«Bluetec hat unsere Erwartungen übertroffen»

Daimler-Entwicklungsvorstand Weber

Zur Erreichung des von der EU geforderten C02-Grenzwertes hat sich Daimler-Vorstand Thomas Weber für die Einbeziehung eines Integrierten Ansatzes ausgesprochen. «Ich bin für ehrgeizige Ziele, aber sie sollten mit Augenmaß festgelegt werden», sagte der Manager.

Thomas Weber fordert von der EU zur Erreichung des C02-Grenzwertes die Berücksichtigung der verschiedensten verbrauchsreduzierenden Maßnahmen. «Bei dem Vorschlag des EU-Parlaments ist der sogenannte Integrated Approach, also der Beitrag anderer ebenfalls wichtiger Bereiche wie beispielsweise Kraftstoffe, Reifen oder Fahrweise der Kunden, noch nicht berücksichtigt», sagte der Forschungs- und Entwicklungsvorstand der Daimler AG im Interview mit der Autogazette. «Ich bin für ehrgeizige Ziele, aber sie sollten mit Augenmaß festgelegt werden und alle Beteiligten einbinden. Nur so erreichen wir das Ziel», fügte der Manager hinzu.

EU-Parlament für Grenzwert von 125 Gramm

Weber bezieht sich mit seiner Aussage auf den jüngsten Vorschlag des EU-Parlaments, der vorsieht, dass die Autohersteller bis zum Jahr 2015 einen durchschnittlichen Grenzwert von 125 Gramm pro Kilometer erreichen sollen. Ursprünglich hatte die EU-Kommission sich für einen C02-Grenzwert von 120 Gramm bis zum Jahr 2012 ausgesprochen.

«Halten am Diesotto-Konzept fest»

Autogazette: Herr Weber, auf der IAA im September haben Sie das Forschungsfahrzeug F700 enthüllt, das die Sparsamkeit eines Dieselmotors mit der Sauberkeit eines Ottomotors verbindet. Werden wir ein solches Fahrzeug auch irgendwann einmal auf den Straßen sehen?

Thomas Weber: Mercedes-Benz Forschungsfahrzeuge sind dazu da, dass unsere Entwicklungsteams Innovationen in Hardware darstellen und erproben können. Dadurch sehen wir, ob sich ihre Ideen in der Praxis bewähren. Die Evaluation erfolgt durch die Befragung unserer Kunden und die Resonanz auf Messen, wie zuletzt auf der IAA und nun auf der Tokio Motorshow.

Autogazette: Und das heißt für den F700...

Weber: ...dass man dieses Auto so auf der Straße nicht als Serienfahrzeug sehen wird. Aber die eingebauten Innovationen werden Schritt für Schritt in unseren Serienmodellen erscheinen.

Autogazette: Der F700 basiert auf dem Diesotto-Konzept, also der Verbindung eines sparsamen Dieselmotors mit einem sauberen Ottomotor. Dass man an diesem Konzept festhält, steht aber fest?

Weber: Auf jeden Fall. Mit Bluetec zum Beispiel ist es uns gelungen, den Dieselmotor so sauber wie einen Benziner zu machen. Mit dem Diesotto machen wir nun den Ottomotor so sparsam wie einen Diesel. Der Diesotto ist ein innovatives Konzept, das bis zur Serienreife des Gesamtpakets noch einige Zeit benötigt. Module dieses Konzepts werden wir dennoch schon bald in zukünftigen Mercedes-Benz Motorengenerationen sehen.

Potenzial für breite Serienanwendung

Der Mercedes F 700 Foto: Press-Inform

Autogazette: Der F700 ist zwar ein Premiumfahrzeug, doch wie schnell kann man die dort gezeigten Innovationen beispielsweise in einer A- oder B-Klasse sehen?

Weber: Jedes Forschungsfahrzeug adressiert ein anderes Thema. Der F600 beispielsweise, den wir vor zwei Jahren in Tokio gezeigt haben, war spezifisch im Segment kleiner Kompaktwagen angesiedelt. Der F700 adressiert das Fahren in großen Business-Limousinen. Beim Design haben wir jedoch nicht einfach eine künftige S-Klasse vorweggenommen. Dennoch haben wir einige Themen aufgegriffen, die in Zukunft aus unserer Sicht im Segment der S- oder auch der E-Klasse relevant werden. Damit meine ich zum Beispiel Komfort auf einem neuen, seither im Fahrzeugbau nicht möglichen Niveau. So zielen wir mit der Größe des F700 auf Bedürfnisse unserer Kundschaft ab, die zukünftig in dieser Fahrzeugklasse einfach noch mehr Platz oder noch besseren Komfort wünscht. Aber prinzipiell haben alle technologischen Features unserer Forschungsfahrzeuge das Potenzial für eine sehr breite, baureihenübergreifende Serienanwendung.

