Mühsam Lernen für die Mofa-Prüfung

Behinderte Fahrschüler

Die Polizei ermöglicht geistig Behinderten Teilnahme am Straßenverkehr. Mit der Praxis haben sie kaum Probleme. Die schwierige Theorie-Prüfung ist jedoch kaum zu schaffen. Doch auch Heiko darf Mofa fahren.

Heiko ist geistig behindert - und möchte gerne Mofa fahren. Seit vier Monaten übt der Flensburger schon und bereitet sich mit Hilfe der Polizei auf die Prüfungsfragen vor. Verkehrsregeln könne er sich nur schwer merken, sagt der 21-Jährige. Die Praxis dagegen bereitet ihm wenig Probleme. Heiko: «Fahren finde ich einfach.»

Für Ulf Hansen, Polizist und Verkehrserzieher in Flensburg, ist der Kurs für die Mofa-Prüfung Herzenssache. Elf junge Menschen sind in seinem Kurs. Die meisten sind zwischen 18 und 25 Jahre alt, geistig behindert oder lernbehindert. Alle sind mit Engagement und Begeisterung dabei. «Eine tolle Gruppe», sagt Hansen.

Heiko arbeitet in der Metallbearbeitung der Mürwiker Werkstätten und fährt dort auch Gabelstapler. Er kann lesen, aber nur langsam. «Druckschrift geht so», sagt er. Die Fragen würden so lange geübt, bis alle es begreifen, sagt Hansen.

Spezielle Prüfungen

Marion Köster ist Leiterin der beruflichen Bildung der Mürwiker Werkstätten und begleitet die jungen Leute. «Einige können gar nicht lesen», sagt sie. Für sie werden die Prüfungsfragen so lange besprochen, bis die Antworten sitzen. Weil sie in der Metallwerkstatt eigenes Geld verdienen, können sie sich davon auch ein eigenes Mofa kaufen. Zwei aus der Gruppe haben das Geld schon zusammen. Heiko spart noch.

Für geistig behinderte Menschen ist die Teilnahme am Straßenverkehr ohnehin schwierig. Die Behinderten-Einrichtungen bieten spezielle Fußgänger- und Fahrrad-Prüfungen an. Theoretische Fragen aber stellen geistig Behinderte vor besonders große Probleme, eine Mofa-Prüfung ist für sie eine hohe Hürde. In Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen bieten die Landesverkehrswachten gemeinsam mit geschulten Lehrkräften Mofa-Projekte in den Schulen an. Einige finden auch in Förderschulen statt.

Theorie nicht zu schaffen

Einen Pkw-Führerschein dagegen kann nur eine kleine Gruppe bekommen. Voraussetzung ist eine Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU). Das letzte Wort aber hat der Fahrlehrer. Menschen mit Down-Syndrom etwa werden nicht zugelassen. Tomas Ciura von der Hamburger Team-Fahrschule ist einer der wenigen Fahrlehrer, die geistig Behinderte unterrichten. Während für Körperbehinderte viele Hilfsmittel zur Verfügung stehen, werde auf geistig Behinderte wenig Rücksicht genommen, beklagt Ciura.

Die theoretische Prüfung mit ihren komplizierten Fragen und Formeln sei für geistig Behinderte oder Lernbehinderte nicht zu schaffen. Doch auch wenn jemand die Formel für den Bremsweg nicht berechnen könne, sei er dennoch in der Lage, ein Fahrzeug sicher zu beherrschen, sagt Ciura. Aber selbst wenn die Prüflinge die richtigen Antworten wüssten, machten sie die Kreuze zum Teil noch an der falschen Stelle.

Die Praxis ist für die elf Flensburger in dem Mofa-Projekt viel leichter als die Theorie. Immer wieder drehen die knatternden Mofas ihre Runden auf dem Schulhof. Probleme bereiten Melanie (22) noch die Vorfahrtsregeln. «Und die vielen Verkehrsschilder.» Heiko fühlt sich ziemlich sicher. Das Schwierigste in der Praxis, sagt Hansen, sei der Anfang, wenn das Mofa das erste Mal mit ihnen losfährt. Nur in einem Punkt muss er sie stetig ermahnen: «Nicht hupen!»

Eine Woche später kann gefeiert werden: Alle elf Kandidaten haben die Prüfung geschafft. (Von Thomas Morell, epd)

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