BMW 760 Li gegen Audi A8 4.2 L: Luxus pur

Der BMW 760 Li und der Audi A8 4.2 L sind für den normalen Bürger unerschwinglich. Ein Vergleichstest zeigt auf, ob in der höchsten Schicht der Autokäufer ein Achtzylinder ausreicht.

Von Stefan Grundhoff und Stefan Zaumseil

Zwei gegen einen war schon in der Grundschule gemein. Heute ist alles ein bisschen größer. Es geht nicht mehr um Quartettspiele, sondern um echte Autos. BMW 760 Li gegen Audi A8 4.2 L - hört sich ungerecht an, aber ist es das auch? Beide bieten nahezu grenzenlosen Luxus und sind nur für die oberen Zehntausend bestimmt. Doch wie viele Zylinder braucht der Mensch? Reichen acht oder müssen es in der Premiumklasse derer zwölf sein?

3,07 Meter Radstand

BMW 7er-Reihe und Audi A8 lassen die Herzen der Limousinengemeinde seit Jahren höher schlagen. Beide sind elegant, mächtig, ungewöhnlich dynamisch und in der eigenen Einfahrt ein grenzenloses Statussymbol. Wem Luxus allein nicht reicht, der entscheidet sich für eine Version mit langem Radstand. Das Ingolstädter Luxusgefährt misst stattliche 5,18 Meter; der Radstand ist mit 3,07 Meter genauso groß wie bei der imposanten Mercedes GL-Klasse. Über Platzangst muss man sich daher keine Gedanken machen. Jeder Meter ist die Versuchung pur - gerade im Fond.

Der Konkurrent aus der südlicher gelegenen Landeshauptstadt München ist mit 5,19 Metern einen Hauch länger. Im Fond scheint es noch mehr Platz zu geben - besonders für den Kopf. Doch alles Kritische artet schnell in Erbsenzählerei aus. Fest steht, dass beide Bayern Platz in Hülle und Fülle bieten. Müssen sie auch; schließlich werden die Versionen mit verlängerten Radstand zumeist mit Chauffeur bewegt. Der Herr des Hauses setzt sich allenfalls am Wochenende einmal ans Steuer. Schließlich will auch Fahrer Johann einmal zu seiner Familie.

Kühlschrank inklusive

Ein Glas Schampus bitte? Foto: press-inform

Doch nicht nur das Platzangebot in beiden Luxusschiffen ist über jeden Zweifel erhaben. Die Ausstattung macht in dieser Klasse die Musik. All die Annehmlichkeiten, die man sonst nur auf Langstreckenflügen der First Class erlebt, kann man hier weitab der schnöden Außenwelt auf weich gepolsterten Liegesitzen genießen. Die lassen sich ganz nach Belieben und Ausstattungsniveau elektrisch verstellen, beheizen oder belüften. Für weitere Annehmlichkeit auf der 600-Kilometer-Tour zwischen Berlin und München sorgen ein Kühlschrank, die Massagefunktion oder der obligatorische Fernsehbildschirm. Man will schließlich unterhalten sein und sich nicht nur der Vorbereitung für das nachmittägliche Meeting widmen.

Man reist hüben wie drüben als eine Mischung aus Vorstandsvorsitzender und König; doch dieser Luxus hat bekanntlich seinen Preis. Dabei ist es mit der einfachen Anschaffung eines Langmodells von der Stange nicht getan. Selbst in der Klasse der Überflieger lassen sich Audi und BMW die meisten Annehmlichkeiten überaus teuer bezahlen. Ein Blick auf den 81.700 Euro teuren Audi A8 4.2 L quattro. Kaum zu glauben, dass für diesen Preis Navigationssystem, Xenonlicht und vollelektrische Komfortsitze vorne und hinten noch extra bestellt werden müssen. Einparkhilfe oder anklappbare Außenspiegel kosten ebenfalls Aufpreis. Immerhin kann man den vorderen Beifahrersitz mit einem Schalterdruck auch aus dem Fond sanft nach vorne gleiten lassen - serienmäßig.

Lange aufpreisliste

BMW 760 Li, Audi A8 4.2 L (l.) Foto: press-inform

Der besser ausgestattete Audi A8 6.0 L W12 kostet stattliche 119.500 Euro und liegt damit in einer Liga mit dem übermächtig erscheinenden BMW 760 Li, der die 120.000-Euro-Grenze mit einem Handstreich um 900 Euro sprengt. Auch die Münchner lassen es mit dem stattlichen Kaufpreis längst nicht genug sein. Wer puren Luxus will, muss auch hier kräftig ordern und drückt den Kaufpreis in Richtung 140.000-Euro-Marke. Sitzlüftung, Abstandstempomat, Nachtsichtgerät, Telefone und TV-DVD-Entertainment. Es gibt in der Aufpreisliste fast nichts, das es nicht gibt. Wer doch etwas vermisst: In dieser Klasse machen Audi und BMW vieles auch auf besonderen Kundenwunsch möglich. Wer will oder wichtig genug ist, bekommt sogar eine Panzerversion, die dann jedoch alle Preisgrenzen sprengt. Bundeskanzlerin Merkel fährt einen hochgerüsteten Audi A8 in Langversion; Bayerns Ministerpräsident Stoiber steht seit Jahren auf die exklusive 7er-Reihe.

