Tempolimit ist vom Tisch

Die Diskussion um Tempo 120 auf deutschen Autobahnen scheint schnell in sich zusammenzufallen. Verkehrs- und Umweltminister haben eine generelle Geschwindigkeitsbegrenzung strikt abgelehnt.

Auf deutschen Autobahnen wird es auch auf absehbare Zeit kein Tempolimit 120 geben. Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee und Umweltminister Sigmar Gabriel (beide SPD) haben einen entsprechenden Vorstoß des Umweltbundesamts (UBA) strikt zurückgewiesen.

«Klimapolitisch nicht geboten»

Das Thema stehe nicht auf der Tagesordnung und sei «klimapolitisch nicht geboten», sagte ein Sprecher des Umweltressorts, dem das Umweltbundesamt untersteht. Tiefensee sagte: «Ich bin gegen ein generelles Tempolimit.» UBA- Präsident Andreas Troge hatte ein Tempolimit 120 als wichtigen Beitrag für den Klimaschutz bezeichnet.

Gabriels Sprecher konterte die Idee mit dem Argument, die mit einem Tempolimit erreichbare Reduzierung des Kohlendioxid-Ausstoßes sei im Vergleich zu anderen Maßnahmen marginal. Tiefensee erklärte, auf fast 40 Prozent der Autobahnen gebe es bereits Beschränkungen. Statt auf ein generelles Tempolimit setze er auf weitere Innovationen bei Kraftstoffen, Motoren und Antrieben. Der Verkehrs- und Haushaltsbereich erfülle seine Klimaschutzvorgaben schon heute. «Er hat mit einer Minderung von 15 Millionen Tonnen bereits einen höheren Beitrag übernommen als die Energiewirtschaft.» Auch die Automobilclubs ADAC, AvD und ACE sowie die deutsche Automobilindustrie nannten ein Tempolimit nutzlos.

«Bei einer Höchstgeschwindigkeit von 120 Kilometern pro Stunde lässt sich der Kohlendioxid-Ausstoß um 10 bis 30 Prozent reduzieren», hatte Troge der «Berliner Zeitung» gesagt. Aus Sicht des Umweltbundesamtes muss im Verkehrsbereich mehr geschehen, damit die EU und Deutschland ihre Klimaschutzziele erreichen.

«Durchschnittstempo unter 120»

ADAC-Präsident Peter Meyer wies in «Bild» darauf hin, dass das Durchschnittstempo auf den Autobahnen bereits deutlich unter 120 liege. «Für die Sicherheit und die Umwelt bringt ein Tempolimit also überhaupt nichts. Tempo 120 ist ein alberner Vorschlag aus der ideologischen Klamottenkiste.» Auch der Automobilclub von Deutschland (AvD) erklärte, dass auf weniger als 20 Prozent der Autobahnen überhaupt noch freie Fahrt gelte. Eine Verringerung des CO2-Ausstoßes um 10 bis 30 Prozent sei nicht möglich, sagte AvD-Sprecher Johannes Hübner in Frankfurt. Der ACE in Stuttgart befürwortete flexible Höchstgeschwindigkeiten, die sich an Erfordernissen der Verkehrssicherheit und des Umweltschutzes orientieren.

Auch der Verband der Automobilindustrie (VDA) wehrte sich gegen die Vorwürfe Troges: Die Autoindustrie habe in den vergangenen Jahren bei Neuwagen den durchschnittlichen Kraftstoffverbrauch um 25 Prozent gesenkt. Seit 1999 seien dadurch im Straßenverkehr 15 Millionen Tonnen CO2 eingespart worden.

Unterstützung bekam der Chef des Umweltbundesamts dagegen von den Grünen und der Deutschen Umwelthilfe. «Das muss einfach kommen», sagte Geschäftsführer Jürgen Resch dem «Kölner Stadt-Anzeiger». Das Fehlen eines Tempolimits führe «gerade im deutschen Automobilbau zu völligen Fehlentwicklungen». Der Umweltforscher Thomas Saretzki von der Universität Lüneburg sagte der Deutschen Presseagentur: «Wenn die Leute ihr Fahrzeug nicht mehr ausfahren können, würden sie vielleicht zu Modellen mit kleineren und sparsameren Motoren greifen.» Ebenfalls auf der Seite der Limit-Befürworter ist die Landesverkehrswacht in Brandenburg. Sie verwies vor allem auf geringere Unfallrisiken. Man habe zum Beispiel mit der Geschwindigkeitsbegrenzung auf der A 24 im Abschnitt Dreieck Havelland-Dreieck Wittstock seit drei Jahren sehr gute Erfolge erreicht. (dpa)

Keine Beiträge vorhanden