«Auto-Abo kann zum Treiber für E-Mobilität werden»

interview mit Fleetpool-COO Alexander Kaiser

«Auto-Abo kann zum Treiber für E-Mobilität werden»
Alexander Kaiser ist COO bei Fleetpool. © Fleetpool

Fleetpool ist in Deutschland Marktführer bei den Auto-Abos. Im Interview spricht Chief Operating Officer Alexander Kaiser über das Wachstum in Zeiten der Corona-Pandemie, die Kooperation mit Tchibo und die Elektro-Mobilität.

Das Kölner Unternehmen Fleetpool ist auf dem deutschen Markt Marktführer bei den Auto-Abos. Trotz der Corona-Pandemie konnte Fleetpool in den ersten Monaten dieses Jahres sein Wachstum des Vorjahres nochmals deutlich steigern können.

«Wir sind sehr gut in das Jahr gestartet. Gegenüber April 2020 konnten wir beispielsweise die Vertragsabschlüsse um ca. 100 Prozent steigern», sagte Chief Operating Officer Alexander Kaiser im Interview mit der Autogazette. «Alleine für den Monat Mai 2021 haben wir über 1800 Auslieferungen von Neufahrzeugen im System.»

2000 reine E-Autos als Absatzziel

Nachdem Fleetpool im zurückliegenden Jahr nach den Worten von Kaiser ca. 15.000 Auto-Abos abgeschlossen hat, soll es auch in diesem Jahr neue Bestwerte beim Absatz geben. Dazu beitragen sollen vor allem auch Elektroautos und Plug-in-Hybride. Sie machten in 2020 bereits zwölf Prozent des Gesamtabsatzes aus. «Wir hatten 2020 insgesamt sieben Elektromodelle im Angebot, damit konnten wir im Vorjahr 300 rein elektrische Autos absetzen, der Rest entfiel auf Plug-in-Hybride», so der Manager.

In diesem Jahr kann man seinen Kundinnen und Kunden bereits zehn Modelle anbieten. Diesen Anteil will man im weiteren Jahresverlauf auf 15 steigern. «Unser Ziel ist klar: Wir wollen bei den Auto-Abos auch bei den E-Autos zum Marktführer werden. Bereits in diesem Jahr hoffen wir, mehr als 2000 reine Elektroautos abzusetzen, wobei wir auch von einer Steigerung bei den Hybriden ausgehen.» Für dieses Jahr erwartet Kaiser, dass die elektrifizierten Modelle bereits auf einen «Anteil von 25 bis 30 Prozent» am Gesamtabsatz des Unternehmens kommen.

«Kunde schafft sich mehr Freiheiten»

Das Logistikzentrum von Fleetpool in Griesheim. Foto: Fleetpool

Autogazette: Herr Kaiser, der deutsche Automarkt ist nach Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamtes 2020 um 19,1 Prozent eingebrochen. Ihre Unternehmensgruppe konnte indes einen Zuwachs von 55 Prozent erzielen. Warum konnte Ihnen Corona nichts anhaben?

Alexander Kaiser: Diese Frage haben wir uns auch gestellt. Als die Pandemie losging, haben auch wir uns Sorgen gemacht. Doch die Corona-Pandemie stellte eine Art Turbo in Bezug auf die Digitalisierung und damit dem Auto-Abo dar. Aus Gründen des Infektionsschutzes wollten sich die Menschen keine Autos mehr vor Ort anschauen, wobei der Wunsch nach individueller Mobilität parallel anstieg – übrigens auch in den jüngeren Zielgruppen. Wir haben ohne Frage auch von der Entwicklung profitiert, dass der Besitz eines eigenen Autos für die Menschen nicht mehr so wichtig ist und die Nutzung im Vordergrund steht.

Autogazette: Auch weil mit dem Besitz eines eigenen Autos ein finanzielles Risiko einhergeht?

Kaiser: Sicherlich. Wer ein Auto kauft oder finanziert, geht damit auch ein Restwert-Risiko ein. Beim Auto-Abo hat er dieses Risiko nicht. Dadurch schafft sich der Kunde mehr Freiheiten.

«Abo-Fallen gibt es bei uns nicht»

Autogazette: Ist gerade die Flexibilität des Modells Auto-Abo in Krisenzeiten ein Treiber des Erfolgs gewesen?

