht durch die Umweltprämie in Kombination mit der Dieseldiskussion eine starke Affinität zum Erdgas. Es sprechen letztlich auch keine Gründe gegen CNG, eher sprechen sie dafür: Ich nenne da nicht nur den deutlich geringeren NOx- sondern auch CO2-Ausstoß. Dort, wo wir wie beim Leon, Mii und Ibiza CNG-Fahrzeuge anbieten, kommen wir mittlerweile auf einen Anteil von fünf Prozent. So einen Wert hatten wir noch nie. Erdgas wird immer stärker nachgefragt.
«Erdgas kann Diesel Konkurrenz machen»

Autogazette: Wo wollen Sie bei den Verkäufen beim Erdgas hinkommen?

Bauer: Es bedarf nach wie vor eines hohen Aufklärungsbedarfs zu CNG. Es sprechen alle Fakten dafür, doch noch sind viele Kunden zögerlich. Deshalb ist der VW-Konzern dabei, dass Thema wieder zu pushen. Ich bin mit Blick auf CNG der festen Überzeugung, dass Erdgas dem Diesel Konkurrenz machen kann. Warum sollten wir hier nicht auch in den Bereich von 18 Prozent am Gesamtabsatz kommen? Ich bin überzeugt, dass das gelingen kann.

Autogazette: Was wird als nächstes CNG—Modell kommen?

Bauer: Wir werden als nächstes den Arona als CNG-Modell anbieten, wobei dann auch die CNG-Tanks größer sein werden. Der Kosten-Nutzen-Vorteil wird damit für den Kunden noch größer werden.

Autogazette: Ab wann sind Verkäufe im Bereich von 18 Prozent vorstellbar?

Bauer: Mit der vollen Verfügbarkeit vom Arona, dem Ibiza, Mii und natürlich dem Leon und Leon ST ist das möglich.

«Dieses Klientel verlangt nach der Digitalisierung»

Seat setzt auf Shazam. Foto: Seat
Seat integriert die Musikerkennungs-App Shazam in seine Fahrzeuge. Foto: Seat

Autogazette: Sie spielen derzeit das Thema Konnektivität sehr groß. Wie wichtig ist dieser Bereich für den Absatz?

Bauer: Sehr wichtig. Wir haben nach wie vor die jüngsten Kunden im ganzen Markt. Ihr Alter liegt bei 42 Jahren, also etwa 10 Jahre jünger als der Branchendurchschnitt. Dieses Klientel verlangt nach der Digitalisierung. So bringen wir gerade die Musikerkennungs-App Shazam in unsere Autos. Wir wollen das, was die Menschen ohnehin auf ihrem Handy haben, ins Auto bringen – und das ist altersunabhängig.

Autogazette: Für Cupra wurde gerade eine eigene Marke gegründet. Was versprechen Sie sich davon für den deutschen Markt?

Bauer: Cupra ist so stark, dass es nur folgerichtig war, eine eigene Marke zu positionieren. Wir haben beim Leon einen 12-prozentigen Cupra-Anteil und kamen im Vorjahr allein auf 6000 Auftragseingänge für den Leon Cupra. In den letzten drei Jahren haben wir die Cupra-Zahlen verdoppelt. Ich sehe da weiteres Potenzial, nachdem nun auch noch der Ateca dazu kommt.

«Haben eine Eroberungsquote von 84 Prozent»

Autogazette: Der Seat Leon ist vor dem Ibiza das am stärksten nachgefragte Modell. Wird es durch die SUV-Offensive hier eine Verschiebung geben?

Bauer: Die Erfolgsformel von Seat ist es, die bestehenden Fahrzeugsegmente auf ihrem Niveau zu halten bzw. sie sogar zu steigern: Beim Ibiza konnten wir um über 50 Prozent zulegen, beim Leon 15 Prozent über dem Vorjahr. Ja, es steigen Kunden vom Leon auf den Ateca um. Doch es kommen zugleich mehr Kunden von Fremdfirmen zu uns und entscheiden sich für einen Leon, weshalb dessen Verkäufe so stabil bleiben. Durch die Umweltprämie haben wir eine Eroberungsquote von 84 Prozent.

Autogazette: Wäre es für Sie eine Enttäuschung, wenn Sie dieses Jahr nicht erneut zweistellig wachsen würden?

Bauer: Es wäre keine Enttäuschung, aber eine Überraschung!

Das Interview mit Bernhard Bauer führte Frank Mertens

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Frank Mertens
Nach dem Studium hat er in einer Nachrichtenagentur volontiert. Danach war er Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche.

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