Skoda Mountiaq: Ein Auto für den Marlboro Man

Pick-Up der Azubis

Skoda Mountiaq: Ein Auto für den Marlboro Man
Der Skoda Mountiaq ist der jüngste Entwurf der Azubis. © Ivo Hercik/skoda

Schnorchel und Seilwinde dürfen natürlich nicht fehlen: Mit dem Skoda Mountiaq haben die Auszubildenden des tschechischen Autobauers nun ein Pick-Up gebaut.

Es ist Tradition und gehört zur Ausbildung der Lehrlinge, sich an einem nach ihren Ideen gestalteten Fahrzeug zu versuchen. Doch was sollte es diesmal werden? Ein Cabrio oder ein SUV? Letztlich erhielt ein neu zu konzipierendes Fahrzeug auf Basis des Kodiaq, des größten SUV der Skoda-Familie, den Zuschlag.

Was dann in acht Monaten entstand, ist ein spektakulärer Pick-up, den die Studenten Mountiaq tauften. Nach dem Motto des amerikanischen Country Sängers Marty Brown: I can climb any mountain, I’ll swim any sea. Mit seinem Schnorchel, dem markanten Heck, den Trittbrettern an den Türschwellern sowie außergewöhnlichen Lichteffekten. Er ist mit seinem Farbton Sunset Orange ein absoluter Hingucker geworden.

Bereits sechste Studie der Studenten

Es ist bereits die sechste Studie in einer Reihe auffällig anders konzipierter Autos. Keines davon erreichte die Serienreife. Bisher. Denn SUVs gelten auch bei Skoda als Wachstumsbringer. Als Pick-up dient sich der Mountiaq an, eine Lifestyle-Nische zu besetzen. Er erfüllt den Wunsch nach Individualität in der Wahl des Fahrzeugs, befriedigt Gelüste nach Aktivität und Abenteuer. Wer wüsste dies besser als die jungen Auszubildenden selbst.

Die Skoda Academy steht für eine qualifizierte Ausbildung. Foto: Hercik/Skoda

Serienfertigung hin oder her. Garantiert sind die Kreationen aus Lehrlingshand jedes Jahr aufs Neue vollgespickt mit jungen Ideen und neuen Details. Ohne überladen zu wirken. Dafür sorgen schon die Skoda-Experten, die den jungen Menschen von Anfang an mit Rat und Tat zur Seite stehen. Ende September war die Kickoff-Veranstaltung für den Neuen im Reigen der „Azubi“-Autos. Der Größte und ambitionierteste bisher.

Qualität der Studie wächst

Die Qualität der Studien steige von Jahr zu Jahr, loben die Skoda-Experten. Um den Manufakturcharakter zu betonen, trägt jede Studie das Signet „AZUBI“ auf dem Chassis. Ein Wort, das in den Wortschatz der Skoda-Akademie im tschechischen Mladá Boleslav, ungefähr eine Autostunde von Prag entfernt, wie selbstverständlich aufgenommen wurde und ein wenig den Stolz der Auszubildenden auf ihr Endprodukt reflektiert. Deren Phantasie sind kaum Grenzen gesetzt, solange die Studie den Qualitätsansprüchen von Skoda und damit auch denen des Mutterkonzerns VW entspricht.

Die Skoda DNA sei allgegenwärtig, lobt Jaromír Bátora, Fachkoordinator für die Entwicklung der Berufsschule, das flotte Muskelpaket Mountiaq. Der kühne Plan, dem Kodiaq einfach sein Hinterteil abzusägen und das SUV zum Pick-up für Abenteurer umzugestalten, ist aufgegangen. Schon die auffällig gülden-orangene Farbe des ‚Kodiaq-Verschnitts‘ namens Orange Sunset – auch sie ein Eigengemisch der Fachhochschüler – evoziert Gedanken an den Marlboro Man, der auf seiner Pferdestärke ins Abendrot reitet.

2.0 TSI mit 190 PS unter der Motorhaube

Mit dem Unterschied freilich, dass im Mountiaq ein leistungsstarker 2,0 TSI Benzinmotor mit 190 PS für standesgemäßen Vortrieb sorgt. Kein Elektroauto. Rein elektrisch könnte der Mountiaq nicht ohne weiteres sorglos durchs Wasser pflügen. Als Brennstoffzelle wiederum wäre er mit allen Wassern gewaschen, dynamisch, reichweitenstark, ökologisch korrekt. Man darf ja mal in die Zukunft blicken.

