«Es geht darum, die Marke hochgradig exklusiv zu halten»

Rolls-Royce-Chef Torsten Müller-Ötvös

«Es geht darum, die Marke hochgradig exklusiv zu halten»
Rolls-Royce-Chef Torsten Müller Ötvös. © BMW

Rolls-Royce hat in London den neuen Phantom präsentiert. Im Interview mit der Autogazette spricht Markenchef Torsten Müller-Ötvös über den Brexit und darüber, weshalb man keinen Rasierschaum braucht, um die Bekanntheit der Marke zu steigern.

Die BMW-Tochter Rolls-Royce hat in der britischen Hauptstadt London in dieser Woche den neuen Phantom vorgestellt. Wie immer, wenn die BMW-Tochter ein neues Modell vorstellt, ist es etwas Besonderes. So war es auch diesmal. Im Interview mit der Autogazette spricht Rolls-Royce-Chef Torsten Müller-Ötvös unter anderem über die Folgen des Brexit und darüber, weshalb es unterhalb des Ghost kein Modell geben wird.

«Genau das ist es, was Luxus ausmacht»

„Es geht darum, die Marke hochgradig exklusiv zu halten und auch die Stückzahlen zu limitieren. Genau das ist es, was Luxus ausmacht – rar und einzigartig zu sein“, sagte Müller-Ötvös. Der Manager verantwortet mittlerweile seit April 2010 die Geschicke der Rolls-Royce Motor Cars Ltd. Vor seiner Tätigkeit für die Luxusmarke war Ötvös beim Mutterkonzern BMW und Mini für die Marken und Produktstrategie verantwortlich.

«Eine Architektur des Luxus eingeführt»

Autogazette: Herr Müller-Ötvös, der neue Phantom ist aus Ihrer Unternehmenssicht das Highlight des Jahres 2017, das SUV Cullinan nimmt diese Rolle nächstes Jahr ein. Sind damit die Möglichkeiten neuer Modelle für Rolls Royce ausgeschöpft?

Torsten Müller-Ötvös: Wir haben mit dem Phantom eine Architektur des Luxus eingeführt, die es uns ermöglicht, auf der Basis einer Spaceframe-Konstruktion in der Zukunft auch Derivate davon abzuleiten. Der Cullinan wird das zweite Modell sein, das auf dieser Spaceframe-Architektur sitzt. Wir haben uns bewusst davon verabschiedet, irgendwelche Plattformen oder Bodys zu benutzen, weil es aus Sicht unserer Kunden auch gar nicht anders sein kann. Wenn schon Rolls-Royce, dann absolut eigenständig.

Autogazette: Oberhalb des Phantoms scheint ein Fahrzeug nicht denkbar, aber können Sie sich unterhalb des Ghost einen kleineren Wagen vorstellen, etwa einen sportlichen Zweisitzer mit der Spirit of Ecstasy auf dem Kühler?

Müller-Ötvös: Wir haben eine klare Strategie verabschiedet, die lautet, dass wir unterhalb der Preisposition eines Ghost keinerlei Angebot im Markt machen werden. Es geht darum, die Marke hochgradig exklusiv zu halten und auch die Stückzahlen zu limitieren. Genau das ist es, was Luxus ausmacht – rar und einzigartig zu sein.

«Wir verkaufen derzeit weltweit 4000 Automobile jährlich»

Der neue Phantom von Rolls-Royce Rolls-Royce

Autogazette: Auch Luxushersteller haben in den vergangenen Jahren ihre Volumina kräftig ausgedehnt. Was denken Sie, ab welcher Stückzahl könnte die Exklusivität von Rolls-Royce bedroht sein?

Müller-Ötvös: Wir verkaufen derzeit weltweit um die 4000 Automobile jährlich, und auch wenn es 5000 wären, machte das keinen großen Unterschied. Für mich ist entscheidend, welche Preisposition eine Marke einnimmt. Und da ist ganz klar, dass wir auf keinen Fall in der Preisposition weiter nach unten gehen werden, nur um etwas mehr Volumen zu machen. Das wäre hochgradig kontraproduktiv.

Autogazette: Mit welchen Antrieben dürfen wir beim Cullinan rechnen. Trifft es zu, dass eine Hybridversion in Vorbereitung ist?

Müller-Ötvös: Hybrid ist nicht die Richtung, die wir einschlagen werden. Entsprechend der vorgestellten Studie „Vision 100“ denken wir, dass die künftige Stoßrichtung der Marke klar in Richtung eines elektrischen Antriebs geht und es keine Zwischenschritte wie Hybridantrieb braucht.

Autogazette: Das gilt auch für die Nachfolger von Ghost, Wraith und Dawn?

Müller-Ötvös: Ja, wir werden im nächsten Jahrzehnt damit beginnen, die Marke zu elektrifizieren.

«Auch wir sind als Marke nicht völlig immun»

So schaut die Vision Next 100 bei Rolls-Royce aus.
Der Vision Next 100 von Rolls-Royce Rolls-Royce

Autogazette: Ist autonomes Fahren für Rolls-Royce ein Thema?

Müller-Ötvös: Fast jeder unserer Kunden hat Zugang zu einem Chauffeur. Derzeit erkennen wir keinen Druck seitens unserer Kunden, uns mit diesem Thema zu beschäftigen. Wenn es die Technologie erlaubt, autonomes Fahren so mühelos zu machen, wie das, wofür diese Marke steht, dann werden wir das mit Sicherheit auch in einem Rolls-Royce einführen.

Autogazette: Der Verkaufsrekord von Rolls-Royce aus dem Jahre 2014 wurde bisher nicht wieder erreicht. Wo sehen Sie die Gründe dafür und was ist Ihre Prognose für 2017?

