Ferdinand Piech: Der Patriarch wird 75

Geburtstag am Dienstag

Ferdinand Piech: Der Patriarch wird 75
VW-Patriarch Ferdindand Piech. © dpa

Ferdinand Piëch ist ein Autonarr. Seine Ziele hat der Aufsichtsratschef von VW nach und nach umgesetzt. Der VW-Konzern hat in weiten Teilen bereits die Gestalt, die er sich erträumt hat. An diesem Dienstag feiert wird er 75.

Sein Lebenswerk ist fast vollendet. Der riesige VW-Konzern hat heute in weiten Teilen die Gestalt, die sich Ferdinand Piëch erträumt hat. Zum 75. Geburtstag fehlt dem Aufsichtsratschef allerdings noch ein wichtiger Mosaikstein: der Einbau der Sportwagenschmiede Porsche.

Er ist ein Besessener. Schon als Vorstandschef von Audi und später der Mutter Volkswagen machte Ferdinand Piëch keinen Hehl aus seinen hochfliegenden Zielen. Der mächtige Autoboss wollte eines Tages einen Konzern lenken, der vom Minimobil über die Luxuskarosse bis zum Schwerlaster beinahe alles baut, was Räder hat.

Porsche ist noch unter dem VW-Dach zu integrieren

Zum 75. Geburtstag an diesem Dienstag (17. April) kann der heutige Aufsichtsratsvorsitzende Skeptiker Lügen strafen, die ihm allzu ambitionierte Visionen attestiert hatten. Doch Piëch wäre nicht Piëch, wenn er nicht weiter beharrlich an seinem vielleicht letzten großen Projekt arbeitete: Der schillernde Spross des Porsche-Clans will die Sportwagenschmiede ungeachtet juristischer Streitigkeiten vollständig unter das Dach des größten europäischen Autobauers holen.

Über den gelernten Maschinenbau-Ingenieur und Enkel des legendären Käfer-Konstrukteurs Ferdinand Porsche hört man oft, er habe «Benzin im Blut». Die Leidenschaft des Autonarren und Technikfreaks erschöpfte sich indes nicht nur in Fantasien. Piëch bewies immer wieder Stehvermögen, konnte seine Ideen trotz Gegenwinds langfristig durchboxen und den Spieß gegenüber Gegnern und Kritikern umdrehen.

Bei der jahrelang geplanten und dann im Herbst 2011 genehmigten Mehrheitsübernahme des Münchner Lastwagenbauers MAN sahen Beobachter das taktisch gewiefte Schlitzohr Piëch ebenso als Strippenzieher am Werk wie in der Übernahmeschlacht mit Porsche 2008/2009. Einen späten Dämpfer musste er hinnehmen, als das Oberlandesgericht Stuttgart im Februar entschied, er habe damals seine Pflichten als Aufsichtsrat der Porsche-Dachgesellschaft Porsche SE verletzt.

Audi zum Innovationstreiber gemacht

Piëch hat viele Gesichter und spielt viele Rollen. Der in der Öffentlichkeit meist eher wortkarge Firmenpatriarch startete 1963 als Ingenieur bei Porsche. 1972 wechselte er zu Audi und arbeitete sich zum Technikvorstand hoch, 1988 wurde er Chef der Ingolstädter Tochter. Deren Aufstieg zum Oberklasse-Anbieter und Innovationstreiber im VW-Konzern ist ohne Piëchs Beteiligung kaum vorstellbar. Er schob den Fünf-Zylinder-Ottomotor und neue Leichtbauverfahren an. Entwicklungen wie das Ein-Liter-Auto und der Super-Sportwagen Veyron der Nobelmarke Bugatti werden häufig in einem Atemzug mit seinem Namen genannt.

Wenn es darum ging, Rivalen aus dem Sattel zu heben, zeigte sich der gebürtige Wiener wenig zimperlich. Den unliebsamen Konzernchef und Ex-BMW-Mann Bernd Pischetsrieder drängte Piëch Ende 2006 aus dem Amt, um den Vertrauten Martin Winterkorn an dessen Stelle zu setzen. Die beiden verbindet nicht nur die Tatsache, dass sie lange Jahre bei Audi - einer wichtigen Talentschmiede für Top-Manager im Konzern - verbrachten. Ihre Bande sind so stark, dass Winterkorn auch als heißer Kandidat für Piëchs Nachfolge an der Aufsichtsratsspitze gilt.

Piëch war nach seiner Zeit an der Vorstandsspitze bei Volkswagen 2002 Chefaufseher geworden. 1993 hatte er VW inmitten einer schweren Krise als Vorstandschef übernommen, Massenentlassungen drohten. Dies wendete der von Piëch eingestellte Personalvorstand Peter Hartz zusammen mit Betriebsrat und Gewerkschaft ab - unter anderem durch die Einführung der Vier-Tage-Woche, die erst Ende 2006 wieder gekippt wurde. Zudem gelang es Piëch mit Hilfe des umstrittenen «Kostenkillers» Jose Ignacio Lopez, VW wieder auf Kurs zu bringen.

Ein Ziel: Autos bauen

Heute ist Piëch weiterhin die entscheidende Figur bei VW, gegen den Porsche-Enkel läuft nichts im Konzern. Es gab und gibt jedoch auch Kritik an seinem Machtanspruch. Weil Piëch auch Miteigentümer von Porsche ist, monierte Niedersachsens früherer Ministerpräsident Christian Wulff mögliche Interessenkonflikte. Seine Doppelfunktion als ranghöchster Aufseher sowohl bei Volkswagen als auch bei MAN löste Bedenken bei Kleinaktionären aus; in der EU-Kommission gab es Stirnrunzeln ob seines Versuchs, gleich drei weitere VW-Vorstände als MAN-Kontrolleure zu installieren.

Auch seine Luxusauto-Strategie mit milliardenteuren und prestigeträchtigen Zukäufen wie Bentley, Bugatti und der Planung der Limousine Phaeton stieß nicht nur auf Zustimmung. Den Jubilar ficht all das aber offenbar wenig an. Denn die Bedeutung des Kleinwagengeschäfts und günstigerer Massenmodelle etwa bei Škoda ließ er ebenso wenig außer Acht. Am Ende ging es Piëch - unabhängig von Klasse, Preis und Markenimage - wohl vor allem um das, was er allgemein als sein wichtigstes Hobby bezeichnete: «Autos bauen.» (dpa)

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Frank Mertens
Nach dem Studium hat er in einer Nachrichtenagentur volontiert. Danach war er Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche.

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