Lotus Elise 111 R: Härtetest für den Fahrer

Die Lotus Elise 111R will einfach nur Spaß machen. Der Sportwagen verlangt dazu dem Fahrer aber auch wirklich alles ab.

Jürgen Wolff

Es gibt Autos, die wollen einfach nur Spaß machen. So eines ist die Lotus Elise 111R. Man sitzt unbequem, muss sich auf den Fahrersitz zwängen und bringt mit Müh' und Not einen Sixpack im «Kofferraum» unter. Und man mag gar nicht mehr aussteigen - geschweige denn, ihn wieder hergeben.Fangen wir mit der Negativ-Liste an, dann haben wir es hinter uns: Es gibt an diesem Auto offensichtlich nichts, was nicht klappert - Schaltgestänge, Fensterscheiben, Alu-Teile. Je schneller desto klapper. Was soll's, ab Tempo 120 dröhnt der Mittelmotor im Rücken ohnehin jedes andere Geräusch nieder. Der Einstieg ist eine Zumutung: Der Fahrer muss sich ordentlich verrenken, bevor er vor dem Lenkrad Platz nehmen kann. Dann endlich sitzt man drin - drin in einer Art Tunnel, der sich zielgerichtet zu den Pedalen hin verjüngt. Drangvolle Enge links und rechts.

Drangvolle Enge

Der Einstieg will geübt sein.

Die Sitze lassen sich nur in der Länge verschieben, das aber ausreichend weit. Die Schale ist so eng, dass etwas breiter gebaute Zeitgenossen längere Fahrten regelmäßig mit Druckstellen rechts und links bezahlen. Die Federung ist knüppelhart - mit der Zeit lernt man, jeder Zigarettenkippe auszuweichen.

In dem Handschuhfach, das direkt hinter dem Motor liegt und bei anderen Autos «Kofferraum» heißt, sollte man nichts transportieren, was Hitze und penetranten Maschinengeruch nicht verträgt. Immerhin reicht der Platz für das zusammengerollte Verdeck. Apropos - spätestens hier wird klar: Das ist ein Männerauto. Frauen werden beim ersten Versuch, die beiden Holme auszuhaken, mit gebrochenen Fingernägeln bestraft.

Weiter: Die Sicht nach hinten ist gleich null, das Radio kann man bei dem Krach sowieso nicht hören, auf alles andere an gängigen Komfortelementen wird in der Basisversion folgerichtig gleich ganz verzichtet. Klimaanlage? Ja, irgendwo sind da ein paar silberne Knöpfe. Die Verarbeitung? Ja, ist mittlerweile besser geworden. Aber der Handbremshebel schleift immer noch am schmalen Mitteltunnel, die Spaltmaße sind grundsätzlich okay, aber nicht immer.

Fahrer muss arbeiten

Aber die Elise ist eben eine wunderbare Zumutung auf Rädern. Endlich wieder mal ein Auto, in dem man merkt, dass man Auto fährt - und nicht nur geräusch- und schwingungslos die Landschaft an einem vorbeizieht. Hier muss, hier darf man arbeiten - selbst, wenn mittlerweile ABS beim Bremsen hilft. Das Lenkrad will trotz Servo Lenk-Kraft spüren - und kommuniziert mit seinem Fahrer: Da ist eine Rille, dort grober Belag, jetzt hast Du Betonplatten unter den Vorderreifen, pass auf, das war schon fast der Randstreifen. Wie auf Schienen schiebt der Hinterradantrieb den Lotus um die Kurven der Schwäbischen Alb - nichts bringt den Briten aus der Spur.

Geringes Fahrzeuggewicht

Die Optik des Sportwagens ist unverwechselbar.

Und das Gefühl, ein junges Pferd mit ungebändigter Energie zu reiten, dem es Spaß macht, immer wieder in Kraft zu explodieren und voran zu stürmen, vibrierend und sich schüttelnd. Ein Kick aufs Gaspedal - und das weniger als eine Tonne leichte Auto schießt los. 5,2 Sekunden und die Tachonadel fliegt über die 100er-Marke. Da lässt sich leicht verdrängen, dass dieses very britische Auto von einem very japanischen Toyota-Motor befeuert wird - zumal der bei Lotus noch einmal aufbereitet worden ist. 141 kW/192 PS - was sich zunächst gar nicht so sonderlich spektakulär liest, gewinnt in der Realität, die es in Beziehung zum geringen Fahrzeuggewicht setzt.

Unverwechselbares Gesicht

Und schneller als die angegebenen 241 km/h Topspeed mag man mit dem Lotus ohnehin nicht fahren. Denn das ginge nur geradeaus - und die Kurven sind es, für die er gebaut ist. Zu alledem passt dann auch die wilde Optik: Frontspoiler, geschwungene Linien, Hutzen, Heckspoiler und -diffusor, Doppelrohr-Auspuff - das Auto hat ein unverwechselbares Gesicht (und eine ebensolche Rückfront). Selten genug heutzutage.

Und etwas, was seinen Preis hat: Ab 41.900 Euro kann man sich den Spaß leisten. Wenn man ihn sich leisten kann - denn eigentlich muss man den Preis für einen alltagstauglichen Zweitwagen dazurechnen.

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