Mit Übersicht in die neue Motorradsaison

Erst wieder an Maschine gewöhnen

Mit Übersicht in die neue Motorradsaison
Motorradfahrer leben besonders gefährlich. © IFZ

Für das Gros der Motorradfahrer hat am 1. April die neue Saison begonnen. Die Biker sollten es dabei langsam angehen lassen. Nicht nur sie müssen sich an ihre Maschine erst wieder gewöhnen – auch die Autofahrer.

So langsam sieht man immer mehr Motorradfahrer. Mit Anfang April lief für die Masse der über den Winter mittels Saisonkennzeichen vorübergehend stillgelegten Motorräder die Wintersperre aus – endlich wieder Zweiradspaß! Die Erfahrung zeigt aber: Wer die Saison mit Überlegung beginnt, fährt besser. Wer dagegen gleich volle Kanne fährt, ist nicht wirklich auf der sicheren Seite.

Oft liegen die Frühtemperaturen jetzt noch unter null Grad, tagsüber steigen sie gerne schon auf zweistellige Werte. Wer da mit dem Motorrad unterwegs sein will, muss nicht nur adäquat gekleidet sein (am besten Textil mit Klimamembran, dazu Windschutz am Hals, Handschuhe mit langen Stulpen, Stiefel mit ausreichend hohem Schaft), sondern auch ein paar andere Dinge bedenken. Beispielsweise, dass die Asphalttemperatur extrem ungünstig ist für guten Grip. Und dass dieser als Folge stets wiederkehrender Streu-Einsätze des Straßendienstes ohnehin miserabel ist, denn sowohl Splittreste wie auch die Salzkruste sind ausgesprochene Schräglagen-Feinde.

Gründlich warmbremsen

Es gibt aber noch mehr, woran zu Saisonbeginn zu denken ist. Auch wenn niemand über den Winter das Fahren an sich verlernt, so geht doch ein Teil des körpereigenen Feintunings verloren. Beispiel Bremsen. Wer kein ABS besitzt, sollte sich deshalb gründlich warmbremsen, und wer eines hat, sollte es ebenfalls tun. Rauf aufs Bike und dann bei 120 km/h im Notfall sofort voll in die Eisen halten, das packt nicht jede wintermüde Psyche so ohne weiteres. Wer ein neues Motorrad hat, das über das neue Kurven-ABS verfügt, steht ohnehin in der Pflicht, das Bremsen in Kurven neu zu lernen – die in Jahren oder gar Jahrzehnten angelernten Reflexe, in Schräglage nur mäßig zu bremsen, müssen deaktiviert werden, und das ist ganz und gar nicht einfach!

Ein weiterer Faktor will zu Saisonanfang bedacht sein, nämlich unsere Freunde in ihren vierrädrigen Dosen, zu denen ja auch die Motorradfahrer selbst nun einige Monate gehört haben. Anders als im September, als die Autofahrer während der Saison schon zigtausend Mal überholt worden waren, sind sie jetzt geistig wieder vollkommen motorradentwöhnt; sie haben Motorradfahrer zumeist noch nicht auf dem Schirm.

Und niemand kann Autofahrer quasi von heute auf morgen „resetten“ und ihren im Vorjahr gepflegten rücksichtsvollen Fahrmodus anknipsen. Sie benötigen etwas Zeit, um sich der Koexistenzberechtigung des Zweirads wieder bewusst zu werden. Wer auf diesen Umstand keinen Gedanken verschwendet, kann schnell Probleme bekommen. In Form unbedachten Linksabbiegens oder in Form unaufmerksamen Ausscherens beispielsweise. Ist in solchen Situation auch noch Speed dabei, kann’s arg wehtun – wenn nicht mehr.

Misstrauen gegen Autofahrer

Als Motorradfahrer hat man zwar primär den Fahrspaß im Auge – und das ist auch gut so –, aber dennoch muss man sich zugleich der Gefahr bewusst sein, die das Motorradfahren mit sich bringt. So werden sieben von zehn schweren Crashs zwischen Pkw und Motorrad von den Autofahrern verursacht. Ein gewisses Misstrauen ist also nicht falsch. Verglichen mit Pkw-Insassen ist das Risiko von Motorradfahrern, bei einem solchen schweren Unfall ums Leben zu kommen, 16 Mal so hoch wie für die Personen im Auto, hat der ADAC ermittelt.

Es sind schon lange nicht mehr die Jungen, welche die Mehrheit der Unfallopfer stellen (2014 wurde ein leichtes Plus der Unfall-, Verletzten und Todeszahlen bei Unfällen mit Motorradbeteiligung registriert), sondern die Älteren. Der Blick auf die Statistik lässt dies als logisch erscheinen, liegt das Durchschnittsalter der Fahrerinnen und Fahrer doch mittlerweile über Mitte 40. Das Unfallrisiko ist zwischen 19 und 55 ungefähr gleich hoch, so die ADAC-Unfallforschung.

Eine der bewährtesten lebensverlängernden und zugleich den Fahrspaß steigernden Maßnahmen ist die regelmäßige Teilnahme an Sicherheits- und Perfektionstrainings. Es gibt sie republikweit in großer Zahl, von Automobilclubs, Motorradfahrer-Vereinigungen, der Verkehrswacht und auch Motorrad-Zeitschriften. Das für ein Ein- oder auch Zweitagestraining investierte Geld zahlt sich mehr als aus. Und selbst wer nur ein Halbtagestraining absolviert ist gegenüber denen, die einfach aufsteigen und losfahren, um ein Vielfaches im Vorteil. (SP-X)

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Frank Mertens
Nach dem Studium hat er in einer Nachrichtenagentur volontiert. Danach war er Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche.

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