Streit um Wegfall der Steinkühler-Pause

Nach Forderung von Porsche-Finanzvorstand

Streit um Wegfall der Steinkühler-Pause
Porsche-Produktion in Zuffenhausen © dpa

Porsche-Finanzvorstand Meschke hat einen Verzicht der Steinkühlerpause gefordert. Sie würde die Produktivität des Sportwagenbauers erhöhen. Widerspruch kommt von Arbeitnehmervertretern.

Sie ist ein dauerhafter Streitpunkt zwischen Metall-Arbeitgebern und der IG Metall in Baden-Württemberg: die sogenannte Steinkühler-Pause. Neuen Zündstoff hat der Disput durch die Forderung des Porsche-Finanzvorstands Lutz Meschke erhalten, die Produktivität der Sportwagenschmiede unter anderem durch den Verzicht auf diese Erholzeit von fünf Minuten pro Stunde zu erhöhen. Damit stellt er ein vor mehr als 40 Jahren erkämpftes gewerkschaftliches Gut zur Disposition.

Insbesondere in der Massenproduktion von Autos, bei Zulieferern und bei der Montage der "Weißen Ware" wie Kühlschränken und Waschmaschinen spielt die Pause für die Akkordarbeiter heute eine wichtige Rolle. Nach Gewerkschaftsschätzungen profitieren etwa 100.000 Arbeitnehmer im strengen Arbeitszeitkorsett von der Pause, die nach dem Gewerkschafter Franz Steinkühler benannt ist. Als baden-württembergischer IG-Metall-Bezirksleiter setzte er die Pause 1973 durch, die 2006 erneut tarifvertraglich festgeschrieben wurde. Sie gilt aber nur in einem von damals noch drei Tarifgebieten, und zwar in Nordwürttemberg/Nordbaden. Lediglich in einzelnen Unternehmen gibt es ähnliche Regelungen - etwa bei BMW und bei VW.

Arbeitgeberverband: Nicht mehr zeitgemäß

Vom Arbeitgeberverband Südwestmetall erhält Meschke Rückenwind: "Die Steinkühlerpause ist nicht mehr zeitgemäß und schadet unserer Wettbewerbsfähigkeit", betont Verbandschef Stefan Wolf. Er erinnert an die Veränderungen in den vergangenen 40 Jahren: Damals habe es noch die 40-Stunden-Woche und teilweise nur wenige technische Hilfsmittel in der Produktion gegeben. "Heute arbeiten die Beschäftigten 35 Stunden, also 60 Steinkühlerpausen weniger als damals, und die Ergonomie der Arbeitsplätze hat sich deutlich verbessert."

Dem widerspricht der Vater der Erholungszeit. "Die Pause ist so aktuell wie eh und je", ist Steinkühler überzeugt. Überlastung sei noch immer ein Phänomen in der Metall- und Elektroindustrie. Bei der Akkordarbeit herrschten sehr hohe Taktzeiten, die man in sieben Stunden ohne Auszeiten nicht ertragen könne. Es gebe ja nicht nur fitte 18-Jährige, sondern auch 55- und 60-Jährige: "Die Arbeitsbedingungen müssen so sein, dass ein Metaller die Rente aufrecht und nicht auf allen Vieren erreicht."

Wolf kontert, dass in manchen Betrieben die Pause durchaus nicht im Sinne des Erfinders praktiziert wird: Dort werde sie nicht jede Stunde gewährt, sondern an das Ende der Schicht gelegt. Mitunter würde sie gar nicht genommen, sondern als Mehrarbeit vergütet. "So viel zur Aussage, man könne die Arbeit nicht stundenlang ohne Unterbrechung leisten", resümiert Wolf.

Gesteigerte Produktivität

Ein vorgezogener Feierabend entspricht auch für Steinkühler nicht der idealen Praxis. Er beruft sich auf Studien, nach denen Erholpausen im Abstand von mehreren Stunden die Produktivität der Menschen erhöhen. Der amtierende IG-Metall-Bezirksleiter Roman Zitzelsberger pflichtet bei: "Die Pause kostet natürlich ein paar Euro mehr, aber bringt die Arbeitsproduktivität voran."

Bei Porsche, dessen Betriebsratschef Uwe Hück umgehend angekündigt hatte, mit Zähnen und Klauen die Pause erhalten zu wollen, waren ebenso wenig Details über die Kostenbelastung zu erhalten wie bei Daimler. Daimler ließ lediglich wissen, man halte sich an die geltenden Tarifverträge. Metallarbeitgeberchef Wolf hat zumindest die Arbeitszeitverkürzung durch die von den Betrieben ungeliebte Pause ausgerechnet: knapp drei Stunden pro Woche.
Steinkühler, der damals mit dem später als Arbeitgeberpräsident ermordeten Hanns Martin Schleyer verhandelte, ist sicher, dass auch sein Nachfolger dem Drängen der Arbeitgeber nicht nachgibt. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass die IG Metall die Hand dazu reicht, etwas aufzugeben, wofür wir gestreikt haben." Auch mit Blick auf die Rente mit 67 mache eine weitere Intensivierung der Arbeit keinen Sinn.

Zitzelsberger will sich die Steinkühlerpause nur abhandeln lassen, wenn die Arbeitsbelastung so reduziert werde, dass man keinen Ausgleich mehr brauche. Derzeit sei aber das Gegenteil der Fall. Für seinen Vorgänger Steinkühler wäre ein Aus für die Erholungszeit persönlich bitter. "Denn das ist schon ein Grund, stolz zu sein", meint der 77-Jährige. (dpa)

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