Hochkonjunktur für Sommer-Rabatte

«Eskimo-Wochen» oder «Sorglos-Paket» – noch nie gab es einen Sommer für Automobile auf so einem hohen Rabatt-Niveau. Aufgrund hoher Benzinpreise müssen die Händler Anreize setzen.

Von Marion Trimborn

Sommerzeit ist Schnäppchenzeit auf dem Automarkt. Wer derzeit ins Autohaus geht, wird mit günstigen Angeboten und Rabattaktionen nur so überhäuft. Während die Hersteller früher nur in den verkaufsstarken Monaten im Frühjahr und Herbst kostspielige Aktionen einsetzten, kämpfen sie mittlerweile auch im Juli und August um jeden Käufer. Die «Rabattitis» hat praktisch alle Autobauer erfasst und zum höchsten Rabatt-Niveau geführt, das Experten je in einem Sommer gesehen haben. Als Gründe dafür gelten die hohen Listenpreise und die Kaufzurückhaltung der Verbraucher.

Listenpreise zu hoch

«Der Nachlass-Bazillus grassiert», sagt der Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), Bernd Gottschalk. «Der Wartesaal ist mit Kunden überfüllt». Die Ölpreisexplosion, teures Benzin und hohe Steuern hätten den Verbrauchern das Geld aus der Tasche gezogen. Da warteten potenzielle Autokäufer lieber ab und würden ihr altes Auto weiter fahren. Im Schnitt hat ein Wagen auf Deutschlands Straßen inzwischen das Methusalem-Alter von acht Jahren erreicht.

«Die Listenpreise liegen einfach zu hoch und sind der Zahlungsbereitschaft der Kunden davon gelaufen», sagt Christoph Stürmer vom Prognoseinstitut Global Insight. Einige Hersteller wie Opel und Fiat hätten inzwischen ihre Listenpreise gesenkt - das habe es seit 20 Jahren nicht mehr gegeben.

Von «Familien-Bonus» zum «Urlaubsgeld»

Im Schnitt belaufen sich die Rabatte nach Expertenschätzung auf 13 bis 15 Prozent vom Listenpreis. Die wichtigsten Volumenhersteller liefern sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen: Volkswagen bietet bis Ende September ein «Sorglos Programm» an mit 0,9 Prozent Zinssatz und vier Jahren kostenloser Wartung. Kunden könnten dabei bis zu 5200 Euro sparen, heißt es. Konkurrent Opel schenkt Käufern bis Ende September die Mehrwertsteuer von 16 Prozent. Nach Schätzungen des Forschungsinstituts B & D Forecast könnten die Aktionen Opel rund 70 Millionen Euro und VW etwa 140 Millionen Euro kosten.

Bei Chevrolet (ehemals Daewoo) gibt es während der «Eskimo-Wochen» eine kostenlose Klimaanlage. Der französische Hersteller Citroen zahlt einen «Familien-Bonus», sein Konkurrent Peugeot ein Urlaubsgeld von mehreren tausend Euro und der italienische Autobauer Fiat nimmt den alten Wagen überteuert in Zahlung für 3000 Euro. Ford wirbt mit einer kostenfreien Auto-Versicherung für drei Monate. Selbst die Premiumhersteller BMW und Audi setzen auf Ausstattungspakete inklusive Einparkhilfe oder Bordcomputer mit Preisvorteilen.

Fünf Milliarden Margenverlust erwartet

Das alles geht zu Lasten der Margen. Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer von B & D Forecast schätzt, dass die Nachlässe die Branche in diesem Jahr fast fünf Milliarden Euro Margenverlust kosten werden. «Das Rabattgeschäft macht die Branche kaputt», klagt der Sprecher des Zentralverbands des Deutschen Kraftfahrzeuggewerbes (ZDK), Helmut Blümer, und spricht von der «süßen Droge Rabatittis». Der Verband vertritt die meisten Autohändler und -werkstätten. Immer mehr Autohäuser kauften neue Wagen erst einmal auf eigene Rechnung und ließen sie nur kurz auf sich zu, um sie dann mit saftigen Rabatten als «junge Gebrauchte» - so der Branchenjargon - zu verscherbeln. Bereits 140.000 solcher Tageszulassungen zählte der ZDK 2005.

Fakt ist: den Autobauern laufen die Privatkunden weg. Obwohl sich der Automarkt belebt und in diesem Jahr leicht auf 3,4 Millionen Neuzulassungen wachsen soll, erwerben immer weniger Privatleute ein Auto. Laut ZDK schrumpfte ihr Anteil im ersten Halbjahr auf 41 Prozent aller Neukäufe - ein Rekordtief. Diesen Trend wollen die Hersteller mit Rabatten stoppen. «2007 wird die Mehrwertsteuererhöhung den Automarkt ausbremsen«, sagt Analyst Hans- Joachim Frank von der Deutschen Bank. «Dann wird es mit den Rabatten verstärkt weitergehen.» (dpa)

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