VW verteidigt «Außerirdischen» Piech

Kritik von Lammert

VW verteidigt «Außerirdischen» Piech
Ferdinand Piech legte seine Ämter nieder. © dpa

Der VW-Konzern hat Ferdinand Piëch in Schutz genommen. Damit reagiert Europas größter Autobauer auf die Kritik von Bundestagspräsident Lammert. Der hatte den Aufsichtsratsvorsitzenden der Wolfsburger indirekt als «Außerirdischen»bezeichnet.

Macht Ferdinand Piëch einfach, was er will? Der mächtige VW-Patriarch eckt mit seinem eigenwilligen Führungsstil häufiger an. Die jüngste Kritik an dem mittlerweile 75-Jährigen von Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) will Europas größter Autobauer jedoch nicht auf sich sitzen lassen.

Lammert höchstpersönlich - der nach Bundespräsident Joachim Gauck formal zweithöchste Mann im Staat - hatte Piëch nach Medienberichten bei einer Veranstaltung in Berlin indirekt als «Außerirdischen» bezeichnet, der sich über die firmeninternen Richtlinien für gute Unternehmensführung hinwegsetze. Die Wolfsburger beeilten sich am Freitag, den Aufsichtsrats- und Ex-Vorstandschef in Schutz zu nehmen.

VW-Kommunikationschef: Erst informieren, dann reden

Volkswagen hält die Verbalschelte für maßlos überzogen - und konterte mit ungewöhnlich harschen Worten. «Das Einzige, was außerirdisch ist, sind die absolut mangelhaften Sachkenntnisse von Herrn Lammert», sagte Kommunikationschef Stephan Grühsem der Nachrichtenagentur dpa. «Erst informieren, dann reden. Diese Reihenfolge scheint in der Politik nicht mehr zu gelten.»

Der Autoriese verweist auf eigene Selbstverpflichtungen. Damit meine es das Unternehmen sehr ernst, heißt es. Die Regelungen haben allerdings keinen rechtsverbindlichen Charakter. Es handelt sich um Empfehlungen wie in anderen Konzernen, die sich Leitlinien zur sogenannten Corporate Governance geben

Lammert, der sich oft in gesellschaftliche Debatten einschaltet, hatte bei einem Treffen der Deutschen Corporate-Governance-Kommission auf das Alter des inzwischen 75-jährigen Piëch angespielt. . Die Kommission will mit «weichen» Regeln für Transparenz in der Wirtschaft sorgen. Unbeeindruckt davon aber hatten die VW-Aktionäre den schillernden Autokönig Piëch, der bei zentralen Entscheidungen die Strippen zieht, im April auf der Hauptversammlung für weitere fünf Jahre in den Aufsichtsrat gewählt.

Piëch ist nach wie der wichtigste Mann im VW-Konzern. Zu den Markenzeichen des 75-Jährigen, der wichtige Grundlagen für den heutigen Weltkonzern VW schuf, gehören einsame Personalentscheidungen. Außerdem galt er vor allem während seiner Zeit als Vorstandschef als wenig zimperlich, Top-Manager zu feuern.

Lammert mischt sich gern ein

Lammert wiederum ist bekannt dafür, sich gern in gesellschaftliche Debatten einzuschalten. Der Bundestagspräsident zeigte sich auch erstaunt über die Wahl von Piëchs Ehefrau Ursula in das Kontrollgremium.

Kann der Aufsichtsrat eine neutrale Instanz sein, wenn sich der Einfluss einer Familie - neben den Porsches haben bei VW besonders die Piëchs das Sagen - immer mehr ausbreitet? Einige Anlegerschützer nahmen ihre Zweifel beim Aktionärstreffen zum Anlass, um mit den Machtstrukturen und dem Ignorieren der Altersfrage hart ins Gericht zu gehen.

In Wolfsburg werden derlei Einwände weniger dramatisch gesehen. Konzernintern gelten sowohl Piëch als auch dessen Nachfolger an der Vorstandsspitze, Martin Winterkorn (65), als Erfolgsgaranten. Ganz unabhängig vom Alter möchte man auf ihre Erfahrung nicht verzichten. Lammert stört sich indes auch an anderen Usancen deutscher Großbetriebe - vor allem die umstrittenen Millionengehälter für Top-Manager sieht er skeptisch. Die rund 17,5 Millionen Euro, die Winterkorn für das Jahr 2011 einstrich, hatten die Diskussion über die fürstliche Vergütung von Spitzenkräften neu entfacht. Bei der Bedeutung einer ethisch einwandfreien Führungskultur legen die Wolfsburger die rhetorische Latte in ihren Richtlinien immerhin ziemlich hoch: «Jeder Vorgesetzte ist Vorbild und hat sein Handeln im besonderen Maße an den Verhaltensgrundsätzen auszurichten.» (dpa)

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