Lancia und Co. sagen Servus

Abschied vom deutschen Automarkt

Lancia und Co. sagen Servus
Lancia beschränkt sich auf den Heimatmarkt. © Lancia

Auch 2015 nehmen manche Modelle und gar Marken Abschied vom deutschen Automarkt. Manche haben das Rentenalter schon lange, andere das Grundschulalter erst gar nicht erreicht.

Neue Fahrzeugmodelle kommen, andere nehmen Abschied vom deutschen Automarkt: Diesen Kreislauf gibt es jedes Jahr, natürlich auch 2015. So sagte uns die Marke Lancia Servus, allerdings so leise, dass es kaum jemanden aufgefallen sein dürfte. Falls man überhaupt wusste, dass die Italiener noch lebten. Den schönen und edlen Formen hatte man ja schon länger abgeschworen, das Recycling amerikanischer Blechkarossen wie Chrysler Voyager führte auch zu keiner Wiederbelebung, stattdessen zum beschleunigten Abgesang. Folgerichtig gab es zum Schluss nur noch den Kleinwagen Ypsilon zu kaufen. So oder so, zum Jahresende beenden die Italiener ihr Engagement in Deutschland und beschränken sich auf ihren Heimatmarkt - allerdings nur mit dem Ypsilon.

Mini verkleinert das Angebot

Apropos kleine Autos: Nachdem Subaru schon seit vergangenem Jahr den Trezia nicht mehr verkauft, kam dieses Jahr auch das Aus fürs Schwestermodell Toyota Verso-S. Zu teuer, formal nicht überzeugend: Es gibt eben deutlich schickere und günstigere Kleinwagen; die Interessenten wissen das. Vielleicht spricht es sich auch irgendwann bei den japanischen Verantwortlichen und Designern rum.

Auch bei Mini wurde aufgeräumt und aussortiert. Die neue, seit Ende 2014 erhältliche Generation des trendigen Kultwagens ist zwar größer und geräumiger geworden, dafür schrumpft das Modellangebot. Mini Coupé und Mini Roadster flogen aus dem Programm. Zum Trost für alle Frischluftfans: Die Cabrio-Variante wird nicht eingestellt, vielmehr 2016 neu aufgelegt.

Klappdach-Cabrios aus der Mode

So viel Glück hatten die Oben-Ohne-Begeisterten nicht überall. In diesem Jahr traf es markenübergreifend Stahlklappdach-Varianten. Sei es, dass die Kosten für diese Konstruktionen zu hoch waren, sei es, dass die Heckansichten aufgrund des Platzbedarfs für die aufwendige Technik einfach zu pummelig wirkten. Auf jeden Fall ist der Hype um diese Art Cabrios längst vorbei.

Und so stellte VW den Eos ein und Renault das Mégane Coupé-Cabrio. Peugeot nahm mit dem 308 CC sein letztes CC-Fahrzeug aus dem Programm. Dass auch Nissans Nobeltochter Infiniti nicht nur das Q60 Coupé, sondern auch das Cabrio eingestellt hat, dürfte allerdings nur wenigen aufgefallen sein.

Hyundai setzt auf Kombi

Der Hyundai i40 CW passt in den deutschen Mittelklasse-Mainstream.
Den Hyundai i40 gibt es nur noch als Kombi Hyundai

Mangelndes Kundeninteresse bedeutete auch das Aus für einige Mittelklasse-Limousinen. Die nicht heimischen Anbieter tun sich in Deutschland bekanntlich schwer, die Kunden in dieser schon ziemlich prestigeträchtigen Liga von den Vorzügen ihrer Modelle zu überzeugen. Und nicht immer gelingt dies in zufriedenstellender Weise.

Suzuki beendete daher den Versuch, mit dem Kizashi zu zeigen, dass man mehr als Kleinwagen und Allradler kann. Hyundai konzentriert sich jetzt nur noch auf die Kombiversion des i40, die Limousine wird nicht mehr angeboten. Honda geht noch einen Schritt weiter und bietet den Accord bei uns gar nicht mehr an. Genauso handhabt es Renault auch mit dem Laguna. Hier gibt es aber immerhin mit dem Talisman einen echten Nachfolger.

Kooperation zwischen Opel und PSA Peugeot Citroen

Der Opel Antara erhält keinen direkten Nachfolger Opel

Trotz seines Nachfolgers, dem SX4 S-Cross, blieb der Suzuki SX4 als preisgünstiges Einstiegsmodell „SX Classic“ zunächst erhältlich. Mittlerweile ist jedoch die Produktion eingestellt. Noch ohne direkten Nachfolger ist das Kompakt-SUV Opel Antara, das als Chevrolet Captiva-Zwilling bis in diesem Sommer in Korea vom Band lief. Fans müssen sich bis nächstes Jahr gedulden, dann soll ein CUV (Crossover Utility Vehicle), das in Zusammenarbeit mit PSA (Peugeot/Citroen) entsteht, vom anhaltenden SUV-Boom profitieren.

Auf diese erfolgreiche Sparte setzen natürlich auch andere Marken, Seat und Skoda zum Beispiel, aber auch Mazda. Das Golf Plus-Derivat Seat Altea, der Hochdachkombi Skoda Roomster und der Van Mazda5 werden nicht mehr offeriert und bleiben ohne direkte Nachfolger. Stattdessen gibt es bei den VW-Konzernmarken jeweils ein SUV auf Basis des neuen Tiguan, mit selbstverständlich schickerem Design als bei den bislang angebotenen sehr alltagstauglichen, wenn auch nicht unbedingt trendigen Fahrzeugen. Mazda-Kunden mit Platzbedarf müssen, sofern sie sich nicht mit dem Mazda6 anfreunden können, schon zum CX-5 greifen.

Land Rover Defender fährt mit 68 in Rente

Zum Schluss sei noch von echten Geländewagen in Rede: Solche, mit denen man durch die Wüsten der Welt fahren kann, für die kein Abhang zu rutschig oder Anstieg zu steil ist. Die aber an den modernen Abgas- und Sicherheitsvorschriften scheitern. So nimmt Toyota den Land Cruiser V8 aus dem europäischen Lieferprogramm. Das Dickschiff mit 4,5-Liter-Achtzylinder schafft die Abgasnorm Euro 6 nicht mehr – oder der Aufwand wäre zu groß.

Ein ähnliches Problem hat auch der Land Rover Defender. Hinzu kommen unüberwindliche Hürden beim Fußgängerschutz. Das Urgestein muss sich also ebenfalls geschlagen geben. Nach 68 Jahren ist jetzt Schluss. Zumindest hat der Defender ein für ein Auto wahrlich biblisches Alter erreicht. (SP-X)

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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