Autogazette: Und für was steht das Fahrzeugkonzept?

Weber: Es steht dafür, dass man den Konflikt zwischen Größe und Umweltverträglichkeit auflösen kann, in dem man ein intelligentes Gesamtkonzept wählt. Das heißt Leichtbau, das heißt gute Aerodynamik und ein intelligentes Antriebskonzept wie den Diesotto in Verbindung mit einem Hybrid-Modul. Mit dieser Kombination kann man sehr sparsam und sauber sowie gleichzeitig sicher und komfortabel fahren, deshalb werden wir von dem Fahrzeugkonzept des F700 viel in unseren zukünftigen Serienmodellen wiederfinden.

«Diesotto-Motor wird mehr kosten»

Autogazette: Um wie viel teurer wird ein Auto mit einem Diesotto-Motor?

Weber: Natürlich wird ein Auto mit einem innovativen Diesotto-Motor mehr kosten. Andererseits hat der Diesotto aber auch Kostenvorteile gegenüber dem Dieselantrieb, denn er kommt zum Beispiel bei der Abgasnachbehandlung mit einem einfachen Dreiwege-Katalysator aus und erfüllt trotzdem alle zukünftigen weltweiten strengen Emissionsvorschriften. Einen Preis für diese Zukunftstechnologie kann ich Ihnen heute noch nicht nennen.

Autogazette: Glauben Sie auch, dass der Kunde bereit ist, für alternative Antriebskonzepte mehr zu bezahlen?

Weber: Ja, das glaube ich. Früher gab der Kunde beispielsweise viel Geld für breitere Reifen und schicke Felgen oder ein tolles Soundsystem aus. Zukünftig wird er sein Geld auch in innovative alternative Antriebskonzepte investieren.

«Ich bin für ehrgeizige Ziele»

Autogazette: Das EU-Parlament hat sich gerade dafür ausgesprochen, den von der EU-Kommission vorgeschlagenen C02-Grenzwert von 120 Gramm, der bis zum Jahr 2012 erreicht werden sollte, zu modifizieren. Nun sollen die Hersteller bis 2015 einen Wert von 125 Gramm erreichen. Stellt Sie das als Premiumhersteller zufrieden?

Weber: Bei dem Vorschlag des EU-Parlaments ist der sogenannte Integrated Approach, also der Beitrag anderer ebenfalls wichtiger Bereiche wie beispielsweise Kraftstoffe, Reifen oder Fahrweise der Kunden, noch nicht berücksichtigt. Ich bin für ehrgeizige Ziele, aber sie sollten mit Augenmaß festgelegt werden und alle Beteiligten einbinden. Nur so erreichen wir das Ziel.

«Bluetec hat Erwartungen übertroffen»

Der E3290 Bluetec Foto: Daimler

Autogazette: Mercedes bietet nun in allen Bundesstaaten der USA Dieselfahrzeuge an. Bei der E-Klasse liegt der Anteil an Bluetec-Fahrzeugen derzeit bei 17 Prozent. Entspricht dieser Anteil Ihren Zielsetzungen?

Weber: Mehr als das. Er hat unsere Erwartungen übertroffen. Eine Studie von J.D. Power ist davon ausgegangen, dass der Dieselanteil am Gesamtmarkt bei 15 Prozent liegen würde - dies allerdings erst im Jahr 2015.

Autogazette: Gibt es ein Datum, ab dem Mercedes nur noch Bluetec-Fahrzeuge anbieten wird?

Weber: Natürlich haben wir hierzu einen Zeitplan, doch den verrate ich Ihnen nicht.

«Diesel nicht am Ende seiner Entwicklung»

Autogazette: Welchen Stellenwert messen Sie vor dem Hintergrund der Klimadiskussion dem Diesel bei?

Weber: Einen sehr großen. Der Diesel ist mit seiner Entwicklung längst noch nicht am Ende angelangt. Mit Bluetec machen wir den Diesel so sauber wie einen Benziner. Von daher sehe ich für den sauberen Diesel nicht nur auf dem amerikanischen Markt weiteres großes Wachstumspotenzial.

Autogazette: Auf der IAA hatten Sie eine Erhöhung des Forschungs- und Entwicklungsetats angekündigt, der im zurückliegenden Jahr für Daimler bei 3,7 Milliarden Euro lag. Wieviel Geld wird Ihnen in 2008 zur Verfügung stehen?

Weber: Sie werden verstehen, dass ich Ihnen hierzu keine konkrete Zahl nennen werde. Nur soviel: Sie können davon ausgehen, dass der Forschungs- und Entwicklungsetat für 2008 deutlich über dem des Vorjahres liegen wird.

Das Interview mit Thomas Weber führte Frank Mertens

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