30 Jahre VW Santana: Aufstieg in die H-Liga

Oberhalb des Passats angesiedelt

30 Jahre VW Santana: Aufstieg in die H-Liga
Dem VW Santana war in Deutschland keine große Zukunft beschieden © VW

VW feiert den 30. Geburtstag des Santana. Während die Stufenhecklimousine in Deutschland keine große Anhängerschar fand und die Produktion bald eingestellt wurde, ist er besonders in China sehr beliebt.

Und wieder einer mehr im Kreis der in Ehren ergrauten automobilen Gentlemen: Der VW Santana ist jetzt 30 Jahre alt und somit ein legitimer Anwärter auf das H-Kennzeichen, der zum Nummernschild gewordene Ausweis für automobiles Kulturgut.

Steilheck und Kombi beliebter

Einen solchen Vertreter der Wolfsburger Stufenhecklimousine zu finden, ist heute relativ schwierig - zumindest im deutschen Straßenbild. Denn der oberhalb des Mittelklässlers Passats angesiedelte, 4,54 Meter lange Santana war hierzulande alles andere als ein Verkaufsschlager, nicht zuletzt wegen der optischen großen Nähe zum intern "B2" genannten Passat. Von diesem unterscheidet er sich in der Frontansicht nur durch einen anderen Kühlergrill und weiße Blinkergläser, die neben den Scheinwerfern statt wie beim Passat in der Stoßstange platziert sind, und durch die üppige Chromeinfassung der Fenster.

Um ihn vom Wolfsburger Mittelklassemobil abzugrenzen, wurde der Santana zum deutschen Marktstart bewusst nur in den gehobenen Ausstattungsvarianten "CL" und "GL" angeboten. Eine Rechnung, die zumindest im Deutschland der frühen 80er Jahre nicht wirklich aufging. Das Käuferklientel, dem der Passat mit Schrägheck oder als Kombiversion "Variant" nicht repräsentativ genug war, griff nicht zuletzt aus Imagegründen lieber zu den als "Komfortlimousinen" beworbenen Audi-Modellen 80 oder 100. Überhaupt war die Zeit der großen Stufenhecklimousinen der Mitteklasse fast abgelaufen. Hand- und Heimwerker hatten gerade den Kombi für sich entdeckt und das Steilheck hat dank B-Kadett, Renault 16 und Co. aus der Kompaktklasse heraus seinen Siegeszug angetreten.

Weltweites Erfolgsmodell

In anderen Ländern wird der VW Santana zum Teil heute noch gebaut VW

Folglich wurde die Produktion in Emden im Dezember 1987 wieder eingestellt. Weltweit wurde der Santana jedoch nicht zuletzt dank seines üppig bemessenen und separat abschließbaren Kofferraums zu einem echten Erfolgsmodell, das zeitweise unter anderem in Brasilien, China, Belgien, Mexiko, Japan und Südafrika gebaut beziehungsweise montiert wurde und zum Teil noch heute wird.

Frisch wie sein Namensgeber, die kalifornischen Santa-Ana-Winde, war für damalige Verhältnisse auch die Antriebspalette. Sie umfasste Vier- und Fünfzylinder-Benziner, die ein Leistungsspektrum von 44 kW/55 PS bis 85 kW/115 PS abdeckten. Als Selbstzünder standen ein Saugdiesel mit 40 kW/54 PS und ein 51 kW/70 PS-Turbodiesel zur Wahl. In den später nachgelegten Formel E-Modellen gab es sogar den frühen Vorläufer der Start-und-Stopp-Automatik. Diese erlaubte es dem Fahrer, etwa beim Ampelhalt den Motor per Knopfdruck abzuschalten.

3,6 Millionen Modelle in China

Aber 30 Jahre ist nicht das Ende allen (Modell-)Lebens. Das zeigt das Beispiel China, wo der Wolfsburger das erste in Lizenz gebaute deutsche Auto war. Auch aus Sorge vor zu viel Technologie-Transfer wurde es lange in seiner ursprünglichen Form gebaut.

Im Reich der Mitte finden sowohl der Ur-Santana als auch die Luxus-Langversion "Vista" nach wie vor reißenden Absatz. Vor allem unter Taxifahrern erfreuen sie sich großer Beliebtheit. Im Joint Venture mit SAIC sind dort bis heute insgesamt 3,6 Millionen Santanas vom Band gelaufen. Nicht schlecht für ein Auto, das hierzulande spätestens seit Zuerkennung des H-Kennzeichens ein Fall für die automobile Altersteilzeit ist. (mid)

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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