Alles für den guten Ton

Motorensound

Der Ton macht besonders bei sportlichen Autos die Musik. Dabei ist der Motorsound, der zu hören ist, eine gut gemischte Komposition aus vielen verschiedenen Komponenten.

Von Thomas Geiger

«Der Klang eines Autos gehört zum Reiz des Fahrens», sagt Rainer Schmidetzki. Daran hat der Entwickler bei VW in Wolfsburg keinen Zweifel. Bei Fahrzeugen für eine breite Kundenschicht achte man zwar auf einen möglichst dezenten und ausgewogenen Motorsound. Nicht umsonst sei etwa der neue Golf der leiseste Golf aller Zeiten. «Doch je sportlicher ein Modell positioniert wird, desto kerniger und kraftvoller muss auch der Motor klingen.» Wer fühlen will, muss hören können - nach diesem Motto treiben die Entwickler deshalb großen Aufwand für den guten Ton.

Viele Stellschrauben

«Doch den einen Motorsound gibt es gar nicht», sagt Bernhard Pfäfflin aus dem Porsche-Entwicklungszentrum in Weissach bei Stuttgart. «Was man vom Antrieb hört, ist immer eine Kombination aus dem Ansauggeräusch, der Mechanik innerhalb des Motors und dem Mündungsklang am Auspuff.» Und die Kunst ist es, aus diesen drei Stimmen einen guten Klang zu komponieren.

«Stellschrauben haben wir dabei viele», erläutert VW-Entwickler Schmidetzki und zählt die Auspuffanlage, die Motorsteuerung und die Schaltlogik des Getriebes auf. Außerdem gibt es zahlreiche aktive Systeme bis hin zum Lautsprecher in der Abgasanlage, mit denen die Entwickler die Tonlage eines Wagens variieren können. «Doch der Spielraum ist eng begrenzt, denn der Gesetzgeber macht uns strenge Auflagen.» Zwar werde nur die Lautstärke und nicht die Klangfarbe vorgeschrieben, doch je leiser ein Auto ist, desto schwerer kann man Nuancen heraushören. Bei Großserienmodellen mühen sich die Entwickler, diese Grenzwerte zum Teil deutlich zu unterbieten: Denn leise klingt vornehm und rückt selbst einen Kleinwagen subjektiv in Richtung Oberklasse. «Aber bei Autos wie einem GTI oder gar einem R-Modell reizen wir die Grenzwerte voll aus», sagt Schmidetzki.

Lautstärke allein reicht nicht

Nur die Lautstärke allein macht es aber nicht aus, schränkt Pfäfflin ein: «Laut kann jeder, schön dagegen klingt nicht alles.» Tonangebend seien an erster Stelle der Motor selbst und die Auspuffanlage: Nach wie vielen Einspritzungen etwa ein Diesel zündet, wie viel Benzin-Luft-Gemisch man in die Brennkammern eines V6 bläst und welche Wege die Kolben zurücklegen müssen - all das bestimmt die Klangfarbe ebenso wie Länge und Durchmesser der Auspuffanlage und ihrer Töpfe. Das so oft zitierte Endrohr allerdings hat damit nichts zu tun, sagt Schmidetzki: «Dort toben sich nur die Designer aus.»

Neben diesen sogenannten passiven Einflussgrößen gibt es eine Reihe aktiver Maßnahmen zum Soundtuning: Sie reichen von Klappen in der Luftführung bis zu pneumatischen Ventilen in der Auspuffanlage, wie sie etwa in den Schalldämpfern des Maserati Gran Turismo S eingesetzt werden.

Motor statt Madonna

Welchen Einfluss die Elektronik haben kann, zeigt das Beispiel des Mercedes SLK, der 2008 bei der Modellpflege einen sogenannten Sportmotor bekommen hat. Sportlich wirkt der Sechszylinder aber nicht nur wegen der höheren Leistung, sondern auch durch «eine gewollt kraftvolle Sportmotorenakustik mit markant-emotionalem Sounddesign im Schubbetrieb», heißt es bei Mercedes. Im Klartext: Der Sechszylinder klingt kerniger und etwas lauter als bisher. Und obendrein bläst die Motorsteuerung beim Zurückschalten zusätzlichen Kraftstoff in die Zylinder, weil dieses Zwischengas ein wenig nach Rennstrecke klingt.

Wie ein Auto von außen klingt, ist aber nur die eine Seite der Medaille, schränkt VW-Entwickler Schmidetzki ein: «Mindestens genauso wichtig ist der Klang im Innenraum.» Dort, wo ihnen der Gesetzgeber keine Vorgaben macht, haben die Ingenieure eine größere Spielwiese - und nutzen diese aus. Denkbar ist zum Beispiel, die sogenannte Spritzwand, also die Trennwand zwischen Motor- und Innenraum, elektronisch anzuregen wie die Membran eines Lautsprechers. «Im Prinzip könnte man darüber sogar Musiktitel einspielen», sagt Schmidetzki. Doch statt Madonna röhrt auf diesem Kanal nur der Motor.

Neue Herausforderungen durch E-Motor

Auch bei Porsche liegt das Augenmerk der Sound-Entwickler mindestens zur Hälfte auf dem Innenraum. «Der Fahrer muss Beschleunigung nicht nur fühlen, sondern auch hören können, damit er sie als Genuss erlebt», sagt Entwickler Pfäfflin. Nicht umsonst sei die Ansauganlage des Boxsters direkt hinter der Fahrertür oder der Luftfilter des Carrera zum Innenraum hin geöffnet. «So hat der Fahrer den Motor buchstäblich besser im Ohr.»

Dass die Sounddesigner bei den Autoherstellern mit dem Aufkommen der Elektroautos untätig werden könnten, steht kaum zu befürchten. Zwar laufen Elektromotoren tatsächlich flüsterleise, und für viele Kunden macht genau das den Reiz dieser Autos aus. Doch um seinen Job fürchtet Porsche-Entwickler Pfäfflin deshalb nicht: «Das sind ganz neue Herausforderungen und Technologien, über die wir uns schon jetzt Gedanken machen. Denn eines ist sicher: Auch einem Elektro-Porsche würden wir seinen ganz eigenen Klang geben.» (dpa/tmn)

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