Aktives Gurtschloss von ZF: Mehr als ein Komfortfeature

Aktives Gurtschloss von ZF: Mehr als ein Komfortfeature
Das aktive Gurtschloss erleichtert das Anschnallen, vor allem auch mit Kindersitz. © ZF

Das aktive Gurtschloss von ZF ist nicht neu. Gehört hat dennoch kaum jemand davon. Ein Grund könnte sein, dass es dieses sinnvolle Sicherheits- und Komfortdetail bislang nur in einem Automobil gibt.

ZF ist Mutter und Vater des aktiven Gurtschlosses zugleich. Geboren wurde das Baby bereits vor rund sechs Jahren. Die Vordenker vom Bodensee, die ihre technischen Entwicklungen nicht nur in Friedrichshafen kreieren und zur Marktreife entwickeln, sind Innovationstreiber für die Automobilbranche.

Das aktuell vielleicht bekannteste ZF-Produkt ist das Achtgang-Automatikgetriebe. Es kommt gleich bei mehreren Automobilherstellern zum Einsatz, die sich damit Eigenentwicklungen aus gutem Grund sparen. ZF ist auch Vorreiter beim Thema Sicherheits- und Assistenzsysteme – was wiederum viele gar nicht wissen. Gerade erst hat ZF einen gewichtsoptimierten Knie-Airbag vorgestellt, der im kommenden Jahr bei einem europäischen Autobauer zum Einsatz kommen wird.

Aktives Gurtschloss fährt nach oben

Aktiver Gurtschlossbringer. Foto. ZF
So sieht der aktive Gurtschlossbringer von ZF unverbaut aus. Foto: ZF

Oft sind es die vermeintlich kleinen Dinge, die Sicherheit und Komfort erhöhen; wie der Active Buckle Lifter. So wurde das aktive Gurtschloss von ZF getauft. Dabei bewegt ein Elektromotor das Gurtschloss vertikal nach oben und nach unten. Beim Öffnen der Tür fährt das bekannte schwarze Schloss mit der roten Entsperrtaste aus dem Sitzkissen zirka sieben Zentimeter nach oben.

Der Insasse ergreift das Gurtschloss genau an der Stelle, an der es vermutet wird. Das ermöglicht zum einen leichtes Anschnallen, ohne sich dabei zu verrenken oder die Fingernägel abzubrechen. Zum anderen vereinfacht es die Fixierung von Kindersitzen oder Sitzerhöhungen, da es gut von außen zu ertasten ist. Eine dezente Illuminierung sorgt dafür, das Schloss auch im Dunkeln zu sehen.

Sicherheitsgurt wird straff gezogen

Ist die Gurtzunge in das Schloss eingerastet, zieht das System sich vornehm in die nicht störende Ausgangsposition zurück. Nicht jedoch, ohne dabei den Gurt zu straffen. Das ist ein Vorgang, den zwar jeder Insasse nach dem Anschnallen selbst durchführen sollte, aber kaum jemand macht. Denn die so genannte Gurtlose, also der Platz zwischen Gurt und Körper, der gerade im Winter mit Jacken oder dicken Pullovern einige Zentimeter beträgt, wird dadurch minimiert und die Sicherheit maximiert. Denn mehr Bewegungsfreiraum im Gurt bedeutet auch mehr „Spielraum“ bei einem Unfall.

Aber nicht nur das Anschnallen selbst und das Nachstraffen übernimmt der Active Buckle Lifter von ZF. Von Pre-Safe-Systemen kennt man, dass sich Fenster in kritischen Situationen schließen oder das kurze Am-Gurt-Zubbeln, um auf eine eventuell drohende Gefahrensituation hinzuweisen, sowie das Straffen des Gurtes mittels aktivem Gurtaufroller (der ist in der B-Säule) bei starker Verzögerung.

Das aktive Gurtschloss zieht sich in diesen Situationen zusätzlich nochmals etwa 40 Millimeter tiefer als normal zurück und intensiviert damit die Verbindung zwischen Insassen, Gurt und Sitz. Arbeiten beispielsweise der aktive Gurtaufroller und das aktive Gurtschloss zusammen, kann laut ZF eine Vorverlagerung des Kopfes im Vergleich zum Standard-Sicherheitsgurt um rund 50 Prozent minimiert werden. Bedeutet, weniger Belastung für den Körper und im Falle des Falles trifft der Airbag dort, wo er treffen soll.

Insassen werden stabilisiert

Das aktive Gurtschloss in der S-Klasse. Foto: Daimler
Das aktive Gurtschloss von ZF setzt Mercedes im Fond der S-Klasse ein. Foto; Daimler

Auch bei flotter Kurvenfahrt oder Ausweichmanövern kann das aktive Gurtschloss unterstützen. Denn durch den strammen Zug am Gurt stabilisiert es die Insassen – auf allen Plätzen – sauber im Sitz. Die Personen haben mehr Rückenunterstützung und müssen sich selbst weniger gegen die Fliehkräfte absichern. Technisch ist es sogar möglich, bereits vor der Kurve oder einem abrupten Bremsmanöver das System zu straffen. Mittels Analyse von GPS-, Kamera- und Fahrzeugdaten kann errechnet werden, ob die vorausliegende Strecke scharfes Bremsen oder Lenken nötig macht.

Hinzu kommt ein idealer Gurtverlauf am Becken, was wiederum bei einem Crash ein geringeres Verletzungsrisiko hervorruft. Apropos Unfall:  Das aktive Gurtschloss entspannt nach einem Crash und fährt um den definierten Bereich wieder raus, um das Abschnallen schneller und einfacher zu machen.

Bislang ist das System ausschließlich in der S-Klasse nach Mercedes-Spezifikation integriert. Und dort lediglich im Fond. Auf den Vordersitzen erfolgt die Gurtstraffung durch den erwähnten Aufrollstraffer. Mercedes sagt, dass die Entwicklung des aktiven Gurtschlosses vor allem auf die asiatischen Märkte abzielte. Dort sind rund 30 Prozent der S-Klasse-Fonds bei Fahrten besetzt. Aufgrund des Platzangebotes sitzen die Passagiere jedoch nicht immer exakt an der Stelle, wo es aus Sicherheitsgründen ideal wäre. Auch hier hilft der Active Buckle Lifter, um die Menschen sanft in eine bessere Sitzhaltung zu verführen.

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Michael Blumenstein
KFZ-Mechaniker, Automobilkaufmann, Redakteur, Pressesprecher und wieder Redakteur. Immer mit viel Motorliebe. Auf zwei Rädern unterwegs seitdem er laufen kann. 50 Länder be- und durchreist, die meisten mit Verbrenner unterm Hintern. Dem E-Hype kann er nicht immer folgen, ist aber bereits Tausende E-Kilometer gefahren und genießt dabei stets die Ruhe und Entschleunigung. Und bekommt bei jedem Strom-Tankstopp zu viel schlechten Kaffee ab.

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