«1,5 Milliarden Euro teure Mogelpackung»

Umweltschützer kritisieren Konjunktur-Hilfen

Als «ökologisch fragwürdig» haben Umweltschutzverbände die Abwrackprämie bezeichnet. Sie befürchten mehr Missbrauch als Nutzen.

Umweltschützer haben die im zweiten Konjunkturpaket enthaltenen Hilfen für die Autobranche scharf kritisiert. Die Verschrottungsprämie und die geplante Umstellung der Kfz-Steuer seien «konjunkturpolitisch weitgehend wirkungslos» und «ökologisch fragwürdig», sagte der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH), Jürgen Resch, am Freitag in Berlin. Hier müsse dringend nachgebessert werden. Gerd Lottsiepen vom Verkehrsclub Deutschland (VCD) bezeichnete die Abwrackprämie als «eine 1,5 Milliarden Euro teure Mogelpackung».

Missbrauch befürchtet

Neuwagenkäufer erhalten die 2500 Euro Prämie für ihren Gebrauchtwagen über den Autohändler oder vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), teilte das Bundeswirtschaftsministerium mit. Dazu muss man ein mindestens neun Jahre altes Auto verschrotten und einen umweltfreundlichen Neu- oder Jahreswagen ab Euro-4- Abgasnorm kaufen. Abmeldung und Verschrottung des Altfahrzeugs sowie die Zulassung des Neuwagens müssen mit Dokumenten beim BAFA nachgewiesen werden. Alternativ kann der Händler alle Behördengänge erledigen und die Prämie beim Verkauf verrechnen. Stichtag für die Regelung, die bis Jahresende gilt, ist der 14. Januar 2009.

Lottsiepen sagte, die Verschrottungsprämie lade zum Missbrauch ein und schade der Umwelt mehr als sie ihr nutze. Ältere Fahrzeuge seien nicht automatisch umweltschädlicher als neue. So blase ein neun Jahre alter Benziner weniger gesundheitsschädigende Stickoxide aus als ein durchschnittlicher Diesel-Pkw dieses Jahres. Sinnvoller wäre mehr Geld für den öffentlichen Nahverkehr.

«Regierung stützt Revolution»

Die FDP kritisierte, dass von der Prämie vor allem ausländische Autohersteller profitieren dürften, die bei Neuwagen unter 10000 Euro einen hohen Marktanteil haben. Renault hat die Prämie bereits dazu verwendet, den Dacia zu bewerben. In einem früheren Werbespott sollte durch den Dacia Sandero eine Revolution ausgerufen werden. Nun wirbt die Mutter der rümänischen Renault-Tochter mit dem Slogan: «Regierung stützt Revolution».

Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) ist dagegen zufrieden. «Mit der Abwrackprämie gehen wir den alten Dreckschleudern an den Kragen und helfen unserer Automobilindustrie», sagte er «Bild.de».

Kritik an Steueränderung

Auf Widerstand bei Umweltschützern stößt auch die von Union und SPD zum 1. Juli angestrebte Umstellung der Kfz-Steuer vom Hubraum auf den Kohlendioxid (CO2)-Ausstoß eines Autos. Für die Hersteller fehle damit der Anreiz, spritsparende Fahrzeuge oder auch Erdgas- und Elektromotoren zu produzieren, sagte DUH-Geschäftsführer Resch. Ein großvolumiger Diesel-Geländewagen zum Beispiel drohe um mehrere hundert Euro jährlich bei der Kfz-Steuer entlastet zu werden.

Andere europäische Länder dagegen hätten Steuerbestimmungen, die den Absatz sparsamer Autos förderten. Als Beispiele nannte Resch Frankreich oder Portugal. Fahrzeuge mit einem besonders hohen CO2- Ausstoß müssten steuerlich auch deutlich belastet werden.

Die Koalition plant bei der Kfz-Steuer künftig einen Sockelbetrag für jedes Fahrzeug unabhängig vom CO2-Ausstoß, der für Diesel höher ist als für Benziner. Ab einem Grenzwert von zunächst 120 Gramm Kohlendioxid je Kilometer soll es eine Steuerbelastung von zwei Euro je Gramm geben. (AG/dpa)

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