Mercedes GLC F-Cell: Verspäteter Start in die Zukunft

Mercedes GLC F-Cell: Verspäteter Start in die Zukunft
Das Vorserienmodell des neuen Mercedes-Benz GLC F-CELL. © Daimler

In diesem Jahr ist es endlich soweit: Dann wird Mercedes sein lang erwartetes Brennstoffzellenfahrzeug als Serienmodell auf den Markt bringen: Es wird sich dabei um den GLC F-Cell handeln, ein SUV.

Das Besondere an diesem Fahrzeug ist dabei nicht nur der Umstand, dass er trotz anderslauternden Ankündigungen des Autobauers so spät kommt, sondern neben der Brennstoffzelle auch über einen Plug-in-Hybrid verfügt.

Doch ist das sinnvoll, gleich zwei teure Technologien in einem Auto zu verbauen? Ja, ist man bei Mercedes überzeugt. Warum? Weil zum einen der Plug-in-Hybrid hilft, Leistungsspitzen für die Brennstoffzelle abzufangen. Zum anderen soll der Plug-in-Hybrid es mit seiner Reichweite von 49 Kilometern dem Fahrer ermöglichen, die nächste Wasserstofftankstelle zu erreichen, wie Christian Mohrdieck sagt. Er verantwortet bei Daimler den Bereich Brennstoffzelle: „Es gibt bei der Brennstoffzelle zwar keine Reichweitenangst, aber eine, keine Tankstelle zu erreichen. Mit fast 50 Kilometer Reichweite kommt man in Deutschland in den meisten Fällen zur nächsten Wasserstofftankstelle.“ Die Lithium-Ionen-Batterie lässt sich übrigens in 1,5 Stunden über den 7,2-kw-Onboard-Lader wieder aufladen.

Noch unzureichende Tankstellen-Infrastruktur

Mercedes GLC F-Cell. Foto: Daimler
Der Mercedes GLC F-Cell braucht rund drei Minuten für den Tankvorgang. Foto: Daimler

Mit dem Einsatz des Plug-in-Hybrids würde diese Befürchtung genommen. Denn die lückenhafte Tankstellen-Infrastruktur ist nach wie vor ein Thema. Derzeit gibt es bundesweit nur 45 Wasserstofftankstellen. Bis Ende des Jahres 2019 sollen es schon 100 Stationen und bis 2023 um die 400 sein, wie Rosario Berretta sagt, der sich bei Daimler um die H2-Infrastruktur kümmert. Und wie weit wird man mit dem GLC Fuel Cell kommen? Im Zusammenspiel mit dem Plug-in-Hybrid sollen es theoretisch 486 Kilometer sein. Für die Praxis bedeutet dies, dass man davon gut und gern 100 Kilometer abziehen kann, um zu einer realistischen Reichweite zu kommen.

Mit dem Marktstart des Mercedes GLC F-Cell in diesem Jahr endet eine Zeit des Wartens. Denn obwohl die Stuttgarter über eine große Expertise bei der Brennstoffzelle verfügen, sollte es bereits 2014 zur Serienfertigung eines Brennstoffzellenfahrzeuges in Großserie kommen. So hatte es Daimler-Chef Dieter Zetsche nach der Welttour mit der B-Klasse F-Cell 2011 angekündigt. Doch es kam anders als gedacht. Damals, so berichtet Mohrdieck, sei man noch davon ausgegangen, dass sich die Infrastruktur schneller als dann eingetreten entwickelt. Zudem hätte sich Daimler bei der Entwicklung der Brennstoffzelle zu einer Kooperation mit Ford und Nissan entschlossen. Gründe, die letztlich zu einer vierjährigen Verzögerung geführt haben.

Mercedes sieht sich auf Augenhöhe mit Asiaten

Christian Mohrdieck. Foto: Daimler
Christian Mohrdieck das Brennstofftellenaggregat des Mercedes GLC F-Cell. Foto: Daimler

Andere Hersteller waren da schneller – allen voran Toyota und Hyundai. So bietet Toyota den Mirai bereits seit Ende 2014 an und Hyundai ist mit dem ix35 schon seit 2013 auf den Markt. Die Koreaner bringen im zweiten Halbjahr mit dem Nexo ihr zweites Brennstoffzellenfahrzeug auf den Markt. Die Reichweite des Hyundai Nexo Reichweite soll bei 800 Kilometern liegen – ohne Plug-in-Hybrid. Es sind also nicht die deutschen Premiummarken, die bei dieser Technologie das Tempo bestimmen, sondern die Asiaten.

Mercedes sieht sich bei der Brennstoffzelle „technologisch auf Augenhöhe“ mit Toyota und Hyundai, wie Mohrdieck sagt. Ohnehin seien diese beiden Hersteller keine direkte Konkurrenz, wie er sagt. Schließlich seien sie in einem anderen Segment unterwegs. Dennoch lobt Mohrdieck die Arbeit der Asiaten. „Toyota und Hyundai haben hier gute Arbeit geleistet. Das bringt das Thema voran.“

Dass die deutsche Autoindustrie so lange zugewartet hat und das Feld den Asiaten überlassen hat, liegt für Werner Tillmetz auch daran, dass der Fokus der Autobosse zu lange auf der Lithium-Ionen-Batterie gelegen hätte. Durch das Zögern bei der Brennstoffzelle hätten sich Toyota, Hyundai und Co. einen klaren Wettbewerbsvorteil geschaffen, sagt Tillmetz, der Vorstandsmitglied beim Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoffforschung (ZSW) in Ulm ist.

