CO2-Grenzwerte: Altmaier verteidigt Blockadehaltung

Treffen der EU-Umweltminister

CO2-Grenzwerte: Altmaier verteidigt Blockadehaltung
Bundesumweltminister Peter Altmaier. © AG/Mertens

Deutschland bremst strengere CO2-Grenzwerte aus. Bundesumweltminister Altmaier sieht darin jedoch kein Problem. Kritik kommt von den Grünen und der FDP.

Im Streit um CO2-Grenzwerte für Autos ab 2020 wollen die EU-Staaten in den nächsten Wochen einen Kompromiss mit dem Parlament finden. Darauf haben sich die Umweltminister bei ihrem Treffen am Montag in Luxemburg geeinigt. "Zusammen mit der (EU-)Kommission wird der Rat vorfühlen, um zu sehen, welche begrenzten Flexibilitäten noch möglich sind", sagte der litauische Minister Valentinas Mazuronis. Sein Land hat den Vorsitz der EU-Staaten. Es gab zwar eine Grundsatzeinigung im Juni.

Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) hat das Bremsen der Deutschen in den Verhandlungen um striktere CO2-Grenzwerte für Autos verteidigt. "Ich bin fest davon überzeugt, dass es den Schweiß der Edlen wert ist, die Interessen des Umwelt- und des Klimaschutzes in einer verträglichen Weise mit denen des Erhalts von Arbeitsplätzen unter einen Hut zu bringen", sagte er am Montag am Rande des Treffens. Deutschland spiele eine "Vorreiterrolle beim Umweltschutz in Europa". Der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer fürchtete Rückschläge für Elektroautos. Auch von Politikern anderer Parteien hagelte es Kritik.

Einigung womöglich erst nach Europawahl

Mögliche Verzögerungen sah Altmaier gelassen. "Es geht nicht darum, ob wir einige Tage früher oder später abstimmen", sagte er. Eine Einigung könne innerhalb "der nächsten Wochen" erzielt werden. Ursprünglich war das bereits für diesen Montag anvisiert. EU-Diplomaten hatten vor dem Treffen erklärt, falls innerhalb der nächsten vier Wochen kein Kompromiss gefunden werde, könne eine Einigung erst nach den Europawahlen im kommenden Jahr erzielt werden.

Die Bundesregierung will einen europäischen Kompromiss für neue Auto-Grenzwerte beim Treibhausgas Kohlendioxid (CO2) nach 2020 aufweichen. Schwedens Umweltministerin Lena Ek nannte das Verhalten Deutschlands "gefährlich". Es drohten lange Verzögerungen in der Gesetzgebung.

Neuer Vorschlag der Bundesregierung

Im Sommer hatten sich Unterhändler von Europaparlament, EU-Staaten und EU-Kommission auf einen Kompromiss für CO2-Grenzwerte nach dem Jahr 2020 verständigt - dieser hatte auch Produktionsanreize für Elektroautos vorgesehen. Deutschland wollte die Einigung danach jedoch noch nicht absegnen und drängte auf mehr Zeit zur Prüfung. Ende September legte die Bundesregierung einen neuen Vorschlag auf den Tisch, nach dem die Hersteller den Zielwert erst 2024 für ihre gesamte Flotte erreichen müssten.

Autoexperte Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen kritisierte den deutschen Vorschlag: Eine Aufweichung der Vorgaben berge das Risiko, "dass die Elektromobilität in Europa abstirbt", schreibt Dudenhöffer in einer aktuellen Analyse. Den Berechnungen zufolge würden "von 2020 bis 2023 in der EU damit zwischen 900.000 und 1,2 Millionen Elektroautos und Plug-In Hybride weniger verkauft werden." Plug-In Hybride sind Autos mit Verbrennungsmotor, haben aber auch eine Batterie, die über die Steckdose aufgeladen werden kann.
Im Europaparlament stieß das Verhalten der Bundesregierung auf Kritik. Neben der Co-Vorsitzenden der Grünen im Europaparlament, Rebecca Harms äußerte sich vor dem Treffen selbst der wirtschaftsnahe FDP-Abgeordnete Holger Krahmer kritisch: "Solche Kuhhandel stellen Sinn und Glaubwürdigkeit der EU-Institutionen infrage", sagte er.

Der Vize-Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Ulrich Kelber, bezeichnete die deutsche Haltung als "ökonomisch unsinnig, ökologisch verheerend und politisch unhaltbar". Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die sich in der Vergangenheit ebenfalls einschaltet hatte, vergebe zudem die Chance, dass Deutschlands Automobilindustrie auch beim Thema Energieeffizienz führend werde.

Für Daimler-Chef Dieter Zetsche ist bei den angepeilten CO2-Regeln für Autos die Schmerzgrenze erreicht. "Wenn wir von den Emissionen ausgehen, sind wir sicherlich, wenn wir auf 2020 blicken, an der absoluten Grenze zwischen richtiger und notwendiger Forderung der Industrie und Überforderung", sagte Zetsche bei einer Diskussionsrunde am Montag in Stuttgart. Vielmehr müsse man zu "einer vernünftigen Symbiose von Wirtschaftlichkeit und Umweltzielen kommen", forderte der Konzernlenker. "Wir müssen weggehen von dieser Grenzwertbetrachtung." Alternativ könne etwa CO2-Handel - also der Handel mit Verschmutzungsrechten - eine Möglichkeit sein.(dpa)

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Frank Mertens
Nach dem Studium hat er in einer Nachrichtenagentur volontiert. Danach war er Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche.

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