«Premiumhersteller nicht einseitig belasten»

Audi eilt von Erfolg zur Erfolg. Im Interview mit der Autogazette spricht Marketing-Vorstand Ralph Weyler über Boommärkte, Absatzerwartungen, die C02-Strafsteuer und den Konkurrenten Porsche.

Audi plant bis zum Jahr 2015 über 1,5 Millionen Fahrzeuge zu verkaufen. Dieses Ziel will der Ingolstädter Autobauer aber nicht um jeden Preis erreichen. «Es geht uns nicht nur um ein Volumenziel. Es geht uns vielmehr auch um die Profitabilität und Attraktivität der Marke», sagte Marketing- und Vertriebsvorstand Ralph Weyler im Interview mit der Autogazette. «Wenn ich im Jahr 2015 irgendjemanden in der Welt anrufe und frage, was ist die erfolgreichste Marke, dann muss er Audi sagen», fügte Weyler hinzu.

Hohe Bedeutung des A1

Wie der Manager sagte, spielen für die Erreichung des Absatzzieles vor allem Länder wie USA und China eine Rolle, aber auch ein Fahrzeug wie der Audi A1. «Ein A1 ist für uns von hoher strategischer Bedeutung. Dabei denken wir nicht nur an die reinen Stückzahlen, sondern auch daran, wie wir noch jüngere Fahrer bekommen können und die Marke erreichbarer wird», so Weyler

Mehr Leistung, weniger Verbrauch

Audi A3 Cabrio Foto: Audi

Autogazette: Herr Weyler, die EU-Kommission droht den Herstellern mit einer Strafsteuer, die bis zum Jahr 2012 den durchschnittlichen C02-Grenzwert von 120 g/km nicht einhalten. Welche Auswirkung hätte das auf die Wettbewerbsfähigkeit von Audi?

Ralph Weyler: Wir sehen nicht erst im Jahr 2012 erhebliche Veränderungen auf uns zukommen. Bereits im zurückliegenden Jahr war das so: Ich nenne hier nur CO2-Besteuerungen oder die Congestion Charge, die es in einigen Ländern gibt. Leider ist festzustellen, dass es bei der CO2-Steuer keine einheitlichen europaweiten Vorgaben gibt. Eines ist aber klar: Ein Überschreiten des CO2-Grenzwertes wird zukünftig zu finanziellen Belastungen führen...

Autogazette: ...aufgrund der Modellpalette ist Audi als Premiumhersteller davon aber stärker betroffen als ein Kleinwagenhersteller?

Weyler: Wir werden auch weiter die Effizienz unserer Produkte steigern, so wie wir das bisher schon getan haben. Ich verweise auf den A3 1.9 TDI e, der mit 4,5 Litern und einen CO2-Ausstoß von 119 Gramm pro Kilometer fahrbar ist. In diesem Bereich wird es weitere Modelle geben. In den zurückliegenden Jahren haben wir zwar die Leistung unserer Motoren um 20 Prozent gesteigert, zugleich den Verbrauch aber um 15 Prozent gesenkt.

«Behalten einen kühlen Kopf»

Autogazette: Sie sehen die Ankündigung dieser Strafsteuer also gelassen?

Weyler: Wir behalten einen kühlen Kopf und gehen die Aufgabe professionell an. Wir fühlen uns der Umwelt verpflichtet, deshalb tun wir für die CO2-Reduktion auch viel. Übrigens mehr, als so mancher Kleinwagenhersteller. Aber eines ist auch klar: Nicht allen in der EU-Kommission geht es um den Umweltschutz, manche machen hier auch Industriepolitik.

Autogazette: Geht die von Ihnen genannte Industriepolitik derzeit vor allem zu Lasten der deutschen Hersteller?

Weyler: Ich will niemandem etwas unterstellen: Doch in Brüssel werden klare Interessen verfolgt. Es geht in der Diskussion nicht allein um Audi. Es geht hier um alle Premiumhersteller, die die deutsche Autoindustrie mit ihren leistungsfähigen aber auch umweltfreundlichen Technologien prägen. Und die dürfen nicht einseitig belastet werden.

«Brauchen differenzierte Sichtweise»

Der Audi R8 mit dem V12 TDI-Motor Foto: AG/Mertens

Autogazette: Kann Klimaschutz funktionieren, wenn vor allem Premiumhersteller in die Pflicht genommen werden, Massenhersteller jedoch kaum?

Weyler: Jeder von uns ist daran interessiert, Klimaschutz zu betreiben. Die Frage ist nur, wie man das macht. Wir optimieren derzeit unsere Fahrzeuge in Bereichen um ein Zehntel hinter dem Komma, doch niemand schaut sich den Car Park an, den es heute gibt.

Autogazette: Sie zielen auf die Altfahrzeuge ab...

Weyler: ...ja, viele Autos, die noch auf unseren Straßen fahren, sind auf dem technischen Stand, der vor acht oder zehn Jahren galt. Wir brauchen in der Diskussion eine differenziertere Sichtweise.

Autogazette: Welche Bemessungsgrundlage würde sich Audi beim C02-Ausstoß wünschen, eine Einteilung in Fahrzeugklassen?