Doch muss ein Zwölfzylinder für die begehrenswerten Chauffeurversionen sein, oder tut es auch ein mickeriger Achtzylinder? Ein Blick auf die Fahrleistungen gibt einen ersten Anhaltspunkt. Klar ist: bei beiden ist bereits bei 250 km/h Schluss - dabei hätten Audi und BMW deutlich mehr zu bieten. Bei der Beschleunigung gibt es überraschend große Unterschiede. Der Ingolstädter Allradler benötigt bis Tempo 100 6,7 Sekunden, der BMW schafft den Spurt eine beeindruckende Sekunde schneller - trotz des Gewichts. Doch wen interessiert bei einem Zwei-Tonnen-Schiff schon der Spurt 0 auf 100? Guten Gewissens niemand! Der Chauffeur, der unkommod fährt, riskiert im Handumdrehen seinen Job.

Ruhiger Motor

Der Motor des BMW 760 Li Foto: press-inform

Doch welchen Eindruck machen die beiden Konkurrenten auf die Piloten hinter dem Steuer? Der BMW scheint jederzeit auf dem Sprung und bei einem leichten Tritt aufs Gas geradezu gelangweilt. Der sechs Liter große Zwölfender bietet einem 327 kW / 445 PS und 600 Nm maximales Drehmoment, das bei knapp 4.000 Touren willig säuselt. Doch auch aus dem Drehzahlkeller gibt es kein Halten mehr. Dabei spielt der Motor seine Souveränität arrogant aus und gibt auch bei Höchstleistungen kaum einen Ton von sich. Bei mäßigem Tempo verrät allein der Drehzahlmesser, dass das Triebwerk arbeitet.

Der A8 verfügt noch nicht über den neuen Benzindirekteinspritzer, den es bereits im Premium-SUV Q7 gibt. Trotzdem steht er mit 246 kW / 335 PS und 430 Nm prächtig im Futter. Wie nicht anders zu erwarten klingt er gerade beim kraftvollen Beschleunigen deutlich angestrengter als der 7er. Beim Durst geben sich beide den Staffelstab in die Hand. Die versprochenen 12,1 (Audi) bzw. 13,9 Liter (BMW) Superkraftstoff auf 100 Kilometern lassen sich allenfalls im sterilen Labor erzielen. In der Realität ist unter 16 Litern kaum etwas zu machen - egal ob acht oder zwölf Zylinder. Der Vorsprung des kleineren Audi liegt bei rund 0,6 Litern pro 100 Kilometer. Allrad fordert trotz eines Leergewichts von nur 1,9 Tonnen eben seinen Preis.

Zwei Tonnen leicht zu fahren

Der Innenraum des A8 Foto: press-inform

Besonders starke Seiten zeigen beide bei Bremsen, Lenkung und Fahrwerksabstimmung. Trotz der mächtigen Gewichtsklasse von rund zwei Tonnen lassen sich beide unglaublich leicht fahren und prächtig verzögern. Nicht nur die Fondpassagiere genießen jeden Kilometer. Auch der jederzeit aufmerksame Chauffeur muss die aufkommenden Glücksgefühle auf Autobahnen und Landstraßen mit aller Macht unterdrücken. Die Mundwinkel ziehen sich erst wieder herunter, wenn die Parkplatzsuche droht. Doch Dickschiffe wie A8 und 7er müssen höchstens in der Tiefgarage des Fünf-Sterne-Hotels gezirkelt werden.

Der Audi wirkt in jedem Geschwindigkeitsbereich eine Spur straffer, der BMW unter dem Strich perfekter - gerade in der Kombination von Motor, Getriebe und Fahrwerk. Doch niemand dürfte ein nennenswerter Grund einfallen, weshalb es der Achtzylinder des Audi A8 (gepaart mit Alukarosse und Allradantrieb) nicht tun sollte. Er hat üppige Leistungsreserven und dürfte im Alltagsbetrieb keinen deut schlechter unterwegs sein als der Zwölfzylinder des BMW. Abgesehen von den bekannten Bedienungsschwächen im Innenraum ist der 760 Li alles in allem das bessere Auto. Doch den Preisunterschied ist er nicht wert. Wer wirklich grübeln sollte: der schwächere BMW 750 Li (84.000 Euro) ist eine prächtige Wahl - wie der A8.


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