Sonnengöttin

Faszination Peugeot 402 Eclipse

Es ist einer der schönsten Wagen, den die Franzosen je gebaut haben: Der Peugept 402 Eclipse. Wer mit ihm unterwegs ist, zieht einfach die Blicke auf sich.

Von Stefan Grundhoff

Wie eine Göttin schwebt sie über die seichten Hügel des deutsch-französischen Grenzgebietes. Gemächlich gewinnt sie Meter um Meter, ehe sie hinter einer Baumgruppe verschwindet. Der Peugeot 402 Eclipse war nicht nur das erste Cabriolet mit Stahldach, sondern einer der schönsten Wagen, den die Franzosen je gebaut haben.

Bei so viel Grazie und Anmut steht der technologische Fortschritt hintenan. Die 5,30 Meter lange 402 Eclipse war Mitte der 30er Jahre das erste Cabriolet, das zugleich Coupé war. Ein neuer Trend war geboren. Eine Schönheit ist die rund 400 Mal gebaute Eclipse nur bei geöffnetem Dach. Betrachtet man die Eclipse von hinten, fällt einem das üppig dimensionierte Hinterteil ins Auge, in dem sich das Dachkonstrukt verbirgt. Angesichts der filigranen Formen des übrigen Fahrzeugs sieht man darüber jedoch wohlwollend hinweg. Den Peugeot 402 Eclipse gab es als Cabriolet mit einer oder zwei Sitzreihen und somit Platz für zwei bis sechs Personen. So oder so ist die Eclipse seltener denn je. Heute existieren von den offenen 402er-Schönheiten nur noch ein paar Handvoll.

Verborgene Frontscheinwerfer

Von seinen Geschwistern Peugeot 401 und 601 unterschied sich der 402 unter anderem durch die hinter der Kühlermaske verborgenen Frontscheinwerfer. Alle drei Modelle hatten gemeinsam, dass das Coupé innerhalb kürzester Zeit zum Cabriolet mutierte. Dem französischen Zahnarzt und Hobbydesigner Georges Paulin kam beim Vorgänger Peugeot 301 die Idee, dass man Coupé und Cabriolet in einem Fahrzeug vereinen könnte. Mithilfe des Peugeothändlers Emile Darl’Mat und dem Karosseriebauer Marcel Pourtout kreierte man ein Peugeot 301 Coupé-Cabriolet, den ersten Vorläufer der neuzeitlichen Klappdach-Generation aus Mercedes SLK, Peugeot 206cc und VW Eos.

Der Motor des Peugeot Eclipse 402 Foto: Press-Inform

Der Peugeot 402 Eclipse ist Segmentbegründern und Visionär zugleich. Doch in erster Linie ist der Eclipse ein beeindruckend schönes Cabriolet. Seine weichen Linien sind nicht nur von vorn eine Versuchung. Die Scheinwerfer, ungewöhnlich elegant versteckt hinter der Kühlermaske, lassen die Formen ungewöhnlich sanft ansteigen. Technische Basis für den luxuriösen Sonnenanbeter ist die Familiale-Version des geschlossenen 402. Die Detailliebe war in dieser Zeit selbstverständlich. So fletscht der Peugeot-Löwe beeindruckend bissig mit weit geöffnetem Maul als Kühlerfigur die Zähne. Das gleiche Logo findet man auf den aerodynamisch wertvollen Abdeckungen der Hinterräder. An der Unterseite des verchromten Kühlergrills fällt das Auge des Automobilliebhabers auf ein kleines Peugeot-Wappen mit der Bezeichnung «402» - in den französischen Nationalfarben blau, weiß und rot. Die Windschutzscheibe mit ihren kleinen Scheibenwischern könnte auch von einem VW Käfer stammen. Die Türen öffnen - wie so oft in den späten 30er Jahren - gegenläufig und so kann man bequem und gediegen in das Volant gleiten.

Dunkelrotes Leder

Der Kühlergrill des Peugeot Eclipse 402 Foto: Press-Inform

Innen erwartet einen dunkelrotes Leder und die obligatorisch durchgehende Rückbank. Das spindeldürre Lenkrad verlangt nicht nur bei Bodenwellen und Spurrillen nach einer festen Hand. Besonders die Wankneigung ist beängstigend. Doch schnell fahren passt sowieso nicht zu einem 402 Eclipse. Der verlangt vielmehr nach seichten Landstraßen und einer gefühlvoller Hand. Dann kann er perfekt und zeitlos gleiten. Beim Armaturenbrett geraten nicht nur Uhrenliebhaber in wahre Verzückung.

Spartanisch - das Cockpit des Peugeot Eclipse 402 Foto: Press-Inform

Die Armee sehenswerter Chronos von Jaeger würde heute noch so manchem Luxusvehikel zur Ehre gereichen. Der Tacho geht immerhin bis 150 km/h. Doch bereits ab Tempo 90 fühlt man sich in den offenen Vielsitzer wie auf einer Schiffschaukel, die nach einer Generalüberholung ruft. Um das Vierzylinder-Triebwerk zu Höchstleistungen zu motivieren, hat man drei Gangstufen parat, die über eine Revolverschaltung bedient werden. Aus zwei Litern Hubraum stehen für die Wochenendausfahrt 43 kW / 58 PS parat, mit denen das 1,4 Tonnen schwere Cabriolet sanft über die Landstraßen gleitet. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 125 km/h. Der Kunde hatte bereits Mitte der 30er Jahre die Getriebewahl. Entweder das manuelle Dreigang-Getriebe oder eine geradezu futuristische elektromechanische Cotal-Halbautomatik.

Visionäres Dach

Wenn die Sonne in der deutsch-französischen Grenzregion einmal streiken sollte, kommt das visionäre Cabriodach zum Einsatz. Optional gab es das bereits bei der Erstgeneration von 1936 mit einem Elektroantrieb. Weniger anfällig ging es jedoch mechanisch. Schritt eins: Den gigantischen Heckdeckel geöffnet und die beiden massiven Schrauben über dem hinteren Radkasten gelöst. Nach kurzer Verweildauer schwingt sich das schwere Stahldach mit Hilfe starker Hände nach vorn über den rot belederten Innenraum.

Das Hinterteil des Peugeot Eclipse 402 Foto: Press-Inform

Keine leichte Übung für die Dame des Hauses an einem sonnenüberfluteten Samstagnachmittag. Hier sollte eher der hauseigenen Wagenmeister und seine Gehilfen Hand anlegen. Derlei Personal dürfte in den meisten französischen Familien der oberen Zehntausend vorhanden gewesen sein. In den 30er Jahren kostete der Peugeot 402 Eclipse stattliche 34.000 Franc. Nach heutigen Maßstäben würde dies einem Wert von etwa 150.000 Euro entsprechen. Doch selbst für diesen Preis dürfte man keine der seltenen Eclipse-Versionen bekommen.

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