Ob der Skoda Mountiaq in Serie geht, ist eher unwahrscheinlich. Eigentlich schade. Foto: Hercik/Skoda

Mehr als 2000 Arbeitsstunden netto haben 35 Studenten der Skoda Fachhochschule in das Entwerfen und Bauen ihres Mountiaq investiert. Das Arbeiten am Konzeptauto geschieht parallel zum Unterricht. Anders als bei Formula Student bekommen die Absolventen der vierjährigen Ausbildung an der Skoda-Akademie keine Ausbildungszeit gutgeschrieben. „Dieses Engagement erfordert hohe Arbeitsdisziplin und bedeutet acht anstrengende Monate. Das ist uns bewusst“, sagt Bátora. „Von den rund 40 Azubis hielten letztlich trotzdem 35 bis zum Ende durch. Die meisten von ihnen sind im dritten und letzten, dem vierten, Ausbildungsjahr. Und der Einsatz lohnt sich, ist eine ideale Verbindung von Theorie und Praxis, ein Austesten dessen, was einmal zum Broterwerb werden könnte.

Azubi-Car kein Selbstläufer

„Es ist eine super Gelegenheit, die fachlichen Kompetenzen auszuweiten, zu testen, was ich bei Skoda beruflich machen werde. Und das alles unter fachlicher Aufsicht der Skoda Experten“, betont Fachkoordinator Bátora. „Aber mit Zeitdruck. Sie wissen vom Vorjahresprojekt, dass das Azubi-Car kein Selbstläufer ist“, ergänzt er schmunzelnd und unterstreicht die Ernsthaftigkeit des Projektes innerhalb der Berufsschule, die integraler Teil von Skoda Auto ist. „Unsere Strahlkraft reicht bis Brasilien“, freut er sich.

Tatsächlich gilt die stark praxisbezogene Aus- und Weiterbildung der unternehmenseigenen Berufsschule als vorbildlich innerhalb der VW Group. Seit mehr als 90 Jahren gibt es die Berufsschule. Der Anstieg von 58 Schülern im Jahr 1927 auf mittlerweile über 900, davon derzeit immerhin 13 Prozent Frauen, zeigt die große Attraktivität. Heute bietet die Berufsschule, die seit dem Jahr 2013 zur Skoda Akademie gehört, 13 Vollzeit-Ausbildungslehrgänge an. Am Mountiaq waren insgesamt sieben der 13 Disziplinen beteiligt, darunter die Bereiche Produktion, Technische Entwicklung, Design und Marketing.

Autobegeisterte Lehrlinge

Die Azubis haben beim Skoda Mountiaq natürlich auch an ausreichend Ablagemöglichkeiten gedacht. Foto: Skoda

Acht Monate lang doppelt intensiv arbeiten schreckte auch zwei weibliche Lehrlinge der Logistik nicht ab, von Anfang bis Ende beim Praxisprojekt Skoda Azubi Car nicht ab. „Zu erleben, dass unser Auto zum ersten Mal fährt, das war der große Augenblick“, berichtet Melanie Grmolenskà (18). Melanie ist im dritten, Adéla Karvànkovà (19) in ihrem letzten Jahr an der Akademie. Die beiden strahlen, wenn sie vom Entstehungsprozess ihres Autos berichten. Was hat sie motiviert, sich bei Skoda ausbilden zu lassen? „Wir alle kennen Skoda. Das war ein Aspekt für meine Entscheidung“, sagt Adéla. Melanie ist autobegeistert. „Ich mag keine Mädchenfächer und liebe Autos“, sagt Melanie.

Für die beiden jungen Frauen lief es optimal, denn beide mögen vor allem große Autos. Als angehende Logistikerinnen konnten sie die Genese eines Autos komplett begleiten und selbst ihre Vorstellungen fürs Interior Design artikulieren. „Wir haben zusammen mit einem Jungen aus dem Design Ideen entwickelt. Er hat es dann mit Photoshop umgesetzt“, berichten sie. Unabhängig vom Auto selbst hat Adéla die Zeit auch genutzt, um sich in der Kunst des Präsentierens zu üben.

