Merkel lehnt Forderung nach «Benzingipfel» ab

Bundeskanzlerin Angela Merkel sieht keinen Grund für einen «Benzingipfel». Die massive Kritik an der Bundesregierung wurde zugleich zurückgewiesen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) lehnt einen von Automobil- und Wirtschaftsverbänden geforderten «Benzingipfel» ab. Sie habe nicht die Absicht, zu einem Krisengipfel einzuladen, sagte Vize-Regierungssprecher Thomas Steg am Freitag in Berlin. Er wies zugleich den Vorwurf zurück, der Staat würde angesichts der Rekordspritpreise zusätzlich abkassieren. Die Mineralölsteuer werde zu einem festen Preis je Liter erhoben. Es gebe zudem keine Hinweise auf Preisabsprachen der Mineralölkonzerne. Die steigenden Preise an den Zapfsäulen gingen vor allem auf die höhere Nachfrage zurück. Dies sei ein Schattenaspekt der boomenden Weltwirtschaft, sagte Steg.

Bessere Kontrolle gefordert

Wegen der Rekordbenzinpreise hatten Auto- und Wirtschaftsverbände einen «Benzingipfel» gefordert. Der Sprecher des Auto Clubs Europa (ACE), Rainer Hillgärtner, sagte in Stuttgart, die Bundesregierung müsse jetzt für die gebeutelten Tankkunden eine Lanze brechen. «Wer wie Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) in dieser Entwicklung nicht mehr sieht als ein leichtes Konjunkturrisiko, der ignoriert die prekäre Lage der Verbraucher an den Zapfsäulen und er setzt sich dem Verdacht aus, Kumpanei mit den Konzernen zu betreiben», sagte Hillgärtner.

Der Präsident des Automobilverbands AvD, Wolfgang-Ernst Fürst zu Ysenburg, sagte der «Bild»-Zeitung: «Wir fordern einen Auto-Energie-Gipfel mit den maßgeblichen Größen aus Politik, Wirtschaft, Verkehr und Verbrauchern.» Er sprach sich für eine bessere Lenkung und Kontrolle des Energiemarktes aus. «Denkbar ist etwa die Gründung einer staatlichen Energieagentur, die preisregulierend wirken könnte.»

Steuersenkungen für mehr Mobilität

Nach einer neuen Preisrunde am Donnerstag stiegen die Preise für Kraftstoff auf ein Rekordhoch. Der Liter Super kostete im bundesweiten Durchschnitt 1,47 Euro, Diesel 1,35 Euro. Für Heizöl in den üblichen Haushaltsmengen müssen die Verbraucher in Deutschland erstmals mehr als 70 Cent je Liter bezahlen. Der Hamburger Energie- Informationsdienst (EID) ermittelte in einer bundesweiten Umfrage einen Durchschnittspreis von 72,4 Cent und damit um 3,4 Cent mehr als in der Vorwoche, in der bereits ein Rekordhoch zu verzeichnen war. Die Preise beziehen sich auf eine Abnahme von 3000 Litern inklusive Mehrwertsteuer.

ADAC-Präsident Peter Meyer forderte, die Mineralölsteuer zumindest auf das Durchschnittsniveau der Nachbarländer zu senken. Immerhin 10 Cent würde Benzin dadurch billiger. «Wir können nicht zusehen, wie die Spritpreise jeden Tag neue Rekordmarken erklimmen und so die Mobilität jedes einzelnen Autofahrers in Deutschland immer weiter gefährdet wird.». Der Steueranteil für einen Liter Benzin beträgt laut ADAC 88 Cent - bei einer 50-Liter-Tankfüllung sind das mehr als 44 Euro, die der Autofahrer an Steuern zahlt. Der Präsident des Deutschen Speditions- und Logistikverbands (DSLV), Michael Kubenz, verlangte Steuersenkungen für die Transport-und Speditionsbranche. Die Unternehmen seien gegenüber der ausländischen Konkurrenz wegen der hohen Spritpreise im Nachteil.

Biokraftstoffe sorgen für weiteren Anstieg

Unterdessen bestätigte eine Sprecherin von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD), dass der von der Bundesregierung forcierte Einsatz von Biokraftstoffen für weitere Preissteigerungen sorgen wird. In der Neufassung des Immissionsschutzgesetzes solle das Klimaschutzziel verankert werden, bis 2020 den Anteil von Biokraftstoffen am gesamten Kraftstoffabsatz stufenweise auf 20 Prozent zu erhöhen, sagte die Sprecherin. Dies könne zu einem «leichten Anstieg» der Kraftstoffpreise führen.

Angaben der Mineralölwirtschaft, bis 2020 sei mit einer Verteuerung von acht bis zwölf Cent pro Liter Diesel oder Benzin zu rechnen, wies die Sprecherin zurück. Diese Zahlen seien nicht nachvollziehbar.

Rohölmarkt etwas entspannter

Die Lage an den internationalen Rohölmärkten hat sich am Freitag trotz des schweren Herbststurms über der Nordsee zwar etwas entspannt. Die Ölpreise verharrten aber weiter nur knapp unter ihren Rekordständen. Ein Barrel (159 Liter) der US-Sorte WTI mit Auslieferung im Dezember kostete 95,05 Dollar und damit 41 Cent weniger als zum Handelsschluss am Vortag.

Auch der Preis für ein Barrel der Nordseesorte Brent ging leicht um 59 Cent auf 92,20 Dollar zurück. Der Preis für Rohöl der Organisation Erdöl exportierender Länder (OPEC) hielt sich auf seinem Rekordniveau. Ein Barrel kostete am Donnerstag nach Berechnungen des OPEC-Sekretariats vom Freitag wie bereits am Vortag 90,71 Dollar. (dpa)

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