BMW R 18 B: Fahren auf die entspannte Tour

BMW R 18 B: Fahren auf die entspannte Tour
Für erste Fahreindrücke steht die R 18 B als vollverchromte „First Edition“ zur Verfügung © BMW

Die BMW R 18 B ist eigentlich für einen US-Highway gedacht. Trotz ihres Gewichts fährt sie sich aber erstaunlich bequem.

Knapp ein Jahr nach dem Start der ersten Version der BMW R 18 wächst die zwischenzeitlich auf zwei Versionen vergrößerte Modellfamilie nun auf vier Varianten. Zur Basisversion R 18, einem unverkleideten Cruiser, und der mit Seitentaschen und abnehmbarer Scheibe ausgerüsteten R 18 Classic gesellen sich neuerdings die R 18 B – der Buchstabe steht für den englischen Begriff „Bagger“ – mit umfänglicher Verkleidung und fest montierten Seitenkoffern und die R 18 Transcontinental. Letztere stellt die Top-Version dar, hat BMW bei dieser Version doch sämtliche möglichen Ausstattungsregister gezogen. Die Preise der Neuheiten beginnen bei 26.600 bzw. 27.650 Euro.

Für erste Fahreindrücke steht die R 18 B in vollverchromter „First Edition“-Version zur Verfügung – schwarz lackiert und mit schöner Doppellinierung verfeinert. Über ein massiges, breit ausladendes Kunststoffteil ragt eine vergleichsweise kurze Plexiglas-Scheibe hinaus. Die R 18 B ist als direkter Wettbewerber zu jenen Bikes konzipiert worden, die sich dem „American Way of Ride“ verschrieben haben – und sie zeigt eindrücklich, dass die bayerischen Entwickler verstanden haben, worauf es dabei ankommt: aufs Gefühl. Nämlich das Erleben von Geschmeidigkeit mit einem kräftigen Schuss Verwöhnaroma. Soundanlage, qualitativ hohe Ziselierungen an vielen dafür geeigneten Teilen und allerlei weitere Annehmlichkeiten gehören dazu, wenn auf langen Touren, beispielsweise von Florida in die Rocky Mountains, Freude aufkommen soll. Für die Reise von Flensburg in die Alpen gilt das nicht minder.

Steilere Telegabel, hinten mehr Federweg

Die bayerischen Entwickler beließen es zum Glück nicht dabei, die R 18 einfach mit Touren-Zierrat zu behängen. Foto: BMW

Die bayerischen Entwickler beließen es glücklicherweise nicht dabei, die R 18 einfach mit dem Touren-Zierrat zu behängen. Sie modifizierten erst einmal das Rückgrat, nämlich den Rahmen. Die fette Telegabel steht deutlich steiler, der Radstand ist dadurch ein ganzes Stück kürzer. Zudem stehen am Hinterrad nicht mehr 9 Zentimeter Federweg zur Verfügung, sondern deren 12; ein Federbein mit wegabhängiger Dämpfung sorgt für prächtigen Komfort, der automatische Beladungsausgleich für eine stets optimale Fahrlage. Das Einstellen der Federvorspannung übernimmt, sensorgesteuert, eine Hydraulikeinheit.

Dass fürs entspannte Touren quer durch Amerika eine „feet forward“-Sitzposition unerlässlich ist, widerlegt die R 18 B. Selbst viele Stunden im bestens gepolsterten Sitz führen nicht zu Kniebeschwerden. Die bei ihr serienmäßige Positionierung der Fußrasten in Fahrzeugmitte ist zudem vorteilhaft für einen aktiven Fahrstil; zwar animiert das Acht-Zentner-Trumm grundsätzlich nicht zum Kurvenwirbel, doch lassen sich nicht allzu enge Kurvenkombinationen genussvoll und mit ausreichend bemessener Schräglage passieren.