Müller-Ötvös: Auch wir sind als Marke nicht völlig immun dagegen, wenn es in den Märkten zu Schwankungen kommt. Der chinesische Markt hat für uns schon immer eine ganz substanzielle Rolle gespielt und wir haben in den zurückliegenden zwei Jahren erlebt, dass es in China durch politische Entscheidungen zu Einbrüchen gekommen ist. Doch das erholt sich im Moment wieder sehr schön. Wir stellen uns grundsätzlich so international auf, dass wir nicht in Abhängigkeit von konjunkturellen Ereignissen in einzelnen Ländern kommen. Wir werden dieses Jahr deutlich unterhalb von 4000 Einheiten bleiben, das hängt mit dem Auslaufen des Phantom VII und dem Produktionsbeginn des neuen Modells zusammen. Für unsere Stückzahlen spielt der Phantom dieses Jahr keine Rolle.

«Rolls-Royce steht für das Beste der Welt»

Autogazette: Andere Hersteller von Luxus-Automobilen haben sich zusätzliche Geschäftsfelder erschlossen, in dem sie Möbel, Kleidung, Kosmetik und Accessoires mit ihrem Label geschmückt und so die Markenbekanntheit verbessert haben. Käme so etwas auch für Rolls-Royce in Betracht?

Müller-Ötvös: Die Markenbekanntheit von Rolls-Royce ist überhaupt kein Thema. Egal, wohin Sie reisen, der Name Rolls-Royce steht für das Beste der Welt und wird deshalb auch gern als Synonym für das Beste verwendet. Ich möchte es nicht als Arroganz verstanden wissen, aber vor diesem Hintergrund haben wir es nicht nötig, etwa durch Rasierschaum oder ähnliche Artikel zur Bekanntheit der Marke beizutragen.

Autogazette: Ist es auch ein Ausdruck dieser Haltung, dass man zum Beispiel bei den Borduhren oder den Soundsystemen in Ihren Autos keine identifizierbaren Marken findet? Andernorts sind diese Ausstattungsmerkmale als Produkte namhafter Spezialhersteller zu erkennen.

Müller-Ötvös: Wir gehen bewusst den Weg, dass sich in einem Rolls-Royce immer auch eine Rolls-Royce-Uhr befindet. Wir unterlassen es ganz bewusst, uns dauerhaft mit einer anderen Marke zusammen zu tun. Wenn es Kunden gibt, die den Einbau der Uhr einer bestimmten Marke wünschen, dann machen wir das auch sehr gerne, aber ein Rolls-Royce ist am Ende des Tages immer ein Rolls-Royce.

«Für uns läuft das Geschäft gegenwärtig völlig normal»

Der Rolls-Royce Ghost mit langem Radstand ist besonders in China beliebt
Der Ghost Rolls-Royce

Autogazette: Ein wichtiger Kernwert der Marke ist das, was die Vokabel Heritage zusammenfasst, das Erbe von Rolls-Royce und seine Pflege. Beim Auszug aus dem Werksgelände in Crewe konnte Rolls-Royce nichts außer seinem Namen mitnehmen. Wie können sie da den Ansprüchen der Besitzer historischer Fahrzeuge und der Wahrung des Traditionellen gerecht werden?

Müller-Ötvös: Wir arbeiten eng mit den Clubs weltweit zusammen. Wir wären schlecht beraten, wenn wir diese unglaubliche Historie nicht entsprechend nutzten. Meiner Ansicht nach ist es unter der Führung der BMW-Group sehr gut gelungen, die Marke wieder dahin zurück zu bringen, wo sie schon immer stand, nämlich an der Spitze des Automobilbaus. Die Kunst der Markenführung ist es, einerseits die Geschichte zu bewahren, sie gleichzeitig so in Richtung Modernität zu entwickeln, das sie nicht an Authentizität verliert. Einer unserer bekanntesten Partner auf dem Gebiet der Traditionspflege ist P.&A. Wood, (ein auf Restaurierungen spezialisierter Betrieb nordöstlich von London, Anm. d. Redaktion) der weltberühmt für seine Fachkompetenz ist. Kunden, die historische Fahrzeuge in ihrem Fuhrpark haben, können wir dorthin oder an entsprechende Adressen verweisen.

Autogazette: Als britische Firma mit einem deutschen Eigentümer sehen sie den kommenden Austritt Großbritanniens aus der EU vielleicht mit Sorge. Welche Auswirkungen erwarten Sie vom Brexit oder welche Vorsorgemaßnahmen haben sie gegen eventuelle Negativwirkungen getroffen?

Müller-Ötvös: Für uns läuft das Geschäft gegenwärtig völlig normal. Wir sind guten Mutes, dass es zu einer vernünftigen Lösung kommt.

Autogazette: Jahrzehntelang fuhren die Monarchen des Vereinigten Königsreichs Rolls Royce. Gibt es in Ihrem Hause den Ehrgeiz, eines Tages wieder den Dienstwagen von Queen oder eventuell einem King zu stellen?

Müller-Ötvös: Als Engländer, und als solcher fühle ich mich in dieser Hinsicht, geziemt es sich nicht, über das britische Königshaus zu sprechen. Dazu kann ich Ihnen deshalb keine Auskunft geben.

Das Interview mit Torsten Müller-Ötvös führte Axel F. Busse

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Axel F. Busse
Axel F. Busse ist gelernter Redakteur, sein kommunikations-wissenschaftliches Studium absolvierte er an der FU Berlin. Nach Tätigkeiten bei Tageszeitungen, wo er sich mit Auto- und Verkehrsthemen beschäftigte, arbeitet er seit 2003 als freier Autor ausschließlich in diesem Bereich. Außer für die Autogazette schreibt er für verschiedene Online- und Printmedien.

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