Konstruktion in der Grauzone

Fahrbericht BMW 5er Gran Turismo

Prestigelimousine nennt sich das von BMW für den 5er Gran Turismo neu entdeckte Marktsegment. Dabei weist das Fahrzeug selbst manche Ähnlichkeit, aber eben auch deutliche Unterschiede zu anderen auf.

Von Martin Woldt

Wer braucht eigentlich so ein Fahrzeug wie dieses? Angesichts eines gesättigten Automarktes, scheint in der Frage die Sinnkrise des Autos auf. Während die Kundenforschung von BMW die Angelegenheit natürlich viel praktischer nimmt und selbstredend auch fündig geworden ist. Im Dreieck zwischen dem X5, Fünfer Limousine und Touring entdeckte man eine Klientel, der der SUV zu wuchtig, der die Limousine nicht elegant genug, der Kombi zu vordergründig funktional erscheinen. Aber die als Kunden doch eine hohe Affinität zur Fünferreihe von BMW besitzen. Aus dieser diffusen Grauzone heraus entstand der 5er Gran Turismo, der seine allgemeine Feuertaufe nächste Woche auf der IAA in Frankfurt/Main erlebt und im November dann zum Händler rollt.

Ein viertüriges Coupé?

Um auf das Ausgangsproblem zurückzukommen: «Was haben wir uns dabei gedacht?» Über die Frage sinnierte auch BMW-Vertriebschef Ian Robertson bei der Pressepräsentation dieser Tage, um dann den Begriff der Prestigelimousine aus dem Hut zu zaubern und damit zugleich so etwas wie ein neues Fahrzeugsegment aufzumachen. Auf den ersten Blick wirkt der Begriff etwas an den Haaren herbeigezogen, erkennt man im 5er Gran Turismo doch allenfalls ein viertüriges Coupé, mit dem BMW (Mercedes CLS, Passat CC, Audi A5 Sportback) natürlich längst nicht mehr alleine ist. Aber schon der Datenabgleich offenbart einige Unterschiede. Zu den auffälligsten gehört der große Radstand beim BMW, der mit 3,07 Meter auf der Rückbank eine Beinfreiheit wie im Siebener erlaubt.

Rücksitze im BMW 5er Gran Turismo Foto: BMW

Dass BMW gleichzeitig von einer Kopffreiheit wie im X5 spricht, scheint etwas übertrieben. Doch schaffen eine im Dach ausgesparte Haube und die muldenförmigen Komfortsitze tatsächlich ein großzügiges Rundum-Gefühl, hat man erstmal hinten Platz genommen. Das ist in sofern verblüffend, als man das angesichts der coupártig abfallenden Dachlinie eher das Gegenteil vermutet. Auch scheinen die üblichen Sichteinschränkungen gut aufgelöst, zumindest wenn statt auf der serienmäßigen Sitzbank von einem 1950 Euro aufpreispflichtigen elektrischen Einzelsitz nach draußen schaut.

Raumkonzept wie im Porsche Panamera

Das Heck des BMW 5er GT Foto: BMW

Am ehesten erinnert dieses Raumkonzept an den Porsche Panamera, der ja auch - zumindest neu für Porsche - die Rückbank zum Eroberungsraum erklärt hat. Aber während man im Porsche zwar bequem, aber eher sportlich tief dahin gleitet, stellt BMW hinten die Sitzhöhe heraus. Mit etwa 57 Zentimetern läge sie zwischen BMW X6 und 5er Limousine. Rahmenlose Fensterscheiben tun das Übrige für einen guten Ausblick. Wie im Porsche sind die Einzelsitze in Längsrichtung verstellbar, beim 5er Gran Turismo um zehn Zentimeter. So lässt sich gleichzeitig der Kofferraum variieren. Am vorderen Anschlag beträgt er 590 Liter (Panamera 500 Liter), ganz nach hinten gefahren, sind es noch 440 Liter. In dieser Größenordnung (480 Liter) liegt etwa auch der Audi A5 Sportback, der aber bei umgeklappter Rückbank nur etwas mehr als die Hälfte (980 Liter) des BMW-Stauvolumens zur Verfügung hat. 1700 Liter beträgt dessen Laderaumkapazität. Der deutliche Unterschied liegt in der Konstruktion der Heckklappe begründet. Man kann sie in zwei Varianten öffnen: Als kleine Klappe schwingt sie unterhalb der Heckscheibe auf und ermöglicht, schmales Gepäck hineinzuschieben. Mit samt der Heckscheibe klappt sie aber auch deutlich übermannshoch auf, um sperrige Güter etwa im vergrößerten Frachtraum unterzubringen. Eine Trennwand schirmt bei aufgestellter Rückbank den Passagierraum vom Ladeabteil ab. Sie klappt zusammen mit den Rücksitzen nach vor, gilt es, einen fast ebenen Ladeboden zu bestücken.

Zurückgenommene Technikanmutung

Das Cockpit im BMW 5er Gran Turismo Foto: BMW

Bei so viel Komfort im Rückraum des Fahrer nimmt sich das Cockpit kaum weniger bescheiden aus. Am auffälligsten wirken das 10,2 Zoll große Display und der darunter fast tischkantenähnlich im Wurzelholzambiente geneigte Armaturenträger. Zusammen mit der weitgehend lederüberzogenen Mittelkonsole drängen sie die Technikanmutung rings um den Schaltknauf in den Hintergrund. Dass der Fahrer dennoch das Mittelpunktgefühl in seiner Kommandozentrale nicht verliert, liegt an der ihm zugewandten leichten Krümmung aller Bedieninstrumente.

kraftvoller Diesel

Der BMW 534 Gran Turismo Foto: BMW

Die Schattenseite von so viel Komfort ist zweifellos das Fahrzeuggewicht. Mit 1960 Kilogramm stößt es trotz Aluminiumeinsatz, etwa in den Türen, an die Zweitonnen-Grenze und verlangt entsprechend Kraft unter der Haube. Die hat der von uns gefahrene 530d mit seinen 245 PS zweifelsohne und kann mit seinem Sechszylinder in 6,9 Sekunden von null auf Tempo 100 durchstarten. In der Spitze erreicht er 240 km/h. Auf 100 Kilometer wurde ein Verbrauch von 6,5 Litern ermittelt, was einer CO2-Emission von 173 Gramm pro Kilometer entspricht. Im Zaum gehalten wird der Verbrauch unter anderem durch das moderne Achtgang-Automatikgetriebe aus dem Siebener 760i und die Rückgewinnung von Bremsenergie. 540 Newtonmeter als maximales Drehmoment erlauben sowohl unangestrengtes Dahingleiten wie rasantere Fahrmanöver. Mit 55200 Euro markiert der Diesel gleichzeitig den Einstieg in die Welt des 5er Gran Turismo.

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