Der Cruise im Cruze

Chevrolet Cruze 2.0 LT

Man neigt dazu, ihn zu unterschätzen. Doch das sollte man nicht tun. Denn der Chevrolet Cruze gibt keine schlechte Figur ab, vor allem nicht in der Dieselvariante.

Von Martin Woldt

Wollte man dem Cruze etwas am Zeug flicken, dann müsste man schon wirklich ziemlich kleinlich sein. Chevrolet hat sich mit dem Fahrzeug auf der Astra-Plattform durchaus Mühe gegeben.

Selbst, was bei Stufenheck-Limousinen fast immer funktioniert, sie in die Kategorie der «Gepflegten Langweiler» einzusortieren, greift hier nicht ohne weiteres. Gewiss, die ausgeformte Schulterlinie, die prägnante Front, das gefällige Heck mögen nicht als Dienstkalesche in «Mission Impossible IV», also Cruise im Cruze, taugen.

Für das Leben danach

Aber sollte dieser Held nicht so ganz unerwartet in den Vorruhestand und kleinere Brötchen backen müssen, im Cruze böte sich mit der bescheidenen Geheimdienstpension die Aussicht auf ein Leben danach. Womöglich ohne Entzugserscheinungen.

Das Cockpit im Cruze Foto: Chevrolet

Im Cockpit beispielsweise könnte man noch eine Weile dem Gedanken nachhängen, Chef der Kommandozentrale zu sein. Das passable Lederlenkrad, der kurze griffige Schaltknüppel, die Chromringe um die Armaturen, ihre computeraffinen Anzeigen im türkisfarbenen Auralichtdesign, die auf Knopfdruck auffächernden Einstellungssymbole auf dem LCD-Bildschirm, die Druckknöpfe im Stile einer Raketenabschussrampe lassen den glücklich überstandenen Kalten Krieg noch einmal mental vorbei marschieren.

Und sollte das Gequengel der Enkel solche Tagträume allzu schnell in die Realität holen, so ist der Cruze auch dafür gewappnet. Ungewöhnlich viel Platz in erster und zweiter Reihe prägen die Raumverhältnisse. Erst wenn die Rückbankpassagiere deutlich über 1,80 Meter hinausschießen, käme ihnen der Himmel etwas zu nahe. Die Raumaufteilung geht zwar im Vergleich mit anderen Stufenheck-Limousinen etwas zu Lasten des Frachtabteils. Doch ist es mit 450 Litern Ladevolumen trotz echtem Ersatzrad im Kofferboden noch immer wirklich ausreichend für das Reisegepäck. Einzig die schlaff schwingende Heckklappe mit ihren weit in den Stauraum dringenden Haltebügeln erinnert an die lustlosen Zeiten amerikanischen Innendesigns.

Keine Schwächung

Die Seitenansicht Foto: Chevrolet

Dass dem 150 PS starken Selbstzünder ähnlich wie den Benzinern eine Neigung zum Schwächeln nachgesagt werden könnte, ist nicht der Fall. Auch oberhalb von 130 km/h lässt er sich noch überzeugend beschleunigen, ohne die Karosse in lautstarke Resonanzen zu versetzen. Andererseits könnte die Kraftentfaltung aus dem Drehzahlkeller heraus durchaus harmonischer erfolgen. Wegen des vergleichsweise spät, erst oberhalb von 2000 Kurbelwellenumdrehungen verfügbaren maximalen Drehmomentes findet man im Stadtverkehr zwischen 40 und 60 km/h nur selten Phasen, in denen man den Diesel eingekuppelt mitrollen lassen kann. Rauf- und runterschalten verhindert, dass der Cruze zum Cruiser wird.

Und wirkt sich natürlich auf den Verbrauch aus. Denn der flotte Parforceritt durch die Schaltgassen funktioniert nicht, statt dessen geht es mal vor und dann wieder zurück. Das animiert den Spritkonsum, statt ihn zu zügeln.

Das heck des Cruze Foto: Chevrolet

Wer wirklich sparsam sein will, kann in der Stadt kaum schaltfaul durch die Gegend gondeln. Vielleicht hätten dem Diesel, wie bei anderen Wettbewerbern auch, sechs gleichmäßiger übersetzte Schaltstufen gut getan. Etwas schade ist, dass der Diesel noch nicht die Euro5 erfüllt. Andererseits muss er keinem Preisvergleich aus dem Wege gehen. 21.290 Euro sind eine attraktive Ansage.

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