«Toyota-Rückruf überträgt sich auf Lexus»

Interview mit Lexus-Vertriebsleiter Ferry Franz

Lexus ist in Deutschland seit 20 Jahren vertreten. Im Interview mit der Autogazette spricht Ferry Franz, Leiter Vertrieb, über die Folgen des Toyota-Rückrufs für das Tochter-Unternehmen sowie die Erwartungen an den CT 200h.

Lexus feiert in diesem Jahr sein 20-jähriges Bestehen in Deutschland. Die Rückrufe des Mutterunternehmens Toyota haben dabei die Freude über das Jubiläumsjahr getrübt. «Grundsätzlich überträgt sich so etwas immer auf Lexus als 'schöne Toyota-Tochter' wie es dann immer heißt», sagt Ferry Franz im Interview mit der Autogazette.

Zugleich rügt der Leiter Vertrieb von Lexus die Berichterstattung auch über die eigenen Rückrufe. «Hinzu kommt, dass Meldungen aus Amerika sehr schnell relativ unreflektiert übernommen werden. So wurde bei dem Lexus-Rückruf geschrieben, dass der komplette Verkauf von Lexus-Modellen in den USA eingestellt wurde, obwohl lediglich ein Modell in der Kundenauslieferung zurückgehalten wurde. Eine solche Berichterstattung ist sicher nicht förderlich in einem wirtschaftlichen Umfeld, wie wir es im Moment haben.»

Doch aufgrund der wirtschaftlichen Umstände waren die Erwartungen für das Jubiläumsjahr nicht so hoch geschraubt gewesen. «Wir haben nicht daran geglaubt, dass die Bäume in den Himmel wachsen werden. Das Jahr ist so, wie wir es erwartet haben», so Franz.

Neun Standorte geschlossen

Hinzu kommt, dass insgesamt neun Lexus-Standorte geschlossen wurden, was sich bei derzeit lediglich 33 Standorten in Deutschland negativ niederschlägt. «Wenn ein großer Autohersteller von 700 Autohäusern zehn oder 20 schließt, geht der Kunde zum nächsten, der zehn Kilometer weiter entfernt ist. Wenn wir ein Lexus-Forum schließen, muss der Kunde dann gleich 100 Kilometer weiter fahren. Das nimmt keiner in Kauf.»

Der Manager bedauert allerdings, dass der CT 200 h erst im kommenden Jahr in Deutschland eingeführt wird. Das Hybridauto startet in der Golfklasse und muss im kommenden Jahr hohe Erwartungen erfüllen. «Beim CT 200h ist es zudem noch der Einstieg in ein neues Segment für Lexus. Die Abrundung der Modellpalette nach unten ist für uns eine Chance und Herausforderung. Auch wenn es sich im Wettbewerbsvergleich nicht um riesige Stückzahlen handeln wird, so sehen wir etwa ein Wachstum von 50 Prozent bedingt durch den CT 200h.»

«In den Strudel geraten»

Die GS-Baureihe war weltweit als Rückruf deklariert Foto: Lexus

Autogazette: Herr Franz, Lexus ist jetzt 20 Jahre in Deutschland vertreten. Hätten Sie sich ein ruhigeres Jubiläumsjahr gewünscht?

Ferry Franz: Ich weiß nicht, ob es ruhiger sein sollte. Wir haben nicht daran geglaubt, dass die Bäume in den Himmel wachsen werden. Das Jahr ist so, wie wir es erwartet haben. Sicher hätten wir gern schon den CT 200h zum Jubiläum eingeführt, aber es sollte nicht sein.

Autogazette: Was Sie nicht erwartet haben, waren die zahlreichen Rückrufe . . .

Franz: . . . wenn wir es für Deutschland betrachten, sind beide Rückrufe vom KBA aus nicht als Rückrufe gewertet worden, weil beide Rückrufe nicht als sicherheitsrelevant eingestuft wurden.

Autogazette: Sie meinen die Rückrufe des GS und des LS?

Franz: Genau. Weltweit wurden sie als Rückrufe deklariert, in Deutschland sind wir dann in den Strudel geraten.

