Wer wird neuer VW-Chef?

Nach Rücktritt von Winterkorn

Wer wird neuer VW-Chef?
Matthias Müller, Andreas Renschler und Herbert Diess (v.l.). © dpa

Am Freitag wird der Aufsichtsrat einen Nachfolger für den zurückgetretenen VW-Chef Martin Winterkorn präsentieren. Neben dem favorisierten Porsche-Chef Matthias Müller können sich auch andere Kandidaten Hoffnungen machen

Nach dem Rücktritt von VW-Chef Martin Winterkorn in Folge des Skandals um manipulierte Abgas-Werte bei Dieselfahrzeugen wird der Aufsichtsrat des Konzerns am Freitag einen Nachfolger bestimmen. Wie das fünfköpfige Präsidium des Kontrollgremiums am Mittwochabend mitteilte, werde man bis dahin "Vorschläge zu personellen Neubesetzungen" vorlegen.

Porsche-Chef Müller hoher Favorit

Bereits seit dem Machtkampf zwischen dem einstigen VW-Patriarchen Ferdinand Piech und dem nun zurückgetretenem Martin Winterkorn gilt Matthias Müller als Topkandidat für den Chefsessel in Wolfsburg. Der Porsche-Chef begann seine Laufbahn bei Audi mit der Ausbildung zum Werkzeugmacher. Nach einem Informatikstudium in München kehrte der gebürtige Chemnitzer, der mit seinen Eltern aus der DDR geflohen war, nach Ingolstadt in den EDV-Bereich zurück und stieg später zum Leiter des Produktmanagements auf.

VW-Chef Matthias Müller steht vor keiner leichten Zeit.
Porsche-Chef Matthias Müller dpa

Dort kreuzten sich dann auch die Wege mit dem damaligen Audi-Mann Winterkorn, der 2002 zum Chef aufstieg. Als Winterkorn 2007 der Ruf nach Wolfsburg ereilte, nahm er Müller mit. Nach dem Machtkampf mit Porsche installierte Winterkorn Müller als Porsche-Chef.

Müller selbst bezeichnet sich als Teamplayer und führte das „beinahe familiäre Unternehmen mit 20.000 Mitarbeitern“ von Rekordjahr zu Rekordjahr. Verwirrung stiftete der Automanager mit widersprüchlichen Aussagen in diesem Jahr. Zunächst fühlte sich der 62-Jährige zu alt für den Chefposten bei VW, später schloss er einen Aufstieg nicht aus.

Rupert Stadler schon einmal Winterkorn-Nachfolger

Audi-Chef Rupert Stadler
Audi-Chef Rupert Stadler dpa

Zehn Jahre jünger ist Rupert Stadler. Der Audi-Chef gehört wie Müller dem VW-Konzern schon lange Jahre an. 1990 kam der Controller nach Ingolstadt und übernahm 2007 die Nachfolge Winterkorns auf dem Audi-Chefsessel. Auch unter Stadler eilte der Premium-Hersteller von Rekord zu Rekord und ist die profitabelste Marke im Konzern.

Allerdings ist Stadler kein Ingenieur, was bislang als Voraussetzung für den Chefposten in Wolfsburg galt. Entsprechend gilt er nicht als Topkandidat auf die Nachfolge Winterkorns. Zudem wurde Stadler schon vor Winterkorns Rücktritt als neuer VW-Finanzchef gehandelt, da der bisherige Amtsinhaber Hans Dieter Pötsch als Nachfolger für den Aufsichtsratsvorsitz bei Europas größtem Autobauer gehandelt wird.

VW-Markenchef Diess gilt als Außenseiter

VW-Markenvorstand Herbert Diess
VW-Markenchef Herbert Diess dpa

Mit Außenseiterchancen gehen Herbert Diess und Andreas Rentschler ins Rennen. Beide haben mit dem Nachteil zu leben, dem Unternehmen erst seit kurzem anzugehören. Diess, Ingenieur der Fahrzeugtechnik und Maschinenbau, galt bei BMW auch als möglicher Nachfolgekandidat von BMW-Chef Norbert Reithofer. Doch der Aufsichtsrat entschied sich für Harald Krüger.

Der 56-jährige ist erst seit Juli VW-Markenchef. Damit fehlt ihm der Stallgeruch und wie Rentschler die Hausmacht in Wolfsburg, um als ernstzunehmender Winterkorn-Nachfolger in Betracht zu kommen. Allerdings erwies sich Diess bereits zu seiner Zeit als Einkaufsvorstand bei BMW als knallharter Kostendrücker und war entsprechend bei den Zulieferern gefürchtet.

Renschler fehlt Anforderungsprofil

Andreas Renschler, Chef von VW Nutzfahrzeuge
Andreas Renschler, Chef von VW Nutzfahrzeuge dpa

Ein knappes halbes Jahr länger bei VW als Diess ist Andreas Renschler. Der Chef der Nutzfahrzeugsparte wurde im letzten Jahr von Daimler abgeworben und galt dort als einer der potenziellen Erben des damals angezählten Chefs Dieter Zetsche. Die kurze Zeit, die Renschler bei VW ist, trägt sicher nicht dazu, in den Favoritenkreis aufzusteigen. Zudem ist der 57-Jährige im Gegensatz zu Diess kein Ingenieur, sondern Betriebswirt.

Vahland mit Außenseiterchancen

Winfried Vahland verlässt VW.
Skoda-Chef Winfried Vahland AG/Flehmer

Nach dem Machtkampf zwischen Winterkorn und Piech galt Winfried Vahland neben Matthias Müller als Top-Kandidat auf eine mögliche Winterkorn-Nachfolge. Der 57 Jahre alte Wirtschaftsingenieur konnte bereits als China-Chef von VW glänzen und hat die Marke Skoda in zuvor ungeahnte Sphären geführt. Im Gegensatz zum Frühjahr besitzt Vahland derzeit wohl nur Außenseiterchancen, um am Freitag vom Aufsichtsrat auf den Volkswagen-Chefsessel gehoben zu werden.

Es bleibt also spannend, wer am Freitag das Rennen um die Chefsessel bei VW machen wird. Vielleicht zeigt sich der Aufsichtsrat von VW aber Visionär und läutet auch mit seiner Entscheidung gleich einen Generationswechsel an der Spitze von Europas größtem Autobauer ein. Denn Topfavorit Müller gilt mit seinen 62-Jahren nur als Kandidat des Übergangs. Ein Mann wie Rupert Stadler, der Audi zum erfolgreichen Premiumhersteller gemacht hat, ist zwar als Betriebswirt ein Mann der Zahlen, aber hat sich mittlerweile zum Car Guy entwickelt - und als Kronprinz wird er schon lange gehandelt.

BMW hat vorgemacht, wie ein Generationswechsel auszusehen hat, als man geräuschlos den 49-jährigen Harald Krüger zum Vorstandschef der Münchner machte. Und auch Krüger wird nicht länger als elf Jahre an der Spitze der Münchner stehen, da laut den BMW-Regularien kein Chef älter als 60 Jahre alt sein darf. Ein Rücktritt Winterkorns wäre beim Premium-Mitbewerber also ebenso ausgeschlossen gewesen wie nun eine mögliche Nachfolge des Topfavoriten Müller. (AG/TF/FM)

Vorheriger ArtikelSammelklagen in den USA gegen VW
Nächster ArtikelDaimler: Wir halten uns an gesetzliche Vorgaben
Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

Keine Beiträge vorhanden