Uneingeschränkt genussvolles Fahren

Auf flüssigem Geläuf spielt der 1,8 Liter-Boxer mit 91 PS seine gesamten Qualitäten aus. Foto: BMW

Auf flüssigem Geläuf spielt der enorm durchzugskräftige 1,8 Liter-Boxermotor mit 91 PS seine gesamten Qualitäten aus: Zwischen 1500 und 3500 Umdrehungen spielt jederzeit kräftig die Musik, das Schalten funktioniert präzise und leichtgängig, wobei sich Überlandfahrten fast ausschließlich in den Gängen vier bis sechs abspielen. Wir notieren uneingeschränkt genussvolles Fahren ohne Begleitung störender Luftwirbel am Helm und Musikgenuss bis Tempo 130.

Von einer Fahrerin sprechen wir an dieser Stelle ausdrücklich nicht. Denn für die Masse der Motorradfahrerinnen erscheint die R 18 B schlichtweg zu wuchtig. Man merkt selbst als Mann, wenn man mal auf einer schrägen, nach links hängenden Ebene parkt. Blitzartig wird eine R 18 B unter solchen Umständen beim Aufstellen bleischwer. Dann auf fremde Hilfe schielen zu müssen, ist ein herber Tritt gegen das Selbstbewusstsein. Die optionale elektrische Rückfahrhilfe bugsiert den schweren Brocken in senkrechter Fahrposition aber anstandslos rückwärts bergauf.

Rangiermanöver wollen überlegt sein

Die Ausstattung der R 18 B ist gut, doch in der Optionsliste locken zahlreiche weitere Schmankerl. Foto: BMW

Das Fahren der R 18 B – man muss es ausdrücklich betonen – ist eine bequeme Sache. Egal ob in der Ebene oder in den Bergen, auf der Autobahn, auf Bundes-, Kreis- oder kleinen Ortsverbindungsstraßen, stets fährt der Bagger zielgenau dorthin, wohin sein Fahrer ihn dirigiert, und zwar locker-leicht-bekömmlich. Anschließende Rangiermanöver wollen dagegen überlegt absolviert werden, sollen sie nicht mit Flüchen unterlegt werden müssen.

Die Ausstattung der R 18 B ist gut, doch wäre BMW nicht BMW, wenn nicht zahlreiche weitere Schmankerl in der Optionsliste lockten. Das fängt beim ACC, der bestens arbeitenden adaptiven Geschwindigkeitsregelung an, geht über den fantastischen, weil sich in die Kurve hineindrehenden Scheinwerfer weiter und hört beim exzellenten Marshall-Soundsystem der Stufe eins noch lange nicht auf; in Serie kommen jeweils Lautsprecher in der Frontverkleidung zum Einsatz. Wer bei der Bestellung ausgiebig Häkchen setzt, stößt schnell in interessante Dimensionen vor.

Transcontinental-Version wiegt 427 Kilo

Zusätzlich bietet die „Transcontinental“ ein ausgesprochen Sozia-freundliches Topcase mit feiner Rückenlehne. Foto: BMW

Zusätzlich bietet die schon erwähnte Transcontinental-Version ein ausgesprochen Sozia-freundliches Topcase mit feiner Rückenlehne, vier Trittbretter, eine verchromte Schaltwippe, zwei Zusatzscheinwerfer und eine etwas höher aufragende Scheibe zugunsten eines nochmal besseren Windschutzes. Dem dienen auch zusätzliche Windabweiser im Frontbereich. Ein Mehrpreis von 1050 Euro erscheint für alle diese Finessen keineswegs unangemessen. Zu beachten ist freilich, dass insbesondere der dritte Gepäckbehälter, der auf Wunsch mit zwei weiteren Lautsprechern ausgerüstet werden kann, ein erhebliches Mehrgewicht verursacht. Mit 427 Kilogramm ist die Transcontinental nochmals um rund 30 Kilo schwerer als die mit 398 Kilogramm wahrlich nicht leichte Bagger-Version.

Eines allerdings bietet auch die Transcontinental nicht, und zwar noch nicht einmal in der ansonsten so umfänglichen Liste der Sonderausstattungen: hinterleuchtete Lenkerschalter. Die hätte sie dank der Vielzahl an Schaltern und Tastern links und rechts am Lenker nötiger als jede andere BMW. Gegenüber anderen Marken mit Premiumanspruch haben die Bayern auf diesem Feld Nachholbedarf.  (SP-X)

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