Kaiser: Wenn die meisten Menschen an ein Abo denken, denken sie an das Zeitungsabo. Damit verbinden sie, dass man es rechtzeitig kündigen muss, damit es sich nicht verlängert. Als Anbieter von Auto-Abos sind wir da deutlich kundenfreundlicher unterwegs. Nach der Vertragslaufzeit, gibt der Kunde das Fahrzeug einfach wieder ab und kann auf Wunsch gleich eine neues Fahrzeug buchen und einen Folgevertrag abschließen. Abo-Fallen, wie man es aus anderen Bereichen kennt, gibt es bei uns nicht.

Autogazette: Die Flexibilität spielt keine Rolle?

Kaiser: Flexibilität ist wichtig, keine Frage. Aber sie muss im Gleichgewicht mit den Kosten stehen. Das ergibt sich auch aus einer Studie von Prof. Dudenhöffer und seinem CAR-Institut. Danach beläuft sich die optimale Abo-Laufzeit auf 12 Monate, beim Leasing sind es in der Regel 24 bis 36 Monate. Fragt man die Kunden danach, ob sie bereit sind, mehr Geld zu zahlen, wenn sie monatlich aus dem Vertrag herauskämen, wird das vom „Gros“ verneint.

Autogazette: Welche Rolle spielt beim Auto-Abo die Wechsel-Möglichkeit des Fahrzeugs?

Kaiser: Das gehört zu den Marketing-Mythen. Dinge wie: Im Sommer fahre ich ein Cabrio, im Winter einen SUV spielen keine Rolle. Vielmehr ist es für die Kunden wichtig, dass sie ein Auto fahren, das ihren Wünschen entspricht. Wir bieten ihnen in wenigen Minuten die Möglichkeit, das passende Auto zu finden. Die bei uns vorkonfigurierten Fahrzeuge sind alle hochwertig ausgestattet. Bei uns muss sich der Kunde nicht in den Tiefen des Konfigurators verlieren, um dort noch eine Ziernaht in einer bestimmten Farbe zu suchen. So etwas sorgt beim Kunden nur für Stress.

«Ein einfaches Sharing wird bald normal sein»

Fahrzeugübergabe an eine Kundin in Griesheim. Foto: Fleetpool

Autogazette: Bereits vor Corona haben Sie der Digitalisierung eine große Bedeutung beigemessen und eine eigene IT-Abteilung installiert. Hat sich das in der Krise ausgezahlt?

Kaiser: Absolut, das hat eine wichtige Rolle gespielt. Als wir das Thema Auto-Abo angingen, haben wir es erst einmal mit einer Software aus dem Rental-Bereich versucht. Wir haben aber relativ schnell festgestellt, dass das für das Auto-Abo nicht optimal ist. Deshalb haben wir ein eigenes Entwicklerteam aufs Software-Thema angesetzt, sodass wir unser Geschäft nun optimal abwickeln können.

Autogazette: Lynk-Chef Alain Visser hat im Interview mit uns gesagt, dass ihn heutige Auto-Abos eher an ein verkapptes Leasing erinnern. Hat er recht?

Kaiser: Lynk & Co macht das sehr gut. Sie machen auch gutes Marketing, zu dem die Kommunikation einer Sharing-Lösungen und Mitgliedschaften gehören. Mit unseren vielen Jahren Erfahrung im Auto-Abo können wir sagen, dass am langen Ende die Wirtschaftlichkeit gegeben sein muss, da ansonsten irgendeiner den Stecker zieht. Wir haben das für unser System bewiesen, Lynk und Co muss diesen Beweis noch erbringen. Aber wir wünschen ihnen viel Erfolg mit dem schönen Auto! Ein einfaches Sharing der Fahrzeuge wird im Übrigen für diejenigen, die es tatsächlich machen möchten, durch den digitalen Schlüssel bald ganz normal sein.

Autogazette: Ist Ihr Auto-Abo Produkt denn ein verkapptes Leasing?

Kaiser: Keineswegs. Bei uns findet die Bestellung unabhängig vom Kunden statt. Bei uns hat der Kunde deshalb sehr kurze Wartezeiten, da das Auto in der Regel schon produziert wurde. Deshalb bieten wir auch vorkonfigurierte Fahrzeuge an.