Autogazette: In den Strudel ist auch Mutter Toyota gekommen. Überträgt sich der millionenfache Rückruf auf die Marke Lexus?

Franz: Grundsätzlich überträgt sich so etwas immer auf Lexus als 'schöne Toyota-Tochter' wie es dann immer heißt. Hinzu kommt, dass Meldungen aus Amerika sehr schnell relativ unreflektiert übernommen werden. So wurde bei dem Lexus-Rückruf geschrieben, dass der komplette Verkauf von Lexus-Modellen in den USA eingestellt wurde, obwohl lediglich ein Modell in der Kundenauslieferung zurückgehalten wurde. Eine solche Berichterstattung ist sicher nicht förderlich in einem wirtschaftlichen Umfeld, wie wir es im Moment haben.

«In Toyota-Wolle gefärbt»

Neun Foren mussten schließen Foto: Lexus

Autogazette: Hätten Sie sich in manchen Momenten gewünscht, dass Lexus als selbstständige Marke getrennt von Toyota auftreten könnte?

Franz: Nein, dazu sind wir zu sehr in der Wolle gefärbt. Wir sind Toyota, auch wenn wir Lexus machen. Fast alle Lexus-Mitarbeiter haben einen Toyota-Hintergrund, wir arbeiten mit den gleichen Methoden und Prinzipien. Eine Trennung hätte auch nichts gebracht. VW und Audi werden auch miteinander verbunden angesehen, auch wenn die beiden Marken strikter getrennt sind als Lexus und Toyota.

Autogazette: Während andere Premiummarken kaum Verluste einfahren oder 2010 in die Gewinnzone gefahren sind, bleibt Lexus stecken. Eine Folge der kontinuierlichen Rückrufaktionen?

Franz: Nein, auch wenn die Zahlen eine ganz eindeutige Sprache sprechen. Aber man muss sehen, was dahinter steckt. Wir haben den Verkauf pro Forum . . .

Autogazette: . . . wie Lexus die Verkaufsstandorte nennt . . .

Franz: . . . im ersten Quartal gesteigert. Und wir haben die Vorführwagensituation abgebaut. Im vergangenen Jahr wurden übermäßig viele Vorführwagen abgesetzt. Die Netto-Kundenzulassungen sind teilweise signifikant angestiegen. . .

Autogazette: . . .aber die Zahlen sprechen eine andere Sprache. . .

Franz: . . .weil wir im Vergleich zum ersten Quartal des vergangenen Jahren neun Foren weniger haben. Und da unser deutschlandweites Händlernetz nicht ganz so weit ausgefächert ist, verlieren Sie sofort Einheiten. Wenn ein großer Autohersteller von 700 Autohäusern zehn oder 20 schließt, geht der Kunde zum nächsten, der zehn Kilometer weiter entfernt ist. Wenn wir ein Lexus-Forum schließen, muss der Kunde dann gleich 100 Kilometer weiter fahren. Das nimmt keiner in Kauf.

«2008 von Tageszulassungen verabschiedet»

Der IS 250 C: Edles Cabrio Foto: Lexus

Autogazette: Wie viele Lexus-Foren sind in Deutschland nun noch vertreten?

Franz: Wir haben derzeit 33 Standorte, hauptsächlich in den großen Städten, aber auch in ländlichen Gegenden gibt es Händler, die teils schon seit 20 Jahren dabei sind und ebensolche Erfolge erzielen wie die Händler in großen Städten.

Autogazette: Haben Sie aufgrund des Absatzrückgangs die Verkaufsziele gesenkt?

Franz: Wir haben unsere Politik gegenüber den Vorjahren etwas umgestellt. Wir haben keine Jahresziele mehr, sondern für jeden Händler ein individuelles Ziel. Natürlich würde man, wenn man Ende des Jahres alle Händler zusammenrechnet, ein Jahresziel erhalten, aber das machen wir nicht. Und wir haben uns seit 2008 von Tageszulassungen, oder taktischen Zulassungen, wie man es so schön umschreibt, verabschiedet.