Win-win-Situation für Azubis

Das Skoda Azubi Auto sei eine Win-win Situation für die Lehrlinge und für Skoda. Für den Hersteller ist es ein wichtiger Zugang zu Trends, zu dem, was bei jungen Menschen ankommt. Für die Auszubildenden bedeutet es regelmäßigen Austausch mit Skoda Experten am Objekt und die Freude, das Fahrzeug Stück für Stück realisieren zu können. Ende September war das Kickoff-Meeting. Binnen fünf Monaten, von Januar bis Ende Mai, bauten die Azubis sukzessive an ihrem Meisterstück, einem Traumauto für den einen oder andern unter ihnen.

Alle der momentan über 900 Auszubildenden können sich nach Abschluss ihrer vierjährigen Ausbildung über eine Arbeitsplatzgarantie bei Skoda freuen. Auch wenn sie danach noch Lust auf ein Studium verspüren, können sie zu Skoda zurückkommen, vorausgesetzt, es war / ist ihr Erstarbeitgeber.

Eine fünfte Tür als Herausforderung

Gewaltig viel verändert haben sie an ihrem Ausgangsauto, dem Kodiaq. Ein absolutes Novum und die größte Herausforderung war eine voll funktionstüchtige fünfte Tür. Zwar hat die auch der Amarok von VW. Diese Tür diente jedoch allenfalls als Inspiration. Sie einfach zu kopieren war aber von vornherein ausgeschlossen, da der Pickup komplett anderes dimensioniert ist.

So hat die Hecktür des Mountiaq auch einen eigenen Scharniermechanismus. Da die Fahrzeugkarosserie komplett verändert wurde, musste sie an den richtigen Stellen verstärkt werden. Dazu waren aufwendige Tests notwendig. Klar, dass die Bodenfreiheit für den Geländegänger erhöht werden musste – auf satte 29 Zentimeter, ein plus von zehn Zentimetern . Das erledigen die 17 Zoll-Räder (Rockstar II) sowie spezielle Offroad-Reifen mit extra hohem Profil.

Ausgesprochene Detailverliebtheit

Das ansehnliche Heck des Pick-Ups Mountiaq von Skoda. Foto: Hercik/Skoda

Die Detailverliebtheit der Azubis äußert sich an vielen Stellen. Besonders stolz sind die Jugendlichen auf ihr eigenes Logo für den Montiaq: Auf den Ledersitzen im Innenraum prangt es als Pickup vor einer Bergsilhouette. Weitere optische Ausrufezeichen setzt der Mountiaq mit einer Lichtleiste auf dem Dach, nicht zu vergessen die beleuchtete Ladefläche und Kühlergrill, illuminiertes Markenlogo auf der Motorhaube sowie auch der Motorraum selbst.

Berge versetzen können wird er nicht im VW-Markenverband, der insgesamt auf weniger Modellvarianten setzt. Für Skoda aber hat der Mountiaq das Potential, eine Klientel zu bedienen, die das Freche liebt, die auffallend anders sein und bei coolem Design nicht auf überzeugende Qualität verzichten möchte. Als vollwertiges Fahrzeug ist der Mountiaq nicht nur ein frisches Statement, er ist auch ein herausragendes Exemplar und Kind der Skoda Strategie 2025, wonach der Konzern zur „Simply Clever Company für beste Mobilitätslösungen“ avancieren will. Skoda-Chef Bernhard Maier jedenfalls ist angetan von dem Mountiaq. Mit seinem Urteil ist er nicht allein. Und wer weiß, vielleicht sieht man das Pick-up doch einmal in Serie.

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Susanne Roeder
Während des Studiums der englischen und klassischen Philologie in Freiburg, Cambridge, Oxford und Promotion in englischer Sprache arbeitete sie bei BBC Radio Oxford und deutschen öffentlich-rechtlichen Sendern. Bei einer Agentur mit Mercedes als Hauptkunden begann ihre Liebe für Automobile. Nach Stationen als Pressesprecherin in der Industrie ist sie mit Globaliter Media selbständige Journalistin.

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