Ein weiterer wichtiger differenzierender Punkt gegenüber anderen, eher Leasing orientieren Auto-Abo Anbietern auf dem Markt, ist unser Fleetpool Auto-Abo Logistikkonzept. Bei uns kann der Kunde markenübergreifend immer am gleichen Standort, mit den gleichen Ansprechpartnern und den gleichen Prozessabläufen sein Auto abholen und zurückbringen. Dies ist sehr wichtig, um Wechselfreude und keinen Wechselstress zu produzieren. Dies ist einer der Gründe für unsere sehr hohe Kundenbindung, da dieser Prozess eine hohe Kundenzufriedenheit generiert.

«Circa 15.000 aktive Kundenverträge»

Ein Seat Arona wird von like2drive im Abo angeboten. Foto: AG/Mertens

Autogazette: Wie lange sind die Wartezeiten auf ein Fahrzeug?

Kaiser: Es gibt manchmal auch Schnellläufer, aber in der Regel sind unsere Fahrzeuge nach zwei- bis spätestens zweieinhalb Monaten beim Kunden. Das ist deutlich schneller als bei Leasing-Angebot, weil wir einen kontinuierlichen Bestellvorlauf haben.

Autogazette: Nach einer Erhebung des Autoexperten Ferdinand Dudenhöffer wurden vergangenes Jahr 42.000 Auto-Abos abgeschlossen. Wie viele davon entfallen auf Ihr Unternehmen?

Kaiser: Man kann sagen, dass ein Drittel der im vergangenen Jahr in Deutschland abgeschlossenen Auto-Abos auf unsere Unternehmensgruppe entfällt.

Autogazette: In Summe waren es 15.600 Fahrzeuge?

Kaiser: Im letzten Jahr konnten wir ca. 15.000 aktive Kundenverträge zählen.

Autogazette: Sind Sie damit unangefochtener Marktführer?

Kaiser: Ja, gemäß verschiedener Erhebungen und Prognosen einiger Marktforscher sind wir damit in Deutschland der Marktführer für Auto-Abos.

Autogazette: Laut Prognosen von Prof. Dudenhöffer soll es bis 2030 1 Million Auto-Abos in Deutschland. Entspricht das auch Ihren Prognosen?

Kaiser: Ja, diese Prognose teilen wir. Es könnten sich je nach Szenario noch höhere Volumen ergeben, da Herr Prof. Dr. Dudenhöffer sich bei seiner Studie auf den B2C Markt bezogen hat und auch der B2B Markt zu einem Wachstum beitragen wird.

«Wir sind sehr gut ins Jahr gestartet»

Autogazette: Die ersten vier Monate des neuen Jahres liegen zum Zeitpunkt unseres Gesprächs hinter Ihnen. Hat sich das Wachstum des Vorjahres fortgesetzt?

Kaiser: Wir sind sehr gut in das Jahr gestartet. Gegenüber April 2020 konnten wir beispielsweise die Vertragsabschlüsse um ca. 100 Prozent steigern. Alleine für den Monat Mai 2021 haben wir über 1800 Auslieferungen von Neufahrzeugen im System. Volumen ist aber nicht alles. Wir haben beispielsweise neue Kooperationen abgeschlossen, die uns langfristig sehr gut positionieren.

Autogazette: Wie setzt sich Ihre Kundschaft zusammen? Sind es Privat- oder Gewerbekunden?

Kaiser: Sowohl als auch. Das verteilt sich ziemlich gleichmäßig. Mit eazycars besitzen wir aber eine Marke, die insbesondere im B2B-Bereich Großkonzerne anspricht. Wir gehen davon aus, dass das B2B-Geschäft in den kommenden Jahren stark wachsen wird.

Autogazette: Welche Rolle kann das Auto-Abo für die Elektromobilität spielen?

Kaiser: Ein große. Wir glauben, dass das Auto-Abo zu einem Treiber für die E-Mobilität werden kann.

Autogazette: Wie viele Elektroautos konnten Sie in 2020 absetzen?

Kaiser: Elektroautos machten im Vorjahr einen Anteil von zwölf Prozent aus, damit meine ich reine E-Autos und Plug-in-Hybride.

«Hatten 2020 sieben Elektromodelle im Angebot»

Autogazette: Wie sah die Verteilung genau aus?

Kaiser: Wir hatten 2020 insgesamt sieben Elektromodelle im Angebot, damit konnten wir im Vorjahr 300 rein elektrische Autos absetzen, der Rest entfiel auf Plug-in-Hybride. In 2021 können wir bislang zehn Modelle annoncieren, deren Anteil wir aber im weiteren Jahresverlauf auf 15 steigern werden. Das hängt natürlich von den Lieferzeiten der Hersteller ab und den Problemen mit der Knappheit von Elektronikbauteilen. Unser Ziel ist klar: Wir wollen bei den Auto-Abos auch bei den E-Autos zum Marktführer werden. Bereits in diesem Jahr hoffen wir, mehr als 2000 reine Elektroautos abzusetzen, wobei wir auch von einer Steigerung bei den Hybriden ausgehen.

