«VW muss einen neuen Mr. Porsche aufbauen»

Teufel steckt im Detail

Nach fast 18 Jahren Wiedeking bedeutet der Chefwechsel bei Porsche eine Zäsur. Ein Experte vergleicht den ausgeschiedenen Vorstandsvorsitzenden gar mit Apple-Ikone Steve Jobs. Auch sonst muss VW auf das Porsche-Prestige achtgeben.

Der erzwungene Abgang von Porsche-Chef Wendelin Wiedeking im Zuge des Machtkampfs könnte sich für Volkswagen noch als großes Problem erweisen. «Wiedeking war die Personifikation von Porsche und für die Marke unheimlich wichtig», sagte der Autoexperte Christoph Stürmer vom Prognoseinstitut IHS Global Insight in Frankfurt am Freitag der Nachrichtenagentur dpa. «Wiedeking war der Steve Jobs von Porsche», sagte Stürmer mit Blick auf den umjubelten Chef des Computer- und iPhone-Herstellers Apple.

VW müsse nun einen neuen «Mr. Porsche» aufbauen, um der Marke ein Gesicht zu geben. Wiedekings Nachfolger, der bisherige Produktionsvorstand Michael Macht, erscheine bisher zu blass. «Wenn VW bei der Integration von Porsche nicht sehr vorsichtig ist, kann die Marke Porsche beschädigt werden», sagte Stürmer. «Die Porsche-Kunden sind extrem imagebewusst, VW muss deren Empfindlichkeiten stark berücksichtigen. Das Prestige der Marke darf nicht leiden.»

Generell liegen die Vorteile des Zusammengehens aus Sicht Stürmers aber eindeutig auf Porsche-Seite. Porsche alleine sei langfristig zu klein und habe bisher so gut wie keine eigenen Forschungsaktivitäten. Die Integration von Porsche könne aber das Image des VW-Konzerns insgesamt aufpolieren. VW bekomme zum Beispiel Vorteile, Top-Ingenieure oder Top-Designer in den Konzern zu holen, weil diese von starken Marken angezogen würden.

«Piëchs Ego hilft Porsche»

Die Integration von Porsche in den VW-Konzern eröffne eine «spannende Perspektive» für die Luxuswagen-Strategie. Es gebe mögliche Synergien zwischen Porsche und den bisherigen Luxusmarken im VW-Konzern, Bugatti, Bentley und Lamborghini. «VW kann von dem hochprofitablen Geschäftsmodell von Porsche viel lernen.»

Auch Autoexperte Willi Diez rechnet mit einer rosigen Zukunft von Porsche unter dem Dach von VW. «Das Ego von Ferdinand Piëch wird es nicht zulassen, dass Porsche plattgemacht wird», sagte der Leiter des Instituts für Automobilwirtschaft in Geislingen/Steige der dpa. «Er wird beweisen wollen, dass er der bessere Porsche-Chef ist als Wendelin Wiedeking.»

Für diese Prognose spreche auch, dass die Familien Porsche und Piëch weiterhin die Mehrheit an Porsche haben. «Und es ist nicht zu erwarten, dass sie wollen, dass es dem Unternehmen in Zukunft schlechter gehen soll», sagte Diez. «VW hat mit seinen vielen Marken außerdem eine Multi-Kulti-Kultur und keine Konzernkultur im eigentlichen Sinne. Deshalb glaube ich an eine gute Zukunft von Porsche unter dem VW-Dach», erklärte der Auto-Professor. «Porsche wird seinen Platz finden und ein Eigenleben zugestanden bekommen.»

Daimler und BMW werden's spüren

Der Wettbewerbsdruck auf Daimler und BMW wird nach seiner Einschätzung deutlich zunehmen. «Audi ist im Premium-Segment bereits auf Augenhöhe und profitiert vom Technologiebaukasten des VW- Konzerns. Daimler und BMW müssen nun reagieren», sagte Diez. «Da beide Autohersteller zunehmend auf Kompaktwagen setzen, könnte die gemeinsame Entwicklung von Dreizylindermotoren für Dieselfahrzeuge und Benziner ein Kooperationsprojekt sein.»

«Das Ziel von VW, mit Porsche Toyota als Marktführer abzulösen, ist nicht unrealistisch», sagte der Experte. «Größe alleine schafft aber keine Wettbewerbsfähigkeit. Es darf nicht nur darum gehen, die Nummer eins zu sein. Vor allem in Nordamerika ist VW deutlich schwächer als Toyota», warnte er. (dpa)

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