«Autobahnbaustellen sind ein Spezifikum»

Jörg Kaiser von Porsche Consulting

2000 Kilometer Baustellen behindern Urlauber und Autofahrer auf deutschen Autobahnen. «Wir glauben, dass wir die Abläufe um 20 bis 30 Prozent beschleunigen könnten», sagte Jörg Kaiser von der Porsche Consulting der Autogazette.

Die Ferienzeit hat begonnen und pünktlich wachsen auch die Baustellen auf den Autobahnen. Am 8. Juli waren es über 2000 Kilometer, die bebaut werden oder bebaut werden sollen. Denn oft rührt sich nichts an den Baustellen, die lediglich abgesperrt sind. «Nach unseren Erkenntnissen existiert in vielen Fällen keine übergreifende prozessorientierte Planung der Abläufe. Mein Eindruck ist der, dass der Leidensdruck wegen Verzögerungen bisher in der Branche nicht hoch genug war», sagt Jörg Kaiser von der Porsche Consulting der Autogazette.

Die 100-prozentige Porsche-Tochter berät Unternehmen - nicht nur im Bereich Automobil - über den richtigen Ablauf diverser Prozesse. Kaiser sieht gerade bei den Autobahnbaustellen ein Chaos, das geregelt werden kann. «Wir glauben, dass wir die Abläufe um 20 bis 30 Prozent beschleunigen könnten», so Kaiser

«Keine übergreifende Planung»

Autogazette: Wenn ich an meinen Urlaubsweg an diesem Wochenende denke, dann werde ich jetzt schon zornig und ohnmächtig. Die baustellenbedingten Staus werden mich wohl die doppelte Fahrtzeit kosten.

Jörg Kaiser: Autobahnbaustellen sind in der Tat ein Spezifikum. Während etwa an einem Automobil emsig und unablässig gearbeitet wird, bis es fertig vom Band rollt, tut sich hier mitunter zwischendurch längere Zeit gar nichts oder es geht nur im Schneckentempo voran.

Autogazette: So, wie Sie das sagen, klingt es, als wäre dieser Zustand ein ungeschriebenes Naturgesetz. Kann doch aber nicht wahr sein, oder?

Kaiser: Nach unseren Erkenntnissen existiert in vielen Fällen keine übergreifende prozessorientierte Planung der Abläufe, etwa wenn die Arbeit einer Baumaschine nicht genügend mit den sie beliefernden Baustoff-Transportern abgestimmt ist. Das hängt oft mit der Vielzahl der beteiligten Firmen oder begrenzten Kapazitäten zusammen. Was wiederum dazu führt, dass manche Baustelle samt ersten Absperrungen nur deshalb eingerichtet wird, damit dem Auftraggeber ein pünktlicher Beginn signalisiert und eine erste Rechnung präsentiert werden kann.

Autogazette: Aber die sinnlosen Staus, der unnütz verbrannte Kraftstoff, die gefährlichen Fahrbahnverengungen. Das steht doch in keinem Verhältnis.

Kaiser: Die Politik denkt ja gegenwärtig über ein Bonus-Malus-System nach, um das Ganze zu beschleunigen. Mein Eindruck ist der, dass der Leidensdruck wegen Verzögerungen bisher in der Branche nicht hoch genug war. Das Umdenken hat gerade erst begonnen. Dass man unser Wissen über Prozessoptimierung heranzieht, ist, wenn Sie so wollen, ein Zeichen dafür.

«Zeitersparnis von 40 Prozent»

Autogazette: Was können Sie da machen?

Kaiser: Die Porsche Consulting ist 100 prozentige Tochter von Porsche und beschäftigt sich mit Prozessoptimierung, inzwischen zu etwa 60 Prozent bei autofremden Kunden. An der Baustelle auf der A8, wo man uns um Hilfe bat, konnten wir die Abläufe um fünf Tage verkürzen, eine Zeitersparnis von etwa 40 Prozent.

Autogazette: Lässt sich das auch auf andere Baustellen übertragen?

Kaiser: Wie Materialwirtschaft und Bauleitung, Baumaschinen und Transportspeditionen, und so weiter miteinander koordiniert werden, ist auf den ersten Blick vielleicht jedes Mal anders, grundsätzlich aber nicht. Wir glauben, dass wir die Abläufe um 20 bis 30 Prozent beschleunigen könnten.

Autogazette: Hatten Sie da zuletzt auch schon ein paar Konsultationen über meine Urlaubsstrecke, die A24 an die Ostsee?

Kaiser: Nein, leider noch nicht.

Autogazette: Habe ich befürchtet. Dann hoffe ich auf das nächste Jahr.

Das Interview mit Jörg Kaiser führte Martin Woldt

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