Zusammenschluss deutscher Hersteller nötig

Werner Tillmetz. Foto: Daimler
Werner Tillmetz ist Mitglied des Vorstandes des ZSW in Ulm. Foto: Daimler

Tillmetz ist übrigens wie Mohrdieck der Auffassung, dass Deutschland sich bei der Brennstoffzellentechnologie auf einem Level mit der asiatischen Konkurrenz befindet. Doch wenn man auch zukünftig eine Chance gegen die Asiaten haben will – insbesondere mit Blick auf China – müssten sich die deutschen Hersteller bei diesem Thema zusammenschließen. Ein realistischer Wunsch? „Die Hoffnung stirbt zuletzt“, so Tillmetz.

Für den Wissenschaftler spielt die Musik bei der Elektromobilität ohnehin perspektivisch in China. „Was da derzeit läuft, ist gigantisch.“ Das läge natürlich auch an den Vorgaben der Regierung, die das Thema E-Mobilität voranbringen will. So wie es in China eine Quote für E-Autos gibt, sollte es diese auch in Deutschland geben, wünscht sich Tillmetz. „Das könnte dem Thema einen großen Schub geben.“ Der Markt der E-Mobilität entwickelt sich derzeit nämlich ausgesprochen dynamisch, wie das ZSW-Vorstandsmitglied sagt. So seien im Vorjahr weltweit 1,2 Millionen Elektroautos und Fahrzeuge mit Plug-in-Hybrid produziert werden. „Und die jährliche Wachstumsrate liegt bei 50 Prozent. Entsprechend ist bis 2025 mit einer Produktionsrate von 20 Millionen Elektroautos zu rechnen“, so Tillmetz.

Brennstoffzelle gute Option

Angesichts dieser Zahlen stellt die Brennstoffzelle eine gute Option für batterieelektrische Fahrzeuge dar. Das träfe insbesondere auf große Pkw, Busse und Lieferwagen dar. „Die Brennstoffzelle erfüllt die Kundenwünsche nach großer Reichweite und einem schnellen Tankvorgang“, so Tillmetz. Vor allem aber könne Wasserstoff aus überschüssigem Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt werden. Und steht kein Blackout zu erwarten, wenn immer mehr E-Autos an der Steckdose hängen? Davon ist nicht auszugehen. Vielmehr könnte angesichts des produzierten Überschussenergie E-Fahrzeuge dazu beitragen, dass Stromnetz zu stabilisieren. So verweist Tillmetz darauf, dass 2016 mehr als 50 TWh Strom exportiert wurden – und das zu einem Kilowattpreis von gerade einmal 3,7 Cent. Allein mit diesem Überschuss-Strom könnten sieben Millionen Brennstoffzellenfahrzeuge betrieben werden.

Alles spricht für die Brennstoffzelle

Mercedes GLC F-Cell. Foto: Daimler
Die Wasserstofftanks im Mercedes GLC F-Cell fassen 4,4 Kilogramm. Foto: Daimler

Es spricht also alles für die Brennstoffzelle – und darauf setzt auch Mercedes mit dem GLC F-Cell. Das SUV der Schwaben hinterließ bei einer Mitfahrt in einem Vorserienmodell in der Nähe von Stuttgart auf jeden Fall einen guten Eindruck. Er fährt sich wie ein herkömmlicher GLC mit Verbrenner – dafür allerdings lokal emissionsfrei. Für einen SUV ist das schon mal kein schlechter Ansatz. Der Elektromotor stellt eine Leistung von 200 PS und ein maximales Drehmoment von 350 Nm zur Verfügung. Die zwei Wasserstofftanks mit einem Fassungsvermögen von 4,4 Kilogramm befinden sich beim GLC dort, wo sonst die Kardanwelle sitzt und unter der Rücksitzbank. Für den Tankvorgang sind rund drei Minuten nötig.

Nun bleibt abzuwarten, welchen Preis Mercedes für den GLC aufruft. Davon wird abhängen, wie sich das Fahrzeug am Markt behaupten wird. Ein Run dürfte trotz aller Vorteile der Technologie – davon können auch Toyota und Hyundai berichten – nicht zu erwarten sein. Ohnehin wird das Fahrzeug ab Ende des Jahres zunächst nur an ausgewählte Kunden ausgeliefert – und die können es dann nur leasen. Ob das eine gute Idee ist, ist fraglich. Denn ein Mirai (78.600 Euro) oder auch der neue Nexo (ab Sommer) sind frei bestellbar. Doch vielleicht überlegt es sich Spätstarter Mercedes damit noch einmal anders. Mercedes jedenfalls hat das Brennstoffzellenaggregat so konzipiert, dass es dieselben Anbindungspunkte ans Fahrzeug hat wie beim Verbrennungsmotor. Daher kann es flexibel in verschiedene Fahrzeuge eingebaut werden, wie Mohrdieck erklärt. Immerhin. Damit ist dann zumindest sichergestellt, dass die Technologie schnell ausgerollt werden kann, sobald der Markt anzieht.

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