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Schanghai Auto 2009

Keine Spur von schlechter Stimmung auf der Shanghai Auto 2009. Nachdem die restliche Automobilwelt lautstark unter Wirtschaft- und Absatzkrise stöhnt, blicken die Hersteller mit Freude auf dem größten Wachstumsmarkt der Welt.

Von Stefan Grundhoff

Auch wenn die Zuwachsraten nicht mehr derart imposant wie in den letzten Jahren sind, haben die Automobilhersteller auf dem chinesischen Markt nach wie vor gut lachen. So ist auch die Stimmung im Messezentrum Shanghai anders als auf den letzten Motorshows mehr als zufrieden. Rund ein Fünftel mehr Ausstellungsfläche sind mehr als ein Fingerzeig in die rechte Richtung. Die Messehallen sind voll. Besucher drängen sich dicht an dicht und gerade die heimischen Firmen gehen bei der Auto Shanghai 2009 in die Vollen.

Sports- statt Sparkanonen

Build Your Dreams (BYD), Chery oder Geely geben Vollgas und wollen sich mit aller Macht gegen die europäische Armada von Luxusmobilen und PS-Protzen stemmen. Die Weltpremieren von Porsche Panamera, Mercedes S-Klasse oder dem bayrischen Luxusduett aus BMW 760 Li und BMW X5 M zeigen eindeutig wohin der Markt in den China geht. Für Kleinwagen interessiert sich trotz der deutschen One-Man-Show Smart Fortwo und den Einstiegsmodellen wie Chery QQ-me oder dem Chery M1 niemand ernsthaft.

Stattdessen gilt das Interesse in den elf Messehallen den Luxusmobilen oder Sportskanonen. Nissan GT-R, Lamborghini LP 670-SV oder eben der neue Porsche Panamera sind die wahren Publikumsmagneten. Von Rezession und schlechter Stimmung ist insbesondere bei den gebeutelten deutschen Herstellern keine Spur. Platzhirsch Volkswagen präsentiert stolz den neuen Passat Lingyu und Audi freut sich über aufgefrischten Modelle des Audi Q7 und Audi A6 L. Schließlich haben die Ingolstädter im angelaufenen März gerade den besten Monat aller Zeiten in China hingelegt. Da will sich auf einer Autoshow niemand beschweren.

Zurückhaltung bei Zukunftsmodellen

Der JAC AO11 Foto: press-inform

Bei den chinesischen Herstellern gibt es Masse, Klasse und Plagiate, wenngleich nicht derart auffällig wie in den Jahren zuvor. Knapp 20 neue Modelle lässt allein Geely auf seine erwartungsvollen Kunden los. Besonders spektakulär die Luxusversion namens Englon im Design des Rolls-Royce Phantom. Die 5,30 Meter lange Luxuskarosse soll umgerechnet rund 100.000 Euro kosten und pro Jahr an rund 1.000 chinesische Kunden eine elitäre Alternative zu Honqui, Audi A8, BMW 7er und Mercedes S-Klasse sein.

Zurückhaltender zeigt sich die Automesse Shanghai in Sachen Hightech und Zukunftstechnologien. An nahezu jedem Stand eines chinesischen Autobauers gibt es ein Modell mit plakativen „Hybrid“-Schriftzügen zu bestaunen. Real sind zwar ein paar Hersteller auf dem elektrischen Weg, jedoch fehlen Modelle, die in naher Zukunft auf den Markt kommen. Immerhin zeigen Fahrzeuge wie der Geely IG, dass auch in China alternative Antriebe ein Thema sind.

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Der Brilliance EV könnte auch als VW Up durchgehen Foto: press-inform

Überhaupt bemühen sich die heimischen Hersteller wie Geely, BYD, Haima, Dongfeng, Brilliance oder Roewe nicht allein mit Billigmodellen auf sich aufmerksam zu machen. Die Fortschritte in Sachen Design sind unverkennbar. Und auch in den unteren Fahrzeugklassen will man VW, Mercedes und Audi nicht allein alle Premiumansprüche überlassen. Auch wenn die Tendenzen zu eigenem Design sowie einer Mischung aus europäischer und asiatischer Formensprache spürbar sind, wird nach wie vor kräftig abgekupfert, dass dem unvoreingenommenen Besucher Angst und Bange wird.

Brillance zeigt mit dem EV die hellblaue Studie eines Elektrokleinwagens, der dem VW Up wohl kaum aus Zufall wie aus dem Gesicht geschnitten scheint. Landwind haucht dem Evergreen Opel Frontera als Spaßmobil X9 nach wie vor neues Leben ein und auch der Riich X1 von Chery scheint leichte Anleihen bei europäischen Pseudo-Crossovern genommen zu haben. Und dass Hummer H-1 nicht unbedingt aus den USA kommen müssen, sieht man bei Dongfeng. Mit dem Riich M1 präsentiert Chery einen hochwertigen Kleinwagen, der von einem 75 PS starken Vierzylinder angetrieben wird. Nicht nur wegen der sparsamen Sicherheitsausstattung hätte der Viersitzer in Europa keinerlei Chancen. Schon gefälliger erscheinen da die Great-Wall-Modelle Hover H7 oder der CHC011. Klein und asiatisch verspielt wirkt das rosa Spielmobil Chery QQ-me oder der JAC AO11.

Keine Chance für Diesel

Da tun sich die Kooperationen zwischen chinesischen und europäischen Herstellern leichter. Neben dem Porsche Panamera ist der neue VW Passat Lingyu als kleiner Bruder des Magotan ebenso eines der volumenstarken Messehighlights wie der Citroen C4 Stufenheck, der zusammen mit Dongfeng in dem Milliardenstaat vertrieben wird.

Die in unseren Breiten so beliebten Dieseltriebwerke haben in China keine Chancen. Hier sind allein Nutzfahrzeuge mit Selbstzündertechnik unterwegs. Und - zumindest nach chinesischen Maßstäben - ist diese Autowelt nach wie vor in Ordnung. Ganz Unrecht scheinen die Asiaten damit nicht zu haben.

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