Parken und parken lassen

Bis zum Ende des Jahrzehnts

Parken und parken lassen
VW lässt parken und laden zugleich © dpa

Selbstparkende Autos auf begrenzten Flächen oder in Parkhäusern sind schon längst kein Science-Fiction mehr. An der Technik wird noch gefeilt und auch die rechtlichen Grenzen müssen noch abgesteckt werden.

Kein langes Kreiseln über enge Auffahrten, kein Suchen in finsteren Parkhausgängen, kein Kurbeln in enge Parklücken, kein Ärger über andere Autofahrer, die mit ihrem Fahrzeug mehr als den vorgesehenen Platz einnehmen. Einfach das Auto vor dem Parkhaus abstellen und den Rest von der Technik erledigen lassen.

Ferne Zukunftsmusik? Der Autozulieferer Bosch will solche Dienste noch vor dem Ende dieses Jahrzehnts anbieten. «Ein Konzertbesuch beginnt und endet dann nicht mehr in einem zugigen Parkhaus», malt sich Bosch-Geschäftsführer Dirk Hoheisel die Zukunft aus.

Selbst-Parkhäuser in fünf bis sechs Jahren

Das Unternehmen testet das automatisierte Parken in einem Projekt mit Daimler, bei dem die fürs Carsharing genutzten Smarts des Autoherstellers automatisch eingeparkt werden sollen. Auch an dem Projekt V-Charge mit Volkswagen war Bosch beteiligt. Volkswagen testete dabei in einem internationalen Forschungskonsortium unter Federführung der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH), wie Fahrzeuge nicht nur automatisch parken, sondern E-Autos auch gleich zum ausgewiesenen Ladeplatz im Parkhaus finden.

Thomas Form, Leiter der Elektronik-Konzernforschung bei Volkswagen, rechnet in fünf bis sechs Jahren mit solchen Selbst-Parkhäusern. Die nächste Stufe, so Form, sei das Parken außerhalb von begrenzten Parkplätzen. «Wir stellen uns vor, dass ein Fahrzeug in einem Wohngebiet selbstständig einen Park- oder Ladeplatz sucht und den Besitzer möglicherweise morgens auch wieder abholt.» Doch dafür fehlen bislang nicht nur die rechtlichen Voraussetzungen, auch technisch seien noch viele Fragestellungen zu bearbeiten.

Einparken per Fernsteuerung

Dabei ist jetzt schon Vieles möglich: Die Autohersteller statten ihre Fahrzeuge mit Sensoren und Kameras zum Einparken aus - allen voran die Oberklassehersteller. Daimlers E-Klasse lässt sich genau wie der 7er BMW mit Hilfe einer Fernsteuerung einparken. Auch Audi und der Zulieferer Continental entwickeln entsprechende Systeme.

Voraussetzung ist derzeit immer, dass sich der Fahrer in der Nähe des Fahrzeugs aufhält. «In der Öffentlichkeit ist das Fahren ohne Fahrer noch nicht erlaubt», gibt Alfred Eckert, Leiter der Zukunftsentwicklung bei Continental, zu bedenken.

«Automatisiertes Fahren ist bei niedrigen Geschwindigkeiten bereits zu realisieren», sagt Wolfgang Bernhart, Autoexperte bei der Strategieberatung Roland Berger. «Für die Hersteller ist das ein weiteres Feature, das sie mit hohen Deckungsbeiträgen und ohne großen Aufwand verkaufen können. Denn die notwendige Hardware steckt schon in modernen Fahrzeugen.»

Bagatellunfälle werden verhindert

Die Parkhilfen bringen den Herstellern einen kleinen Zusatzertrag: 2015 lagen die Umsätze Schätzungen von Bernhart zufolge weltweit bei 1,8 Milliarden Euro - 2020 dürften es etwa zwei Milliarden Euro sein. Bis 2020, schätzt der Experte, werde die Funktionalität noch einzeln angeboten. Danach werde die Technik zunehmend in Systeme zum automatisierten Parken integriert.

Neben dem Komfort sieht Bernhart für die Fahrer noch einen Vorteil: «Automatisches Parken kann helfen, Bagatellunfälle zu verhindern.» Um ärgerliche Parkschäden in der eigenen Garage zu vermeiden, arbeiten Continental und Bosch an Assistenten, die festgelegte Parkmanöver speichern. «Beim "Trained Parking" fährt das Auto einen bekannten Weg ab - zum Beispiel auf eigenem Grund und Boden die Einfahrt zur und in die Garage», erklärt Forscher Eckert.

Laut Bosch verfügt schon jetzt jeder zweite Pkw über ein Parkassistenzsystem. Bernd Bienzeisler vom Fraunhofer IAO in Stuttgart schätzt, dass 2018 alle Neuwagen mit mehr oder weniger ausgefeilten Parksystemen ausgestattet sind. Für das automatisierte Parkhaus sei das aber gar nicht nötig. Sensoren und Kameras, so Bienzeisler, könnten nämlich auch im Parkhaus angebracht werden. Das Auto bräuchte dann nur eine Verbindungseinheit, die Automatikgetriebe und Motorsteuerung übernimmt.

Neuordnung der Branche

«Die Frage ist, wer am Ende Geld damit verdient», sagt Bienzeisler. Das Geschäft mit dem Parken funktioniere nur in großen Städten und an attraktiven Orten. Seiner Einschätzung nach dürfte sich die Branche in den kommenden Jahren deshalb neu sortieren. Apps, die Parkplätze finden und in direktem Kontakt mit dem Kunden stehen, könnten den Markt neu aufrollen, erwartet Bienzeisler.

Bosch plant bis 2018 einen solchen Dienst, der Autos für die kollektive Parkplatzsuche einbindet. Ausgestattet mit Sensoren sollen die Fahrzeuge Parklücken erkennen, die Ergebnisse dann weitergefunkt und anonymisiert gesammelt werden. Die Daten will der Autozulieferer dann zu einer intelligenten Parkplatzkarte aufbereiten. Doch schon jetzt könne mit Hilfe von Schätzungen auf Basis von Verkehrsdaten die Verfügbarkeit von Parkplätzen in Städten ausgelotet werden, sagt Bienzeisler.

Wer am Ende das neue Geschäft mit dem Parken beherrschen wird, ist nach seiner Einschätzung noch offen: «Wahrscheinlich werden sich neue Akteure etablieren.» (dpa)

Vorheriger ArtikelUmweltminister: Blaue Umweltplakette soll kommen
Nächster ArtikelOpel-Belegschaft wächst kräftig
Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

Keine Beiträge vorhanden