Renault Clio: Der Kleine wird erwachsen

Renault Clio: Der Kleine wird erwachsen
Den Renault Clio gibt es nur noch als Fünftürer. © Renault

Im September wird die fünfte Generation des Renault Clio an den Start gehen. Dann wird es den Kleinwagen im Gegensatz zu den Vorgänger-Modellen nur noch als Fünftürer geben.

Die Kombiversion des Clio wird vom französischen Kleinwagen nicht mehr angeboten. Für den Antrieb stehen vier Benziner zur Wahl, das Leistungsspektrum liegt zwischen 65 und 130 PS. Diesel können nicht mehr geordert werden. Tarife nennt Renault noch nicht, der Einstiegspreis für den 60 PS starken Sauger dürfte aber bei knapp unter 13.000 Euro starten, also rund 500 Euro mehr als zuvor.

Die Neuauflage sieht gut aus, ist richtig erwachsen geworden. Optisch stand eindeutig der kompakte Bruder Pate. Der Clio geht als geschrumpfter Mégane durch, besitzt einen expressiven Kühlergrill mit großem Rhombus und die typischen C-förmigen Leuchten, die jetzt serienmäßig als LED ausgeführt sind.

Ende des Längenwachstums

Die Renault-Designer haben der Versuch widerstanden, das Längenwachstum, das den Clio in den vergangenen vier Generationen von 3,70 auf 4,06 Meter stetig wachsen lies, fortzusetzen. Der neue Clio fällt sogar etwas kürzer aus, wenn die Differenz auch nur 1,2 Zentimeter beträgt. Da er aber auf einer ganz neuen Plattform steht, die nebenbei auch 50 Kilogramm Gewicht im Vergleich zum Vorgängermodell spart, haben die Ingenieure das Raumgefühl sogar verbessert. Vorne sitzt es sich bequem, auch längere Personen finden ausreichend Platz.

Der Innenraum des neuen Renault Clio wurde moderner gestaltet. Foto: Renault

Hinten geht es ebenfalls kommod zu, sofern die Passagiere die 1,80-Meter-Marke nicht überschreiten. Das Kofferraumvolumen ist von zuvor 300 auf nun 340 Litern gestiegen. Klappt man die Rücksitzlehnen um, entsteht ein ebener Ladeboden – sofern der Zwischenboden auf der obersten Position eingelegt wurde. Das Gesamtvolumen beträgt dann maximal knapp 1.100 Liter.

Bessere Materialqualität

Verbessert wurde auch die Materialqualität im Interieur: mehr softer Kunststoff, mehr Chrom, dazu gibt es mehr Ablagen. Wer mag, kann den Innenraum mit farblichen Applikationen aufpeppen. Es zeigt sich auch beim Clio, dass Kleinwagen längst keine rollenden Verzichtserklärungen mehr sind. Das wird offensichtlich, wenn man sich das Multimedia- und Konnektivitätsangebot betrachtet.

Je nach Ausstattung beziehungsweise Zusatzzahlung kommt im Franzosen ein bis zu 9,3 Zoll großes Display zum Einsatz, das mittig im Armaturenbrett positioniert ist und als Bedienzentrale für das neue Multimediasystem „Easy Link“ dient: Willkommen in der digitalen Welt der höheren Fahrzeugklassen. Navi, Radio, Apps oder Smartphoneintegration lassen sich so mit wenigen Schritten ansteuern. Bis zu fünf Fahrerprofile können hinterlegt und individualisiert werden. Zudem lassen sich über ein Fahrmodus-Programm drei verschiedene Modi anwählen: Eco und Sport sind festgelegt, ein drittes kann individuell gestaltet werden.

Vielzahl von Assistenten an Bord

Ohne Fahrerassistenzsysteme geht auch bei einem Kleinwagen heute nichts mehr. Ab Werk hat der Clio neben einem Notbremsassistenten mit Fußgängererkennung einen Helfer für Verkehrszeichenerkennung samt Geschwindigkeitswarnung an Bord. Optional beziehungsweise ausstattungsabhängig stehen noch ein radarbasierter Tot-Winkel-Warner, Spurhalte- und Fernlichtassistent, adaptiver Geschwindigkeitsregler sowie ein Stauassistent für das autonome Fahren im Stopp- und Go-Verkehr. Eine 360-Grad-Kamera erleichtert auf Wunsch das Parken und Rangieren.

Für den Vortrieb stehen zum Marktstart vier Motoren zur Wahl. Die zwei 1,0-Liter-Sauger-Dreiyzlinder mit 65 PS und 73 PS werden wohl die wenigsten Käufer begeistern. Toptriebwerk ist zurzeit ein 1,3-Liter-Vierzylinder-Turbo mit 96 kW/130 PS, der an ein Siebengang-DSG gekoppelt ist. Eine leistungsstarke R.S.-Version folgt voraussichtlich 2020. Volumenmotor wird aber der 100 PS starke Dreizylinder-Turbo. Bei ersten Fahrten ins Hinterland von Lissabon gab sich das Aggregat recht spritzig. 160 Nm sorgen hier für ordentliche Durchzugskraft, fordern aber bei Beschleunigunsabsichten oder im hügeligen Geläuf Schaltarbeit.

Nur mit Fünfgangschalter

Leider ist hier wie auch bei den kleinen Saugern nur ein Fünfgang-Handschalter an Bord. Immerhin: Die Schaltwege sind kurz und präzise. Letzteres kann man von der Lenkung nicht immer behaupten, sie könnte ein wenig mehr Rückmeldung geben. Einen guten Job haben die Fahrwerksingenieure gemacht.

Der Clio schluckt die meisten Bodenunebenheiten souverän, selbst über Pflastersteinbelag geht es, ohne dass die Zahnplomben wackeln. Dafür rauschte es in den Ohren: Die schlechten Straßenbeläge führten zur im Innenraum gut wahrnehmbaren Abrollgeräuschen. Im Schnitt soll sich das Triebwerk übrigens mit 4,4 Litern begnügen.

Keine E-Version

Das Heck des neuen Renault Clio. Foto. Renault

Anders als bei den neuen Modellen Opel Corsa und Peugeot 208 wird es vom Clio keine rein batterieelektrische Variante geben. Diese Vortriebsart bleibt im Renault-Kleinwagensegment dem Zoe vorbehalten, der im Herbst ein Update erhält. Für den Clio schieben die Franzosen Anfang 2020 aber einen Hybridantrieb nach. Dieser besteht aus einer 1,2 kWh starken Batterie, zwei Elektromotoren (49 PS und 20 PS) sowie einem 1,6-Liter Benziner mit 90 PS und kommt auf eine Systemleistung von rund 130 PS.

Wenn der Clio im Herbst auf den Markt kommt, werden die wenigsten Modelle zum Basistarif (ohne Klima und Radio) vom Hof der Händler rollen. Wie auch bei den Wettbewerbern geht der Trend zu gut ausgestatteten Fahrzeugen mit Klimaautomatik, Leder, 17-Zoll-Alus und mehr: Auch in dieser Hinsicht ist der kleine Franzose ziemlich groß geworden. (SP-X)

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Frank Mertens
Nach dem Studium hat er in einer Nachrichtenagentur volontiert. Danach war er Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche.

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