Von der Straße in die Luft: Freie Fahrt im City-Airbus

Neue Mobilitätskonzepte

Von der Straße in die Luft: Freie Fahrt im City-Airbus
Der Volocopter VC-200 des Karlsruher Unternehmens E-Volo © E-Volo

Noch ist es eine Vision. Doch die Mobilität der Zukunft wird nicht allein nur auf der Straße stattfinden. Sie wird sich auch in die Luft verlagern. Das Luftfahrtunternehmen Airbus arbeitet an entsprechenden Konzepten.

Wer an die Mobilität der Zukunft denkt, der muss sich frei machen von Tabus. Denn ein Festhalten am Status quo wird es nicht geben. Zwar ist der Aufschrei der Branche groß, wenn es um Fahrverbote und Zulassungsstopps für Verbrennungsmotoren ab 2030 geht, doch darüber muss ebenso gesprochen werden wie intermodularen Verkehr. Denn die Mobilität von morgen wird sich immer mehr weg von der Straße, weg vom Auto bewegen. Auf die Schiene ebenso wie in die Luft.

Zwar investieren Zulieferer und Autobauer Milliarden in das Autofahren der Zukunft, das elektrisch betrieben, digital vernetzt, vollautonom sein wird. Doch Staus gehören damit nicht der Vergangenheit an. Auch das schönste und technologisch faszinierendste autonome Fahrzeug wird in Megacitys wie Shanghai, Peking oder Sao Paulo nur im Stau stehen, sich im Schritttempo von A nach B bewegen. So werden 2030 allein in Deutschland die Staukosten bereits 33 Milliarden pro Jahr betragen, wie das Centre for Economics and Business Research errechnet hat. Gigantische Verschwendung - trotz autonomer Aussichten. Genau hier sieht Tom Enders seine Chance.

Airbus als Konkurrent zu Mobilitätsanbietern

Der Vorstandschef des Luftfahrtriesen Airbus will den autonomen Mobilitätsanbietern Konkurrenz machen - und neben den Taxis und Bussen auch gleich die Straßen einrichten. Auf denen soll ein Autofahrertraum wahr werden: immer freie Fahrt. Dafür investiert Airbus seit einiger Zeit kräftig - und hat sich mit dem Siemens-Konzern einen Verbündeten geholt, der ebenfalls dreistellige Millionensummen in die Mobilität der Zukunft stecken mag.

Womit wir bei des Rätsels Lösung sind: Der “City-Airbus” soll seine freie Bahn 150 Meter über den verstopften Straßen haben. Das revolutionäre Konzept baut auf vier zentrale Details, wie der Konzernlenker am Hubschrauber-Standort Donauwörth berichtet.

1. Der Antrieb: Hier setzen die Luftfahrer auf den Elektromotor mit Batteriebetrieb. Weil das Taxi der Lüfte auf eine Reichweite von 50 Kilometern ausgerichtet ist, werden keine utopisch riesigen Batterien gebraucht. Weitere Einzelheiten nennen die Airbus-Experten offiziell noch nicht. Doch es ist zu hören, dass eine leistungsfähige Brennstoffzelle favorisiert wird.

2. Der Rotor: “Das wird nicht wie ein heutiger Hubschrauber aussehen”, sagt Wolfgang Schoder, Chef der Helikopter Division Deutschland von Airbus. Statt eines zentralen Rotors mit langen Blättern in der Mitte des City-Airbus wird dieser vier kleinere Rotoren an den Ecken haben - ähnlich wie eine Drohne.

3. Die Autonomie: Ganz wie die Konkurrenten am Boden will auch das Airbus-Projekt auf einen menschlichen Piloten verzichten - zumindest auf längere Sicht. zu Beginn wird es wohl noch einen Menschen am Steuer geben; allerdings eher deswegen, weil so die Zulassung leichter möglich ist. Aber dazu gleich noch mehr.

4. Die “Straßen”: Airbus will sich dafür stark machen, dass Städte reguläre Luftstraßen einrichten - so wie die Flugkorridore viele Hundert Meter höher für normale Flugzeuge.

Vom Flugplatz in die Innenstadt

Sammeltaxen in der Luft
Mit Sammeltaxis in die Innenstadt Airbus

Das Bestellen des Luft-Taxis geschieht ähnlich wie bei Uber: In einer App kann der Reisende seinen Sitz zum Ziel buchen. Gestartet wird am nächsten Hubschrauberlandeplatz; darum auch sieht Airbus vor allem beim Transport von Flughäfen in Innenstädte einen riesigen Markt - mit Potenzial für mehr. Und auch die Preise könnten wegen des Sammeltaxi-Prinzips so wie die einer Taxifahrt sein; nur ohne Stau eben.

Bereits Mitte kommenden Jahres will Enders einen Prototypen auf einem Testgelände starten lassen - nur eineinhalb Jahre nach Projektstart. Und auch der reguläre Start ähnlicher Airbusse ist keine Utopie: Zur gleichen Zeit wie den Prototyp ihres Luft-Taxis will Airbus bereits ein Liefersystem “Skyways” mit ähnlichen Helikoptern in Singapur einrichten.

Von einer speziellen Packstation aus sollen die bis zu 25 Kilo schwere Päckchen und Pakete an Studenten auf dem Campus der dortigen Universität liefern. Später sollen die Pakete dann auch vom Land auf Schiffe und zurückfliegen.

Konkurrenz aus China

Warum es Airbus so eilig hat? Weil dem Luftfahrtkonzern genau wie den Autobauern Konkurrenz aus ganz anderen Industrien bei der Mobilität bereits im Nacken sitzt: So wie Google, Apple oder Tesla bekommt auch Airbus beim Thema Luft-Taxis Gegenwind. Der chinesische Ehang-Konzern hat schon Anfang dieses Jahres sein Modell „184“ vorgestellt, das eine Person transportieren kann und rund 250.000 Euro kosten soll. Und auch der Volocopter VC-200 des Karlsruher Unternehmens E-Volo ist im Frühjahr schon einmal in die Luft gegangen. Mit einem Piloten an Bord.

Das belegt denn auch das bisher größte Fragezeichen hinter dem baldigen Einsatz der Luft-Taxis über den Städten: Noch sind autonome Drohnen solcher Größe hierzulande gar nicht zulassungsfähig. Und ob Behörden, Gesetzgeber und Öffentlichkeit das über deutschen Metropolen so schnell ändern wollen, ist sehr ungewiss. Die Autohersteller kämpfen ja gerade hierzulande um die vergleichsweise einfache Zulassung autonomen Fahrens auf Straßen.

Diese Bedenkenträger sind aber sicher kein Grund für Airbus, die Pläne zur City-Mobilität auf die lange Bank zu schieben. “Aus Megacities in anderen Regionen der Welt bekommen wir inzwischen sogar reichlich Anfragen, mit uns bei Tests zu kooperieren”, sagt Wolfgang Schoder. Da stehen wohl einige Behörden-Chefs Tag für Tag im Mega-Stau. (AG/SP-X)

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