Audi A6 Allroad – immer mit Wagenheber

Die Erotik der Aufpreisliste

Audi A6 Allroad – immer mit Wagenheber
Nur mit Sechszylindern im Angebot © Audi

Was man Audis quer-feld-ein-ambitionierten A6 Allroad auf den ersten Blick nicht ansieht: Er zählt zu den lukrativsten Modellen des Herstellers. Dank Neigungswinkelmesser erkennt er jede Schieflage

Von Martin Woldt

140.000 Audi A6 Allroad in zwölf Jahren, seit Einführung dieses Derivates in der Oberen Mittelklasse,klingt nicht so als müsse man deswegen den Atem anhalten. Doch immerhin sind das durchschnittlich 1.000 dieser Autos aus Neckarsulm pro Monat. Die hätten, wären sie alle in Deutschland zugelassen worden, einen Segmentanteil von fast zehn Prozent. Also mehr als Jaguar, Infiniti oder Volvo zusammen aufwiegen. Aber nicht nur das macht die ab Mai erhältliche dritte Generation für den Hersteller so erwartungsfroh. Anders als der gemeine Audi A6 wird seine Outdoor-Variante vor allem vom Privatmann gekauft. Und es sind nicht gerade die Schnäppchenjäger, die hier ihre Begehrlichkeiten von deren Zügeln befreien. Eher jenes Klientel, für das ein Bang & Olufsen Sound System (plus 6000 Euro extra) zum guten Ton gehört. Das sich beim Einparken auf einsamen Waldwegen gern auch durch einen Umgebung vermessenden Parkassistenten (plus 1170 Euro) unterstützen lässt.

Kurz, hier sind wir in der exklusiven Wohlfühlzone einer lustwandelnden Interessengruppe am oberen Ende der Preisskala. Für den, der A6 Allroad Quattro fahren will, hat der Einstiegspreis von 54.600 Euro nur orientierenden Charakter.


Alleinstellungsmerkmale

Zweifel an der Zukunft eines mit Feldwegen flirtenden A6 mögen den Audianern zwischendurch gekommen sein. Der starke Zuspruch gegenüber den SUV (Q7 oder Q5) hätte die Allroad-Fraktion leicht aufreiben können. Doch inzwischen haben sich solche Befürchtungen gelegt. Ist man sich sicher, dass auch die dritte Generation ihr Publikum findet. Es sind ein paar klare Signale, die so nur der Allroad als Statement ausstrahlt. Sein in Aluminium gerahmter Kühlergrill mit Längsstreben dürfte auffallen.
Die serienmäßige Luftfederung, die die Fahrwerkshöhe je nach Situation 4,5 Zentimeter (unter 35 km/h) nach oben oder zwei Zentimeter abwärts (auf der Autobahn) regulieren kann, hebt ihn aus der Baureihe heraus.

Nur der Allroad trägt bis zu 100 Kilogramm Dachgepäck oder nimmt bis zu 2,5 Tonnen Anhängerlast an den Haken. Nur ihn gibt es an Front und Heck mit Edelstahl verblendetem Unterfahrschutz. Nur er kann sich mit elektronischer Neigungswinkelanzeige brüsten, selbst dann, wenn er bevorzugt mit lediglich zwei Rädern auf dem Bordstein steht.

Sechs-Zylinder-Standard

Das Fahrwerk kann er anheben. Audi

Auch unter der Haube grenzt er sich von der gemeinen Baureihe ab. So sind drei Liter Hubraum und sechs Zylinder Standard und Kür zugleich. Drei Diesel zwischen 150 kW/204 PS und 230 kW/313 PS und ein 228 kW/310 PS starker Benziner stehen zur Wahl. Und auch wenn sie im Durchschnitt 20 Prozent sparsamer als ihre Vorgänger sein sollen, beim Energielabel reicht es für den Benziner nur zu einem schlappen „D“. Die schwächeren Diesel erlangen ein vorzeigbares „B“. Der stärkste Selbstzünder schafft ein mittelprächtiges „C“. Ihm ist zugleich eine 8-stufige Tiptronic vorbehalten, die anderen Aggregate werden mit einer 7-Gang S tronic kombiniert.


Griffiger Straßenkontakt

Nur mit Automatik im Angebot Audi

Audi erwartet den größten Zuspruch für die 245 PS starke Dieselversion. Vielleicht, weil sie einen wohl gemittelten Charakter verkörpert. Sie lässt sich auch bei Pedaldruck gut durch die die Kurven steuern und hält stoisch Kurs. Wie weit die Karosse nachgibt, hängt unter anderem von den gewählten Fahrwerkseinstellungen ab. Der Allradantrieb sorgt unablässig für griffigen Straßenkontakt.

Akustisch macht sich das Aggregat nicht so schubartig aufbrausend wie der mit einem zweiten Turbolader ausgestattete große Diesel bemerkbar. Auf breitem Bassteppich, der sich nur bei forderndem Druck in den Vordergrund drängt, entfaltet sich ein durchzugsstarkes Drehmoment von bis zu 580 Newtonmeter, das zwischen 1750 und 2500 Touren anliegt. Von den Lastwechseln im Getriebe ist wenig spürbar. Nach 6,6 Sekunden ist aus dem Stand Tempo 100 erreicht. Die Spitze wird mit 236 km/h angegeben.

Verbrauch und andere Werte

Umgeklappt bietet er 1680 Liter Stauraum. Audi

Den Normverbrauch hat Audi mit 6,3 Litern auf 100 Kilometer (CO2 194 g/km) ermittelt. Das bleibt nicht unerreichbar, solange man sich vom komfortablen Fahrerumfeld inspirieren lässt. In der Stadt greift unauffällig eine Start-Stopp-Automatik unterstützend ein. Wie das von Audi an vielen Stellen verbaute Aluminium dafür sorgt, dass adipöse Schwerfälligkeit ausbleibt.

Der neue A6 allroad quattro ist 4.94 Meter lang, 1.90 Meter breit und 1.47 Meter hoch. In der Länge übertrifft er sein Vorgänger um knappe sechs Millimeter. Der Radstand hat um sieben Zentimeter zugelegt. Der Gepäckraum bietet dennoch 565 Liter Inhalt und lässt sich auf 1.680 Liter vergrößern. Hier, unter seinem Ladeboden verbirgt sich das verwegenste Alleinstellungsmerkmal dieses Autos. Als einziger aktueller A6 besitzt er einen Wagenheber an Bord. Ein Muss für jeden Zweifler, der ohne nie an tükischen Waldkanten parken würde.

Vorheriger ArtikelMercedes-Kunden kaufen werthaltiger
Nächster ArtikelPSA Peugeot Citroen vollzieht Kapitalerhöhung
Frank Mertens
Nach dem Studium hat er in einer Nachrichtenagentur volontiert. Danach war er Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche.

Keine Beiträge vorhanden