Nissan Qashqai 2WD: Vorreiter der Blender

Crossover ohne Allradantrieb

Nissan Qashqai 2WD: Vorreiter der Blender
Der Nissan Qashqai avancierte zum Trendsetter. © Nissan

Allradantrieb kommt bei Kompakt-SUV immer mehr aus der Mode. Ein nicht geringes Maß an Schuld daran trägt der Nissan Qashqai – der Erfolg gibt ihm Recht.

Hohe Sitzposition, großer Laderaum und präsenter Auftritt – es gibt eine ganze Reihe von Eigenschaften, die SUV populär machen. Geländegängigkeit oder auch nur eine überdurchschnittliche Traktion zählen nicht dazu, wie sich auch am Beispiel des Nissan Qashqai 2WD bestätigt. Das Auto überzeugt – bis der erste Schnee fällt.

Der Transporter mit Sommerreifen oder das Mercedes-Taxi mit Hinterradantrieb – von beiden erwartet man im Winter keine Wunderdinge, wenn sie vor einem eine verschneite Steigung erklimmen müssen. Bei einem bulligen SUV ist man hingegen schon erstaunt, wenn es am Berg schon früh nicht mehr weiter geht. Dass die Geländewagen-Lookalikes so wenig im Gelände können, daran trägt nicht zuletzt der Nissan Qashqai Schuld. Denn der kompakte Crossover zählte zu den ersten Autos, die wie Offroader aussahen, aber überhaupt keine mehr waren.

Nissan Qashqai im Vergleich günstig

Der unauffällige Allradverzicht zählte beim Debüt 2007 zu den großen Erfolgsfaktoren des Japaners. Weil er zwar Form und Platzangebot aus dem damals schon erfolgreichen SUV-Segment übernahm, nicht aber den obligatorischen Allradantrieb, konnte die Konkurrenz preislich unterboten werden. Obwohl die Wettbewerber konzeptionell längst nachgezogen haben, zählt auch die aktuelle, zweite Generation, zu den günstigeren SUV auf dem Markt. 20.500 Euro kostet die Einstiegsvariante, gut 28.000 Euro die Top-Variante ohne Allradtechnik. Nicht viel mehr als ein normales Kompaktmodell. Und das ist letztlich auch die Klasse, gegen die der Qahshqai antritt – die der kompakten Allround-Fahrzeuge.

Verglichen mit vielen anderen SUV ist der Qashqai eher ein höher gelegter Kombi als ein domestizierter Geländewagen. Die Sitzposition ist erhaben, der Gepäckraum sehr groß, das Fahr- und Raumgefühl aber hat im Vergleich mit der Konkurrenz deutlich weniger von einer Trutzburg. Das Cockpit ist betont Pkw-haft, Armaturenbrett und Mittelkonsole fallen eher schlank aus. Die vergleichsweise niedrige Schulterlinie lässt zudem den Innenraum hell und luftig wirken. Auch die Einrichtung des Cockpits ist vergleichsweise sachlich, hält sich vom Edel-Touch einiger Wettbewerber ebenso weit entfernt wie vom abwaschbaren Look richtiger Geländewagen.

Nissan Qashqai als bequemes Auto

Das Heck des Qashqai. Foto: Nissan
Der Qashqai ist ein angenehmer Allrounder. Foto: Nissan

Beim Fahren zeigt sich der Qashqai gleichfalls betont unspektakulär. Das Fahrwerk ist komfortabel ausgelegt, vor allem im Vergleich zu den durchdynamisierten Modellen anderer Marken ist der Nissan ein echt bequemes Auto. Trotzdem ist die Seitenneigung in Kurven relativ gering, was das sichere und Pkw-hafte Fahrgefühl unterstreicht. Kritisieren kann man allenfalls das leichte Fahrwerkspoltern auf Fugen und Schlaglöchern sowie die immer noch etwas synthetisch wirkende Lenkung.

Unterm Strich ist der Crossover aber ein angenehmer Allrounder, der in der gefahrenen Variante mit dem 120 kW/163 PS starken 1,6-Liter-Turbobenziner auch auf der Autobahn eine ordentliche Figur macht. Das vor allem in den oberen Gängen sehr lang übersetzte Getriebe nimmt dem Auto zwar ein wenig Spitzigkeit, drückt aber auch den Verbrauch auf rund 7,0 Liter je 100 Kilometern. Das ist lediglich ein Liter über dem Normwert und für einen Benziner ein ordentliches Ergebnis.

Warten auf den Räumdienst

Das Cockpit des Qashqai. Foto: Nissan
Im Cockpit des Qashqai lässt es sich aushalten.

Einer der Gründe für die Genügsamkeit des Vierzylinders ist wie oben angedeutet der Allradverzicht. Der wiederum kann aber auch durchaus schmerzen: Bei schneebedeckter Straße kommt der Qashqai genauso schnell an seine Grenzen wie ein gewöhnlicher Kompaktwagen. Die Reifen an der Vorderachse krallen sich zwar in den Schnee, haben aber an jedem etwas steileren Hang echte Mühe, den schweren Nissan hochzuziehen.

Weil auch das ESP nicht manuell deaktiviert werden kann, bleibt dem Fahrer dann nur die Hoffnung, dass die Elektronik intelligent genug ist, die winterliche Fahrsituation als solche zu erkennen und ihre Regelwut herunterfährt. Ansonsten bremst sich der Nissan nach kurzer Zeit fest. Zum Vorwurf machen kann man das dem 2WD-Qashqai natürlich genauso wenig wie man es einem VW Golf, Opel Astra oder Ford Focus vorhalten könnte. Nur sehen die Steilhecklimousinen eben auch nicht aus, als würden sie einen Schneehügel zum Frühstück verspeisen.

So gesehen bringt der Qashqai das SUV-Phänomen auf den Punkt. Aussehen, Platzangebot und Sitzposition übernimmt er vom Geländewagen, alle anderen Komponenten vom Pkw. Dass er dann auch fährt wie ein Pkw, ist im Alltag durchaus angenehm. In schneereichen Wintern sollte man mit dem Nissan-Crossover jedoch lieber warten, bis der Räumdienst gekommen ist. (SP-X)

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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