«Bei Autowerbung kommt viel Mist heraus»

Toyota hat zur Markteinführung des Auris die größte Plakatkampagne gestartet, die es je in Deutschland gab. Jochen Karrer von der durchführenden Werbeagentur BMZ+more würde eine solche Aktion nur unter bestimmten Voraussetzungen wiederholen, sagte der CEO der Autogazette.

Jochen Karrer sieht einen vollen Erfolg in der Werbekampagne des Toyota Auris. «Wir haben noch keine konkreten Daten, aber innerhalb der Zielgruppe - das sagen die Erfahrungswerte - werden nahezu 100 Prozent erreicht», sagte der CEO der durchführenden Werbeagentur BMZ+more der Autogazette. Das in Düsseldorf ansässige Unternehmen, dass 1985 den Slogan «Nichts ist unmöglich» kreiert hatte, hatte für den japanischen Konzern die größte Plakatkampagne, die je in Deutschland gab, durchgeführt.

Dass durch die Dominanz der Plakataktion die anderen beworbenen Medien in den Hintergrund gedrückt wurden, verneint der 47-Jährige gebürtige Allgäuer. «Es war alles aufeinander abgestimmt. So gab es eine hohe Teilnehmerzahl am Gewinnspiel. Die Leute haben den Toyota-Händlern am 3. März sozusagen die Bude gestürmt», sagt Karrer, der Mitte der neunziger Jahre für den AOL-Spot «Ich bin drin» mit Tennisstar Boris Becker verantwortlich war.

Völliger Neuanfang

Autogazette: Seit 23. Februar läuft die von Ihnen mitkonzipierte Werbekampagne mit dem Toyota Auris. Wie viele Leute kennen den Auris schon?

Jochen Karrer: Wir haben noch keine konkreten Daten, aber innerhalb der Zielgruppe - das sagen die Erfahrungswerte - werden nahezu 100 Prozent erreicht.

Autogazette: Wie kritisch beurteilen Sie als Vermarkter den Weggang vom gut etablierten, erfolgreichen Modellnamen «Corolla» hin zu einer Unbekannten, «Auris»?

Karrer: Das war ein Neuanfang mit einem vollständig neuem Fahrzeug und somit ein ganz neues Zeichen und keine Wiedereinführung. Wenn alle Komponenten wie Qualität, Sicherheit, Design stimmen, ist es richtig, das Produkt neu zu positionieren.

Autogazette: Wie förderlich ist die hohe Plakatpenetration für den Abverkauf des Modells?

Karrer: Es gab am 3. März eine sehr erfolgreiche Einführung bei den Toyota-Händlern.

Auris-Aktion sehr erfolgreich

Jochen Karrer Foto: Werk

Autogazette: Ist das der Weg in die Werbezukunft: Fast konkurrenzlos ein Produkt anzupreisen? Oder lässt sich diese Strategie nicht ewig fortsetzen?

Karrer: In diesem Fall war es der richtige Weg. Es gab ein neues Angebot, für das eine möglichst optimale Wahrnehmung geschaffen werden sollte. Ob es der Weg für die Zukunft ist, hängt von dem jeweiligen Fall ab. Aber wir würden uns natürlich wieder der Aufgabe stellen, weil diese Aktion mit dem Auris sehr erfolgreich gelaufen ist.

Autogazette: Mit der Plakatkampagne haben Sie ein neues Terrain beschritten. Da müssen doch sofort andere Ideen gekommen sein, wie Sie Ihre Kunden für Werbeaktionen begeistern können. Welche crossmedialen Marketingmöglichkeiten sehen Sie abseits der Plakatkampagne? Wie stehen Sie in diesem Kontext zu Online-Werbung?

Karrer: So eine Kampagne hatte es zuvor in dieser Form noch nie gegeben, von daher war es ein erster Schritt auf neuem Terrain. Natürlich inspiriert nun das eine das andere. Aber es gab ja nicht nur die Plakatkampagne, sondern auch die anderen Medien waren miteinbezogen, es gab ein interaktives Spiel...

Kein Kannibalismus

Der Toyota Auris Foto: Werk

Autogazette: Gab es durch die Dominanz der Plakatkampagne einen Kannibalismuseffekt gegenüber den anderen Medien?

Karrer: Es war alles aufeinander abgestimmt. So gab es eine hohe Teilnehmerzahl am Gewinnspiel. Die Leute haben den Toyota-Händlern am 3. März sozusagen die Bude gestürmt. Man darf nicht den Fehler machen, alles nur auf ein Medium zu beschränken. Eine optimale Vernetzung ist deshalb ein Muss. Gerade bei der breiten Zielgruppe des Auris im C-Segment muss man dementsprechend bunt aufgestellt sein. Eine hohe Aufmerksamkeit ist das Wichtigste, um die Interaktion anzuschieben, sprich, die Menschen von der Werbung zum Händler zu bewegen.

Autogazette: BMZ und More hat 1985 den Slogan «Nichts ist unmöglich» für Toyota kreiert. Über 20 Jahre danach wird der Spruch immer noch mit dem Konzern verbunden. Benötigt Toyota überhaupt ein anderes Motto?

Karrer: Jeder kennt den Slogan, auch heute noch. Dieses Motto trägt die Marke und fließt auch noch in die Kampagne des Auris mit ein.

Autogazette: Volkswagen hat mit dem Schlaemmerblog eine neue Stufe des Marketing erklommen, das virale Marketing. Sehen Sie hier auch Potenziale für den Auris und Toyota?

Karrer: Wir beschäftigen uns weniger damit, was die Konkurrenz macht.

Viel Gutes, viel Mist

Viel Licht Foto: Werk

Autogazette: Gibt es für Sie eine Lieblingswerbung?

Karrer: Die Lieblingswerbung ist immer die, mit der man aktuell beschäftigt ist. Die will man so gut machen, wie es geht.

Autogazette: Wie beurteilen Sie überhaupt die Autowerbung. Werden die Produkte gut vermarktet oder sehen Sie absolute Defizite?

Karrer: Jede Marke versucht, sich so zu profilieren, um den größtmöglichen Erfolg zu erhalten. Die einen können das besser, andere nicht.

Autogazette: Gibt es Werbung, die der Kunde nicht versteht oder die am Produkt vorbeizielt?

Karrer: Die sehe ich fast täglich. Es wird viel gutes produziert, aber es kommt auch viel Mist dabei heraus.

Autogazette: Gab es in Ihrem Unternehmen auch schon schlechte Werbung?

Karrer: Auch das kommt fast täglich vor. Wir sind nie ganz zufrieden, weil wir den Drang zum Perfektionismus haben. Aber dieser Drang wird immer wieder konterkariert durch die zeitlichen Vorgaben. Das Produkt muss halt in einem bestimmten Zeitraum bereitstehen.

Autogazette: Was gefällt Ihnen denn besser: «Nichts ist unmöglich» oder «Ich bin drin»?

Karrer: Beide sind ganz hervorragend. Bei der Toyota-Werbung war ich noch nicht dabei, anders natürlich beim AOL-Spot mit Boris Becker. Aber man muss beide Kinder gleich lieben.

Das Interview mit Jochen Karrer führte Thomas Flehmer

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