VW zieht Kandidaten für MAN-Aufsichtsrat zurück

Bedenken gegenüber Kartellamt

VW zieht Kandidaten für MAN-Aufsichtsrat zurück
Der Lkw-Bauer MAN stoppt vorerst seine Produktion in Russland. © MAN

VW will seine Tochter Scania mit dem Lastwagenbauer MAN verheiraten. Dass Ferdinand Piëch dabei als Chefaufseher von VW und MAN doppelt Regie führt, empört Aktionäre. Dann die Überraschung: VW zieht drei prominente Kandidaten für den MAN-Aufsichtsrat zurück.

Die EU tritt bei der von Volkswagen gewünschten Lastwagen-Allianz zwischen Scania und MAN auf die Bremse: VW-Chef Martin Winterkorn, Finanzvorstand Hans Dieter Pötsch sowie Nutzfahrzeugvorstand Jochem Heizmann kandidierten nicht für den MAN-Aufsichtsrat, sagte VW- und MAN-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch am Montag auf der Hauptversammlung des Münchner Lastwagenbauers. Die EU-Kommission habe in der vergangenen Woche aus kartellrechtlichen Überlegungen Bedenken gegen die Kandidatur der drei Manager geäußert, weil alle drei auch im Aufsichtsrat der schwedischen VW-Tochter Scania sitzen.

MAN-Chef verteidigt VW-Pläne

VW will aus MAN und Scania unter dem Dach des Autobauers eine Lkw-Allianz schmieden. Aktionärsschützer und Kleinaktionäre hatten scharfe Kritik an der Kandidatur der drei Manager geübt. Stattdessen sollen nun zwei Aufsichtsratsmitglieder wiedergewählt werden und Matthias Bruse, ein Rechtsanwalt aus München, neu in das Gremium einziehen. Bleiben soll Audi-Vorstand Ulf Berkenhagen, der in den vergangenen Wochen als neuer Einkaufsvorstand für MAN ins Spiel gebracht wurde.

Der zweite Kandidat, der wieder für den Aufsichtsrat antritt, ist Thomas Kremer, Chefjustiziar bei ThyssenKrupp. Kremer war erst Mitte Juni in das Kontrollgremium gerückt, nachdem Heiner Hasford sein Mandat vorzeitig niedergelegt hatte - vermutlich aus Protest gegen die Piëch-Pläne. Abseits dieser Personalien verteidigte MAN-Chef Georg Pachta-Reyhofen die VW-Pläne einer Kooperation mit Scania.

Vorteile durch enge Zusammenarbeit

Eine enge Zusammenarbeit von MAN, Scania und Volkswagen biete für alle Beteiligten große Vorteile und werde die Wettbewerbsfähigkeit der Partner stärken. «Von dieser industriellen Logik sind MAN, VW und Scania überzeugt und dafür sind wir auch die richtigen Partner», sagte Pachta-Reyhofen. «MAN und Scania wären zusammen einer der größten Hersteller von Nutzfahrzeugen weltweit», sagte der Manager.

Wie die Allianz im Detail aussehen wird, ist allerdings noch nicht bekannt. Die Pläne gibt es seit langem, kamen aber zuletzt nur wenig voran. Im Mai erhöhte VW überraschend seine Anteile an MAN auf über 30 Prozent und musste ein Pflichtangebot abgeben, das MAN aber wegen des zu niedrigen Preises ablehnte - ein formaler Schritt.

Von Kooperation fest überzeugt

Bisher folgten nur wenige Aktionäre dem Angebot, VW sammelte bis Montag etwas mehr als ein Prozent zusätzlich ein. Die Frist für das Angebot endet am Mittwoch, danach kann VW weiter Aktien am Markt kaufen. «Unabhängig von den finanztechnischen Details», wie Pachta-Reyhofen sagte, sei MAN von der Kooperation mit Scania und VW aber fest überzeugt. Der Konzernchef betonte, MAN werde auch in einer Allianz mit Scania unter dem Dach von Volkswagen eigenständig sein.

Das Unternehmen bleibe mit allen Geschäftsfeldern, Marken, Standorten und Arbeitsplätzen erhalten. «Alles andere würde auch keinen Sinn machen», sagte Pachta-Reyhofen. Es gebe auch keine Pläne, MAN etwa von der Börse zu nehmen. Bereits vor dem Treffen der Anteilseigner hatten einige Kleinaktionäre angekündigt, sich vor allem gegen die Politik von Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch zu wehren. Sie dürften sich aber kaum durchsetzen können.

Operatives Ergebnis mehr als verdoppelt

Zudem hat sich mit dem Rückzug von Winterkorn und seinen beiden Kollegen ein Teil der Forderungen bereits erfüllt. So wollte etwa die Deutsche Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz die Wahl der drei Manager verhindern. Auch andere Aktionärsvertreter hatten angekündigt, die VW-Vertreter nicht zu unterstützen. Dennoch wird vor allem die Rolle Piëchs von vielen Aktionären kritisiert. Der Autopatriarch gilt als treibende Kraft hinter den Plänen einer Lkw-Allianz.

Wirtschaftlich läuft es bei MAN hingegen weiter rund: Für das zweite Quartal will der MAN-Chef bei der Zwischenbilanz eine «ähnlich gute Entwicklung» wie im ersten Quartal vermelden. Im ersten Jahresviertel stieg der Umsatz um knapp ein Fünftel auf 3,7 Milliarden Euro. Das operative Ergebnis wurde auch dank der brummenden Geschäfte in Brasilien auf 325 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahreszeitraum mehr als verdoppelt. Für das vergangene Geschäftsjahr sollen die Aktionäre 2,00 Euro Dividende pro Aktie bekommen - im Vorjahr waren es gerade einmal 25 Cent. (dpa)

Vorheriger ArtikelSaab kündigt baldige Lohnauszahlung an
Nächster ArtikelUrlaubsreisewelle nimmt Fahrt auf
Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

Keine Beiträge vorhanden