Politiker stehen auf «Klimakiller»

Dienstwagen der Minister

Die meisten Minister lässt die Klimadebatte kalt. Erst bei 250 km/h werden laut einer Recherche der Deutschen Umwelthilfe die meisten Dienstwagen elektronisch abgeregelt.

Der EU-Zielwert für CO2 von 120 Gramm pro Kilometer bis zum Jahr 2012 ist für die meisten Minister nur heiße Luft. Nach einer Recherche der Deutschen Umwelthilfe (DUH) fahren die meisten Spitzenpolitiker weiterhin mit «Klimakillern» herum, wie DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch am Donnerstag auf einer Pressekonferenz mitteilte. «Nach eineinhalb Jahren intensiver Klimadebatten, nach Weltklimakonferenzen und zahlreichen Gesetzesinitiativen zur Eindämmung der Klimakiller ist die Dickfelligkeit vieler Politiker bei der Wahl ihres Dienstwagens erschreckend.»

Ausstoß sogar angewachsen

Umweltminister Eckhard Uhlenberg benutzt einen Audi A8 4,2 TDI mit 326 PS Foto: dpa

Besonders erschreckend sei die Zahl derer, die qua Amt die Umwelt eigentlich schützen sollten. Die Landesumweltminister Eckhard Uhlenberg (NRW, CDU), Ottmar Bernhard (Bayern, CSU), Volker Sklenar (Thüringen, CDU) und Hans-Heinrich Sander (Niedersachsen, FDP) stoßen mit ihren zumeist neuen Limousinen durchweg doppelt soviel Treibhausgase aus wie die EU-Kommission künftig noch straflos zulassen will, hieß es.

Bei manchen Ministern ist der Klimaausstoß des neuen Dienstwagens gegenüber des Vorjahres sogar noch angewachsen. Spitzenreiter in Verbrauch, Klimagasausstoß und Höchstgeschwindigkeit ist laut der zwischen März und Mai 2008 erstellten Erhebung der thüringische Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU). Sein BMW 750i bringt es 367 PS und einen CO2-Ausstoß von 271 Gramm pro Kilometer.

Liste im Internet

Allerdings scheint diese Information nicht gesichert, denn zwölf der 16 Länderregierungschefs verweigerten der DUH die Auskunft. Selten habe eine Recherche der DUH einen solchen Aufwand erfordert und sei auf soviel hinhaltenden Widerstand gestoßen wie diese eigentlich überschaubare Dienstwagenerhebung, die sich juristisch auf die jeweiligen Umweltinformationsgesetze (UIG) des Bundes und der Länder stützte, bekannte Resch.

Oftmals hätte wochenlang telefoniert werden müssen, Antworten blieben bis zum Schluss unvollständig. So wird Die DUH ihre Liste im Internet ständig aktualisieren und im Einzelfall auch nicht davor zurückschrecken, die Informationen vor Gericht einzuklagen.

Sicherheitsbedenken als Ablehnungsgrund

Toyota Prius wird auch gewählt Foto: Toyota

Als Ablehnungsgrund Nummer eins wurden Sicherheitsbedenken der Ministerien und Staatskanzleien aufgeführt. Andere versuchten die Anfrage auszusitzen und reagierten zunächst gar nicht. Erst nach einer Klagedrohung der DUH in der vergangenen Woche knickte der niedersächsische Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) ein und bekannte sich zu seinem BMW 745 mit 330 PS.

Dass es auch anders geht, bewiesen mehrere Politiker. So lässt sich die Berliner Umweltsenatorin Katrin Lompscher (Linke) in einem Toyota Prius Hybrid (104 g CO2 pro km) chauffieren, der neue Hamburger Wirtschaftssenator Axel Gedaschko begnügte sich in seiner Zeit als Umweltsenator mit einem 5er BMW Diesel (165 g CO2/km) und die Umweltressortchefs Stefan Mörsdorf (Saarland, CDU) und Reinhard Loske (Bremen, B90/Grüne) fahren einen Mercedes mit Gasantrieb (222 g CO2/km im Benzinbetrieb, 168 Gramm im Erdgasbetrieb).

BMU senkt Verbrauch

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel Foto: dpa

Und auch im Bundesumweltministerium in Berlin gab es Veränderungen: Neben seinem Audi A 8 2.8 FSI mit 238 km/h und 199 g CO2/km, darf sich Minister Sigmar Gabriel (SPD) inzwischen an einem Test-Mercedes S 400 Hybrid erfreuen, der demnächst auch Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) zur Verfügung stehen soll. Außerdem steht dem Umweltminister ein Erdgas-Mercedes E 200 NGT (227 km/h, 222 g CO2/km) zur Verfügung.

Binnen eines Jahres sei der durchschnittliche CO2-Ausstoß des BMU-Fuhrparks zudem von 205 auf 167 g CO2/km und damit um 19 Prozent verringert worden, behauptet das Ministerium in seiner Antwort auf die DUH-Anfrage.

Pop-Ikonen weiter als Minister

Doch wirkliche Bewegung ist nicht erkennbar. Der Umweltminister hatte im vergangenen Jahr im Kabinett eine Entschließung durchgesetzt, wonach der CO2-Ausstoß der übergewichtigen Spritfresser in den Ministerien mit Bußzahlungen an Klimaschutzprojekte kompensiert werden sollte. Nach Informationen der DUH harrt dieser Beschluss mehr als zwölf Monate später weiter der Umsetzung.

Resch: «Es geht heute bei der Frage der Motorisierung unseres politischen Spitzenpersonals nur vordergründig um Symbolik. Tatsächlich bestimmen die Minister mit ihrem Vorbild mit darüber welche Autos morgen gekauft werden. US-amerikanische Starlets und Pop-Ikonen sind an diesem Punkt erheblich weiter als die Mehrheit deutscher Minister.» (AG)

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