ADAC: Vertrauen gecrasht

Automobilclub in der Krise

ADAC: Vertrauen gecrasht
Gegen die Wand © ADAC

Neben der Forderung nach umfassender Aufklärung der Manipulationen beim Autopreis „Gelber Engel“ geraten zunehmend auch das Geschäftsmodell und die Strukturen des ADAC in die Kritik. Die Staatsanwaltschaft prüft ein Ermittlungsverfahren.

Trotz der Manipulationen bei den Wahlen zum "Gelben Engel" lehnt ADAC-Präsident Peter Meyer einen Rücktritt ab. Der "Bild"-Zeitung sagte Mayer auf die Frage, ob er schon an Rücktritt gedacht habe: "Nein. Wenn der Wind von vorne kommt, muss man das auch mal aushalten können. In diesem Fall bin ich auch der Garant für die Aufklärung in der Sache."

Der ADAC-Präsident warnte davor, die Glaubwürdigkeit des gesamten Autoclubs infrage zu stellen. Er schloss zugleich aus, dass bei den Ergebnissen anderer Tests, beispielsweise von Autobahnraststätten oder Kindersitzen, geschummelt wurde. "Unsere Technik- und Verbraucherschutztests werden nach festgelegten, stets nachprüfbaren Kriterien durchgeführt. Teilweise sind Zertifizierungsunternehmen an diesen Tests beteiligt; insofern ist eine Manipulation dort ausgeschlossen", erklärte Meyer.

ADAC soll sich beschränken

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) forderte die ADAC-Führung auf, das verlorene Vertrauen von Mitgliedern und Öffentlichkeit zurückzugewinnen. Der ADAC solle sich künftig auf seine Kernkompetenz besinnen. "Der ADAC muss sich wieder mehr auf seinen ursprünglichen Auftrag konzentrieren, den Service der Mitglieder und die Interessenvertretung der deutschen Autofahrer: Mehr um den einzelnen Autofahrer kümmern, weniger Show und Glitzer - der ADAC ist doch nicht Hollywood!"

Der Sprecher der Staatsanwaltschaft München I, Oberstaatsanwalt Thomas Steinkraus-Koch, sagte der Zeitung: "Betrug scheidet ja offenbar aus. Bleiben noch Bestechung oder Vorteilsnahme als mögliche Ermittlungs-Tatbestände." Wie lange die Prüfung dauern wird, ließ die Staatsanwaltschaft offen.

ADAC verspricht Aufklärung

Der Skandal um gefälschte Zahlen beim ADAC-Autopreis "Gelber Engel" hat größere Dimensionen als bislang angenommen. Ex-Kommunikationschef Michael Ramstetter schönte nach eigener Aussage nicht nur 2014, sondern auch die Jahre zuvor bei der Umfrage zum Lieblingsauto der Deutschen die Zahlen, wie ADAC-Geschäftsführer Karl Obermair am Montag in München sagte. Er kündigte umfassende Aufklärung an. Der Automobilclub will zudem seine Strukturen reformieren und für mehr Transparenz sorgen. Weitere personelle Konsequenzen soll es zunächst nicht geben. "Wir werden das lückenlos nach innen und nach außen aufarbeiten."

Auch wolle man externe Prüfer dazu holen. Obermair bat die rund 19 Millionen ADAC-Mitglieder um Entschuldigung. "Wir sind jetzt in der Bringschuld, die Reputation wieder herzustellen." Dazu gehöre auch, dass man eine Studie zur Pkw-Maut erneut bei einem Meinungsforschungsinstitut in Auftrag gegeben habe.

Vertrauenverlust bei Autoherstellern

Schlecht ist die Stimmung auch bei den ADAC-Mitarbeitern. "Es ist ein emotionaler Mix aus Empörung, Wut, Fassungslosigkeit", beschrieb es Obermair. Kritik äußerte er an Beschäftigten, die interne Informationen an die Medien weitergegeben hätten, statt sich an den Geschäftsführer als Vorgesetzten Ramstetters zu wenden. Der ADAC ist mit rund 19 Millionen Mitgliedern größter Autoclub in Europa und der größte Verein in Deutschland.

Unterdessen prüfen mehrere Autohersteller wie Volkswagen nach Presseberichten, ob sie die in der Vergangenheit vom ADAC erhaltenen Auto-Preise zurückgeben. Die Wolfsburger wollen vorerst auf Werbung mit der Auszeichnung verzichten. Voraussetzung für weitere Entscheidungen sei eine lückenlose Aufklärung der Umstände innerhalb des Automobilclubs, sagte ein VW-Sprecher auf Anfrage. «Anhand dieser Ergebnisse werden wir weiter entscheiden, wie wir weiter mit dem Preis umgehen.» Bis dahin gelte: «Wir werden nicht mit dem Gelben Engel werben.» (dpa, AG)

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Frank Mertens
Nach dem Studium hat er in einer Nachrichtenagentur volontiert. Danach war er Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche.

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