Hohe Erwartungen an den CT 200h

Der CT 200h muss hohe Erwartungen erfüllen Foto: Lexus

Autogazette: Sind Sie denn mit den Händlern zufrieden?

Franz: Wir sind zufrieden, auch wenn es keine rosigen Zeiten sind. Aber wir warten gespannt und sehnsüchtig auf den CT 200 h im nächsten Jahr, der die Situation signifikant verbessern soll.

Autogazette: Die Erwartungen auf den CT 200h scheinen ja sehr hoch zu sein?

Franz: Hohe Erwartungen haben wir bei jedem neuen Auto. Beim CT 200h ist es zudem noch der Einstieg in ein neues Segment für Lexus. Die Abrundung der Modellpalette nach unten ist für uns eine Chance und Herausforderung. Auch wenn es sich im Wettbewerbsvergleich nicht um riesige Stückzahlen handeln wird, so sehen wir etwa ein Wachstum von 50 Prozent bedingt durch den CT 200h.

Autogazette: Ich gehe davon aus, dass Verkaufsziele für den Kompaktklassenvertreter noch nicht gefasst wurden?

Franz: Wir wollen im vierstelligen Bereich einfahren.

«Erst einmal letzter Neuanfang»

Der LFA war überzeichnet Foto: Lexus

Autogazette: Ist der Golf-Konkurrent ein Schritt, um das Durchschnittsalter der Kunden zu senken?

Franz: Sicherlich bewegt man sich mit dem Wagen in eine neue Altersgruppe. Da werden wir im Altersdurchschnitt sicher zehn Jahre heruntergehen.

Autogazette: In welchem Bereich liegt das Durchschnittsalter eines Lexus-Kunden?

Franz: Es ist zwischen 45 und 55 Jahren anzusiedeln. Sicher haben wir im LS-Bereich ein höheres Altersniveau, aber das ist bei Fahrzeugen dieser Klasse überall so.

Autogazette: Ist der Einstieg in das Kompaktklassen-Segment auf längere Sicht erst einmal der letzte Neuanfang oder sollen noch andere Segmente besetzt werden?

Franz: Es gibt Überlegungen, auch noch andere Segmente zu besetzen. Aber das ist bei Lexus ein langer Prozess. Dieser ist aber noch nicht so weit gediehen, dass wir heute schon darüber sprechen wollen. Mit dem CT 200h in 2011 haben wir ein Volumenmodell in der Einführung nach dem in diesem Jahr gerade eingeführt LFA . . .

Autogazette: . . .den auf 500 Einheiten limitierten Supersportwagen . . .

Franz: . . . der mehr als doppelt überzeichnet war. Weltweit haben 1200 Interessenten die 25.000 Euro Einlage geleistet, um ihr Interesse an dem LFA zu bekunden. Danach wurde ausgewählt, wer einen bekommt.

«Fühlen uns mit Hybrid-Antrieben sehr wohl»

Autogazette: Nun ist Toyota mit Tesla eine Kooperation beim Bau von Elektrofahrzeugen eingegangen. Als Premiumhersteller wird der Aspekt Elektro angesichts finanziell potenter Kundschaft doch einen recht hohen Stellenwert einnehmen?

Franz: Da sollte man ein wenig noch abwarten, so lange es eine limitierte Reichweite gibt. Ich sehe das Potenzial eher bei kleineren Fahrzeugen als bei großen Limousinen, die als Dienstwagen eingesetzt werden und die mehr als 300 Kilometer am Stück fahren müssen. Die Elektro-Technik ist sicher eine schöne Spielwiese, aber wir von Lexus fühlen uns mit den Hybrid-Antrieben sehr wohl. Und das Ende der Fahnenstange ist auch hier noch nicht erreicht.

Autogazette: Was dürfen wir dann noch erwarten?

Franz: Zum Beispiel werden die Module werden von Jahr zu Jahr kleiner und auch leichter. Da ergeben sich noch einige Möglichkeiten.


Das Interview mit Ferry Franz führte Thomas Flehmer

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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