«Sehenden Auges in die Katastrophe gelaufen»

Die Deutsche Umwelthilfe hat im Skandal um schadhafte Rußfilter das Umweltministerium scharf kritisiert. Man sei «sehenden Auges in die Katastrophe gelaufen», sagte Gerd Rosenkranz von der DUH der Autogazette.

Von Thomas Flehmer

Der Skandal um nicht funktionierende Rußpartikel-Nachrüstfilter geht in die nächste Runde. Am Freitag entschied das Verwaltungsgericht Dessau-Roßlau, dass das Umweltbundesamt (UBA) der Deutschen Umwelthilfe (DUH) Messdaten zum Funktionieren von Diesel-Rußfiltern herausgeben müsse.

Keine rechtzeitige Warnung möglich

«Das Gericht hat sehr deutlich gezeigt, dass es illegal war, die Ergebnisse aus der Untersuchung über das Funktionieren oder Nichtfunktionieren von Nachrüst-Diesel-Rußfiltern mehr als ein Jahr unter Verschluss zu halten», sagte DUH-Hauptgeschäftsführer Jürgen Resch der Nachrichtenagentur dpa. «Wenn uns das UBA-Gutachten rechtzeitig zur Verfügung gestanden hätte, hätten wir schon im Oktober 2006 die Bevölkerung aufklären und warnen können.» Nun aber müssen zwischen 40.000 und 60.000 Autofahrer ihre Filter wieder austauschen lassen.

Bereits im Dezember vergangenen Jahres hatte das Ministerium die Hersteller von Nachrüstlösungen zum Gespräch gebeten. Schon damals hatte sich herausgestellt, dass nicht alle Unternehmen die erforderlichen Ergebnisse erbringen konnten. «Das zeigt, dass man sehenden Auges in die Katastrophe gelaufen ist», sagte Gerd Rosenkranz, Leiter Politik und Presse der DUH, der Autogazette. Das Ministerium hatte daraufhin die Ausgabe der Ergebnisse eines vom UBA beauftragten Prüflabors aus der Schweiz unter dem Hinweis auf das umstrittene Prüfverfahren verweigert. Aus denen geht hervor, dass bereits zu diesem Zeitpunkt die Filter der Firma GAT Fehlfunktionen aufgewiesen hatte.

KBA nicht informiert

Allerdings wurde das für die Kontrolle der Partikelfiltersysteme zuständige Kraftfahrtbundesamt (KBA) nicht von den Ergebnissen unterrichtet. Erst auf Hinweis der DUH stellte das KBA Nachforschungen an, die zum Vertriebsverbot der Filter der Firmen GAT, Bosal und Tenneko/Walker führten.

«Es hätte alles verhindert werden können, wenn das Ministerium rechtzeitig reagiert hätte», sagt Rosenkranz. Stattdessen werde nun die Schuld auf Personen im Umweltbundesamt geschoben, die aber seit je her auf die Versäumnisse hingewiesen hatten, fügte er hinzu.

Dem Verbraucher- und Umweltschutzverband liegen zudem Dokumente vor, in denen der Betrug der Firma GAT klar aufgezeigt wird. Das Gladbecker Unternehmen hatte Ergebnisse eines Prüfungslabor gefälscht und war mit den manipulierten Ergebnissen zu einem weiteren Labor gegangen, um sich dort ein Zertifikat ausstellen zu lassen, dass die Funktionalität der Filter bescheinigte. Um solche Manipulationen auszuschließen, fordert die DUH laut Rosenkranz, Kurztests bei allen Nachrüstfiltern durchzuführen und die Tests über Feinstaub-Emissionen in die Abgas-Untersuchung (AU) zu integrieren.

«Markt zum Erliegen gekommen»

Mit Genugtuung nahm Rainer Werthmann die Ergebnisse auf. Der Pressesprecher von Twintec hofft, dass sich nun die Marktsituation wieder erholt. «Der Markt ist kaputt und völlig zum Erliegen gekommen. Seit einigen Wochen läuft nichts mehr.» Werthmann kritisiert, dass zu wenig differenziert wurde. «Es wurde immer nur pauschal über schadhafte Nachrüstlösungen gesprochen, da haben die Kunden auch das Vertrauen zu den renommierten Firmen wie Twintec, HJS und Mangold verloren.»

Da nie die Namen der Hersteller, deren Filter nicht funktionieren, genannt wurden, musste die gesamte Branche leiden. Bei dem börsennotierten Unternehmen Twintec brach zudem der Aktienkurs ein. Während zur Zeit der IAA im September eine Aktie knapp unter 30 Euro lag, wurde sie am Donnerstag mit rund 16 Euro notiert. Die Anbieter teurerer Filterlösungen hatten Marktanteile an Firmen verloren, die ihre Filter zu deutlich günstigeren Preisen angeboten hatten. Diese waren jedoch mangelhaft oder hatten teilweise gar keine Filterfunktion.

«Hoffen, dass sich Lage beruhigt»

Dabei waren die etablierten Hersteller schon früher hellhörig geworden. «Für den Preis, für den andere ihre Artikel anboten, konnten wir die Filter gar nicht produzieren», so Werthmann, «jetzt hoffen wir, dass sich die Lage beruhigt.» Ein ersten Erfolg konnte schon verbucht werden. Bereits am Freitag verkündete der Autoservice-Dienstleister Vergölst, dass nur noch Filter von Twintec geordert werden. Auch die Kette Pit-Stop wird ausschließlich Systeme von HJS und Twintec einsetzen.

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