Qualm-Wolken inklusive

Jaguar XKR-S

Eine Sportversion ohne Leistungsplus trauen sich nur wenige Hersteller. Der Jaguar XKR-S lebt von seiner Exklusivität von 200 Stück. Chef-Testfahrer Mike Cross erklärt bei Tempo 280, warum die schnellste aller Katzen keine 300 fährt.

Von Sebastian Viehmann

Der englische Regen ist gnädig. Ausnahmsweise verzieht er sich für ein paar Stunden, damit der Asphalt auf der Jaguar-Teststrecke in Gaydon trocknen kann. Einst hoben hier Valiant-Bomber der Royal Air Force ab, jetzt jagen Sportwagen über die Piste. Chefingenieur und Testfahrer Mike Cross schaut in den Himmel, öffnet die ellenlange Fahrertür der schwarzen Raubkatze und schwingt sich mit einem «Okay, let’s go!» in den Schalensitz.

Ausschließlich in «Ultimate Black»

Beim Druck auf den Startknopf erwacht der V8-Motor grollend zum Leben. 4,2 Liter Hubraum, vier Nockenwellen, Kompressoraufladung, 416 PS, 560 Newtonmeter Drehmoment - alles eindrucksvolle Werte, aber eben nicht anders als beim XKR. „Wir wollten den Charakter des Wagens verändern, ihn agiler und Fahrer-orientierter machen“, sagt Mike Cross.

Das brachte die üblichen Modifikationen mit sich: Härtere Stoßdämpfer, ein bisschen Feilen an der Aerodynamik, eine um zehn Millimeter geringere Bodenfreiheit und nicht zuletzt die veränderte Lenkübersetzung. Die Änderungen an der Karosserie betreffen Frontsplitter, Schweller sowie Spoiler, Stoßfänger und Diffusor am Heck. Die 20-Zoll-Leichtmetallräder im „Vortex“-Design wurden extra für den XKR-S entwickelt. Exklusiv ist auch die Lackierung: Den Edel-Renner gibt es ausschließlich in „Ultimate Black“, einem schwarzen Metallic-Lack.

300 Kilo weniger als Gran Turismo S

Schön geschwungenes Heck Foto: press-inform

Mike Cross lenkt den Wagen durch eine Serie von Schranken auf die Teststrecke. Die ist so breit wie eine sechsspurige Autobahn. Der XKR-S ist tatsächlich „Autobahn-evaluated“, verrät Mike: Neben obligatorischen Testfahrten am Nürburgring nutzten die Briten die kurvige Autobahn von Trier nach Koblenz, um die Straßenlage zu testen. Cross lässt es langsam angehen, dreht eine Einführungsrunde, zählt die Vorzüge des Jaguars auf - besonders das verwindungssteife Aluminium-Monocoque-Chassis. Ein XKR-S wiegt 1,6 Tonnen, knapp 300 Kilo weniger als zum Beispiel der Maserati Gran Turismo S. Der Italiener zählt wie der BMW 6er, Mercedes SL oder Aston Martin V8 zu den Hauptkonkurrenten des Jaguar.

Die erste Runde ist vorbei, jetzt ist Schluss mit dem Geplänkel. Cross schaltet die sequenzielle Sechsstufen-Automatik in den Sportmodus und tritt das Pedal durch. Der S röhrt beim Beschleunigen noch kraftvoller als der XKR - die Ingenieure haben ein wenig am Abgassystem gefeilt. Die Raubkatze ist nach 5,2 Sekunden auf Tempo 100, auf der Geraden nähert sich die Nadel schließlich der 280. Dann wird elektronisch abgeregelt, 30 Km/h später als beim XKR. Um die 300er Schallmauer zu knacken, hätte Jaguar mehr machen müssen als an der Motorsteuerung zu drehen. „Weitere Änderungen am Motor wären teuer geworden und hätten sehr lange Testphasen erfordert“, sagt Mike Cross, als er den XKR-S mit enormen Tempo um eine weite Kurven-Kombination jagt. Er fährt den Wagen so, wie es wohl James Bond tun würde: Mit stoischer Ruhe, elegantem Stil und der Gewissheit, dass die in edle Form gegossene britische Ingenieurskunst jederzeit genügend Reserven bereithält.

USA gehen leer aus

Leder herrscht vor Foto: press-inform

Der Wunsch nach mehr Geschwindigkeit sei gerade aus Deutschland immer wieder geäußert worden, heißt es bei Jaguar. Von den 200 XKR-S kommen 100 nach Deutschland, die Hälfte davon ist schon verkauft. Die Restauflage wird in Westeuropa verteilt. Andere Länder - darunter die USA - gehen leer aus.

Auch im Selbstversuch am Steuer kann der Sportwagen überzeugen. Die neu abgestimmte Federung hält den Wagen perfekt auf der Straße, die Lenkung ist sportlich-direkt, und bei abgeschaltetem ESP kann man sich dank Hinterradantrieb als Driftkünstler versuchen. Der Jaguar gefällt aber genau so beim gemütlichen Cruisen auf der Landstraße und gehört mit einem Durchschnittsverbrauch von 12,3 Litern (Werksangabe) zu den sparsamen Vertretern seiner Klasse.

Schnellster Jaguar seit dem XJ220

Der Jaguar XKR-S mit dem XJ220 Foto: press-inform

Mit 280 Km/h ist der XKR-S der schnellste Serien-Jaguar seit dem legendären XJ220. Ein paar begeisterte Jaguar-Ingenieure konstruierten Ende der 80er Jahre die 500 PS starke Zwölfzylinder-Flunder mit Allradantrieb als Antwort auf Ferrari F40 und Porsche 959. Der Name war Programm - 220 Meilen sollte der Top Speed sein, rund 350 Km/h. Die Serienversion kam 1992, hatte jedoch nur einen V6-Biturbo-Motor an Bord und zum Ärger vieler Kunden keinen Allradantrieb. Sie war aber 1,3 Tonnen leicht und 341 Km/h schnell. Der XJ220 kostete umgerechnet mehr als eine Million Mark.

Der Aufschlag für den XKR-S ist nicht ganz so happig. 116.900 Euro muss man für den limitierten Jaguar auf den Tisch legen, knapp 20.000 Euro mehr als für den XKR. Immerhin ist der S komplett ausgestattet. Das Vollleder-Paket ist ebenso an Bord wie ein aufwändiges Soundsystem, Bi-Xenonscheinwerfer mit Kurvenlicht, Einparkhilfe, DVD-Navigationssystem, Zweizonen-Klimaautomatik oder elektrische Sitze.

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