Autogazette: In 2020 lag der Anteil der elektrifizierten Modelle bei 12 Prozent, womit rechnen Sie für das laufende Jahr?

Kaiser: Wir gehen für beide Antriebe von einem Anteil von 25 bis 30 Prozent in 2021 aus.

Autogazette: Hat die Erhöhung der Kaufprämie zu verstärkten Auftragseingängen geführt?

Kaiser: Nicht unbedingt. Ich bin persönlich auch kein großer Befürworter der Kaufprämie, da ich der Auffassung bin, dass das zu einer Verschlechterung der Restwerte führt. Ich hätte mich gefreut, wenn man dieses Geld stattdessen in den Ausbau der Ladeinfrastruktur gesteckt hätte.

«Tchibo ist mit langfristiger Vision auf uns zugekommen»

Die Fleetpool-Tochter like2drive und Tchibo bietet den Fiat 500 e und den Tesla Model 3 an. Foto: Tchibo

Autogazette: Mit Ihrem Tochterunternehmen like2drive bieten sie zusammen mit Tchibo den Fiat 500 e sowie das Tesla Model 3 an. Wieso haben sie sich für eine Kooperation mit Tchibo entschieden?

Kaiser: Tchibo ist mit einer langfristigen Vision auf uns zugekommen. Diese bezieht sich nicht nur auf das Thema Auto, sondern besonders auf das Thema Nachhaltigkeit. Um dieses Thema Nachhaltigkeit auch bei der Mobilität vernünftig einzubetten, hat sich Tchibo für uns als Partner im E-Auto-Abo Bereich entschieden und nicht für einen klassischen Hersteller.

Autogazette: Wie viele Fahrzeuge stehen für diese Aktion zur Verfügung?

Kaiser: Darüber haben wir Stillschweigen vereinbart.

Autogazette: Sie haben bekanntgegeben, dass Ihre Tochter eazycars eine Kooperation mit der Telekom geschlossen hat, um deren Mitarbeiter mit Elektroautos auszustatten. Ist die Telekom momentan einer ihrer größten Kunden?

Kaiser: Mit Blick auf die Kooperation unserer Marke eazycars ist die Telekom definitiv einer der größten Partner. Allerdings gehören auch Konzerne wie ZF, Continental oder große Versicherungen wie die Allianz, die Ergo oder die Zurich zu unseren Partnern.

«Das Thema Nachhaltigkeit ist uns sehr wichtig»

Autogazette: Planen Sie noch andere Produkte außer E-Autos anzubieten?

Kaiser: Das Thema Nachhaltigkeit ist uns sehr wichtig – und wir machen uns Gedanken darüber, welche Angebote wir unseren Kunden noch machen können. Da ist mit Blick auf die multimodale Mobilität in den nächsten Monaten noch einiges zu erwarten, über das ich jetzt noch nicht sprechen kann. Doch eines ist klar: Wer heute 40.000 Kilometer im Jahr fährt, der stellt sich die Frage, für welche Strecken er andere Verkehrsmittel nutzen kann.

Autogazette: Das Zweirad spielt in Ihren Überlegungen dabei auch eine Rolle?

Kaiser: Ja, absolut. Der E-Bike – Bereich hat im zurückliegenden Jahr einen Boom erlebt. Wir haben den Markt im Blick und werden mit einem interessanten Angebot aufwarten, was das Risiko des Dienstradleasings für die Unternehmen reduziert. Wir haben gesehen, dass die Nachfrage einer geteilten Nutzung an E-Autos im allgemeinen sowie E-Bikes sehr hoch ist. Allerdings sind die Menschen nicht gewillt, ein Fahrrad über zwei bis drei Jahre zu bezahlen, obwohl sie es nur die Hälfte des Jahres nutzen. In diesem Zusammenhang werden wir mit unserer Auto-Abo-Marke eazycars unter der Marke eazybikes ein entsprechend attraktives E-Bike-Angebot in den Markt bringen.

Das Interview mit Alexander Kaiser führte Frank Mertens

Keine Beiträge vorhanden