Weyler: Man könnte es am Fahrzeuggewicht festmachen.

Autogazette: Um wie viel Euro würde eine Strafsteuer einen Audi verteuern? Es kursieren Zahlen zwischen 2000 und 4000 Euro.

Weyler: Wir nennen da noch keine Zahlen, weil die politische Diskussion noch läuft.

«Autofahren wird verteuert werden»

Der neue Audi A4 Foto: AG/Langenwalter

Autogazette: Ist ein Betrag zwischen 2000 bis 4000 Euro unrealistisch?

Weyler: Eines ist klar: Das Autofahren wird verteuert werden, auf welche Art und Weise auch immer.

Autogazette: Würde ein Strafsteuer dazu führen, dass man eine andere Modellpolitik bei Audi betreiben müsste - hin zu mehr Kompaktfahrzeugen?

Weyler: Das Modellangebot ist vielfältig: Doch es werden nicht nur Kleinwagen gefahren, weil der persönliche Geschmack und das Anspruchsdenken in eine andere Richtung gehen.

Autogazette: Ist es angesichts des Klimawandels nicht legitim, diejenigen stärker zur Kasse zu bitten, die auch stärker das Klima schädigen?

Weyler: Wir sind bereit unseren Beitrag zu leisten als Hersteller, aber verlangen, dass das in einer ausgewogenen Weise erfolgt. Wir tragen schließlich auch Verantwortung für viele Arbeitsplätze.

«A1 von hoher strategischer Bedeutung»

Der Audi A1 Foto: Audi

Autogazette: Wie wichtig ist für Sie als Premiumhersteller das Kleinwagensegment, in dem sie momentan noch kein Modell haben?

Weyler: Als Premiumhersteller müssen Sie sich immer fragen, was ihnen Erfolg bringt. Unser Ziel ist, bis zum Jahr 2015 1,5 Millionen Fahrzeuge zu verkaufen. Zur Erreichung dieses Ziels gehören verschiedene Produkte wie der Audi A1 und Länder wie USA oder China. Ein A1 ist für uns von hoher strategischer Bedeutung. Dabei denken wir nicht nur an die reinen Stückzahlen, sondern auch daran, wie wir noch jüngere Fahrer bekommen können und die Marke erreichbarer wird.

Autogazette: Audi hat 2007 weltweit über 964.000 Áutos verkauft und zum zwölften Mal in Folge einen Absatzrekord erzielt. Gibt Ihnen diese Zahl Anlass, dass Ziel von 1,5 Millionen verkauften Fahrzeugen bis zum Jahr 2015 vorzuziehen?

Weyler: Es geht uns nicht nur um ein Volumenziel. Es geht uns vielmehr auch um die Profitabilität und Attraktivität der Marke. Wenn ich im Jahr 2015 irgendjemanden in der Welt anrufe und frage, was ist die erfolgreichste Marke, dann muss er Audi sagen.

«An China führt kein Weg vorbei»

Autogazette: Audi konnte in China im zurückliegenden Jahr 100.888 Autos verkaufen. Bleibt China für Sie perspektivisch der wichtigste Markt?

Weyler: Wenn man sich vergegenwärtigt, dass wir in den vergangenen Jahren ein Wachstum von 50.000 auf nun über 100.000 Fahrzeuge realisiert haben, führt an China kein Weg vorbei. Das Potenzial ist dort noch längst nicht ausgeschöpft.

Autogazette: Wie lange kann es sich Audi noch leisten, auf ein Werk in den USA zu verzichten?

Weyler: Wir stehen nicht unter Zeitdruck. Aus Marketinggesichtspunkten wäre es wünschenswert, eine Produktionsstätte in den USA zu haben. Aber es gibt noch viele andere Aspekte, die beachtet werden müssen. Wir diskutieren darüber sehr intensiv, eine Entscheidung ist aber noch nicht gefallen.

«Wollen organisch wachsen»

Ralph Weyler zeigt auf der LA Auto Show in Los Angeles Arnold Schwarzenegger den Audi-Stand Foto: dpa

Autogazette: Bereiten Ihnen als Vertriebsvorstand die Absatzzahlen in den USA eigentlich keine Bauchschmerzen? Mit 93.500 Fahrzeugen fährt man hier gnadenlos hinterher.

Weyler: Wir wollen auf dem US-Markt profitabel wachsen. Die Betonung liegt gleichermaßen auf profitabel und wachsen. Derzeit haben wir in den USA 113 exklusive Händler, es werden weitere folgen. Wir wollen organisch wachsen, nicht durch Rabatte gestützt.

Autogazette: Der Einfluss von Porsche bei VW wird immer größer. Befürchtet man bei Audi, dass man demnächst an der kurzen Leine gehalten wird, damit man den Stuttgartern mit seinen Produkten keine Konkurrenz macht?

Weyler: Porsche ist extrem erfolgreich, Audi ist extrem erfolgreich. Ich denke, dass sich die Erfolgsfaktoren befruchten können.

Das Interview mit Ralph Weyler führte Frank Mertens

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