Trikes in den Wechseljahren

Harley-Davidson als Vorbild

Trikes in den Wechseljahren
Das Klientel der Trike-Fahrer hat sich gewandelt © Rewaco

Mit Trikes werden häufig Rockerbanden auf von Käfermotoren angetriebenen Dreirädern verbunden. Die Branche ist dabei im Wandel, hat aber Schwierigkeiten, das alte Image abzulegen.

Von Thomas Flehmer

Lange Bärte, ein Pferdeschwanz und unter der Lederweste sind diverse Tätowierungen auf nackter Brust zu sehen. Ein Platz dahinter, etwas erhöht sitzend, thront im Minirock die blondierte Freundin und checkt gerade ihr Makeup. Das ist zumeist das vorherrschende Image, von dem sich die langsam wachsende Trike-Branche lösen möchte. "Heute arbeitet die vornehmliche Kundschaft als Jurist oder Zahnarzt, die auch über das nötige Kleingeld verfügen", sagt Hermann Heringer, einer von drei Geschäftsführern der Firma Rewaco, die sich auf den Bau von Trikes und Bike Conversions spezialisiert hat.

Trike kostet zwischen 20.000 und 40.000 Euro

Vor knapp 22 Jahren gründete Harald Schmitz das Unternehmen – damals noch als Garagenfirma. Doch die Bastlerzeit war schnell vorbei und die Fertigung wurde immer größer. Heute beschäftigt Rewaco rund 70 Mitarbeiter am Standort Lindlar in der Nähe von Köln. Rund 500 Stück werden pro Jahr gefertigt und auch verkauft, Tendenz steigend. Zwischen 20.000 und 40.000 Euro kostet ein Trike. "Wir werden 2013 in den US-amerikanischen Markt einsteigen", sagt Heringer, der gerade in Nordamerika einen großen Bedarf sieht.

Dort hat sich das Image schon gewandelt. "Harley-Davidson hat es vor gut 15 Jahren vorgemacht und einen Klientel-Wandel vollzogen", so der 52 Jahre alte Geschäftsführer. Auch die legendäre Ami-Marke wurde oft mit Rockerbanden verbunden. Mittlerweile sind die Outlaws fast völlig verschwunden und zumeist auf kostengünstigere Modelle umgestiegen.

Ford-Motor als Zündfunke

Auch Bike Conversions werden beliebter Rewaco

Einen ersten Wendepunkt markiert dabei das Jahr 2005. Dort verbaute Rewaco zum ersten Mal einen Ford-Motor, der auch den Focus antreibt, und beendete die alte Trike-Ära, die noch von Käfermotoren befeuert wurde. "Der Ford-Motor war der Zündfunke", sagt Heringer. Das Aggregat wurde von den Rewaco-Ingenieuren mit einem eigenen Motormanagement ausgestattet, speziell auf das Trike-Verhalten ausgerichtet.

Ähnlich wollen die Macher verfahren, wenn die Trikes mit einer Automatik ausgestattet werden sollen. Auch dann soll das Getriebe von Ford kommen, die Elektronik wird in Eigenregie dann auf das Trike ausgerichtet. Für Andre Raab ist die Automatik sehr wichtig, da sich "zumeist die ältere Generation für ein Trike interessiert. Und bei den Silver Agern ist eine Automatik ein willkommenes Komfortelement", sagt der Zweiradmechaniker-Meister, der für Rewaco auch die gut 30 Händler in Deutschland betreut.

Alte Vorurteile über Trikes kratzen am Image

Eine zum Trike umgebaute Suzuki Intruder Rewaco

Zudem ist eine Automatik für den Eintritt in Nordamerika sehr wichtig. In den USA ist sie das beliebtere Schaltinstrument. Und auf den amerikanischen Markt legt Heringer große Hoffnungen, schließlich soll die Produktion in den kommenden vier Jahren verdoppelt werden. Selbst eine eigene Produktionsstätte in den USA schließt der Geschäftsführer nicht aus.

Weitere Markteinstiege seien zudem geplant, besonders in Frankreich sollen die Aktivitäten verstärkt werden. Immerhin ist Frankreich in Europa der stärkste Trike-Markt. Dort scheinen die Vorurteile schon besser verarbeitet zu sein, als hierzulande. Denn in Deutschland glauben viele immer noch, die Trikes würden in Kurven schnell umfallen. So wie die exotischen Spinnen aus den Blumentöpfen krabbeln ist auch dieses Vorurteil ein Trugschluss: Durch den niedrigen Schwerpunkt an der Hinterachse können Trikes gar nicht umkippen, wenn sich alles in den Grenzen der Physik bewegt. Aber auch das gehört immer noch zum Image.

85-Jähriger als einer der ältesten Kunden

Bei der RF1 arbeitet ein 1,6 Liter großer Ford-Motor Rewaco

Ältere und auch vermögende Südeuropäer scheinen dagegen keine Trugschlüsse zu hegen. "Im vergangenen Oktober kam ein Spanier extra nach Lindlar geflogen", sagt Boris Brüggemann, verantwortlich für Marketing und Kommunikation.

Der wohlhabende Mann stellte sich vor Ort auch gleich ein Trike zusammen, das dann nach seinen Wünschen gefertigt wurde. Der rüstige Herr zählte bereits 85 Jahre – ohne Pferdeschwanz und tätowierter Brust.

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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