TÜV rüstet sich für rauhe Zeiten

Ein Mega-TÜV soll nach dem Wegfall des letzten Prüfmonopols der Konkurrenz Paroli bieten. Der TÜV Rheinland will seine Eigenständigkeit aber bewahren.

Der TÜV gehört für die meisten Autofahrer in Deutschland zum Leben wie der Zahnarzt. Ohne den regelmäßigen Kontrollbesuch geht es nicht. Seit mehr als 140 Jahren sind die drei Buchstaben Synonym für Sicherheit in allen Lebenslagen - vom Auto bis zur Achterbahn. Jetzt stehen die TÜV-Organisationen vor einer der größten Veränderungen ihrer Geschichte: Durch die Fusion aus dem TÜV Süd mit dem TÜV Nord soll ein Mega-TÜV mit einem Milliardenumsatz und 18.000 Beschäftigten entstehen. In Kürze, spätestens aber bis Anfang September, soll der Pakt besiegelt werden. «Der Zeitplan steht», sagte ein Sprecher des TÜV Süd in München. Mit der neuen Größe will sich der TÜV für raue Zeiten rüsten: Wenn am 1. Januar 2008 das letzte Monopol im Industrie-Prüfgeschäft fällt, muss der TÜV um seine Position als oberster Sicherheitsprüfer in den deutschen Fabrikhallen kämpfen.

Konkurrenz steht bereit

Konkurrent Dekra hat bereits angekündigt, die Technischen Überwachungs-Vereine als derzeitige Monopolisten im Industrie-Prüfgeschäft dann flächendeckend anzugreifen. Zurzeit darf Dekra zwar neue Maschinen in den Betrieben prüfen, die Begutachtung überprüfungsbedürftiger Altanlagen muss er aber dem TÜV überlassen. Beim TÜV Süd machte das Industriegeschäft in diesem Bereich zuletzt rund 80 Millionen Euro aus. Nach dem Wegfall des Monopols will sich Dekra ein Stück vom Kuchen sichern. Im klassischen Geschäft der Auto- Untersuchungen haben die Stuttgarter dem TÜV schon zahlreiche Kunden abgenommen.

Streit ist vom Tisch

Mit seiner zerfaserten Struktur stand sich der TÜV lange Zeit selbst im Weg. Zwar stand auf allen Prüfplaketten TÜV drauf. Dahinter verbarg sich aber je nach Stadt der TÜV Hessen, Sachsen, Saarland oder eine der anderen Organisationen. Vor elf Jahren schlossen sich die Vereine im Süden zum größten deutschen TÜV zusammen. Nun soll auch noch der TÜV Nord unter das Dach schlüpfen, der mit rund 637 Millionen Euro nur halb so groß ist wie der TÜV Süd. Schon während der Fusionsgespräche sorgten die unterschiedlichen Gewichtsklassen für Verstimmung. Nachdem sich der langjährige TÜV-Süd-Chef Peter Hupfer über die bessere Rendite der Münchner geäußert hatte, war die Stimmung in Hannover erstmal im Keller. Inzwischen ist der Streit aber vom Tisch, hieß es im Umfeld der Unternehmen.

Eigener Weg

Der TÜV Rheinland verfolgt die Pläne der Konkurrenz im Norden und Süden mit Interesse. Er will sich seine Eigenständigkeit bewahren. «Unsere Strategie ist es, international aufgestellt zu bleiben», sagte ein Sprecher. Man werde die Fusionsanstrengungen der Konkurrenz aber mit Interesse verfolgen. Mit einem Auslandsanteil von 40 Prozent sieht sich der TÜV Rheinland bereits als größter deutscher Produktprüfer im Ausland. Der TÜV Süd strebt in den nächsten Jahren einen Umsatzanteil von rund 30 Prozent im Ausland an. Jüngster Hoffnungsträger ist der türkische Markt, wo er künftig regelmäßige Kfz-Untersuchungen nach deutschem Vorbild anbieten will. Angesichts der wachsenden Internationalität wird in Branchenkreisen bereits über «TÜV Europa« als künftigen Namen für den neuen TÜV spekuliert. Einen Doppelnamen wird es in der Nord-Süd-Ehe wohl kaum geben. (dpa)

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