VW setzt beim Elektro-Up auf den «Diesel-Effekt»

Einstiegspreis bei 26.900 Euro

VW setzt beim Elektro-Up auf den «Diesel-Effekt»
Der VW E-Up kommt im Oktober auf den Markt, © dpa

VW ist bei der Elektromobilität ein Spätstarter. Doch im Oktober bringen die Wolfsburger mit dem E-Up ihr erstes Elektroauto auf den Markt. Es sei ein «Volks-Elektroauto», wie Rudolf Krebs sagt, der die Elektro-Traktion des Konzerns leitet.

Von Frank Mertens

Es hat gedauert. Doch nun beginnt auch für Europas größten Autobauer Volkswagen das Elektro-Zeitalter. Während andere Hersteller wie Opel (Ampera), Citroen (C-Zero), Peugeot (i-On), Nissan (Leaf), Mitsubishi (i-MiEV), Smart oder Renault (Zoe) längst mit Elektroautos auf dem Markt sind, schickt nun auch Spätstarter VW im Oktober mit dem Kleinstwagen Up sein erstes rein elektrisch angetriebenes Elektroauto an den Start. Der Elektro-Up wird dann zu einem Preis von 26.900 Euro zu den VW-Händlern rollen. Der Up mit Verbrennungsmotor beginnt bei 10.000 Euro.

Ein paar Monate später, im Frühjahr 2014, kommt dann der Elektro-Golf. Was er kosten wird, stehe indes noch nicht fest, sagt Rudolf Krebs, der Leiter Elektro-Traktion des Konzerns, am gestrigen Mittwoch bei der Vorstellung des E-Ups in Wolfsburg. Doch es ist anzunehmen, dass der E-Golf unter dem Preis des BMW i3 liegen wird. Das im November auf den Markt kommende Elektroauto der Münchner steht für rund 35.000 Euro in der Preisliste, der Zweisitzer Smart für rund 23.000 Euro.

E-Up ein «bezahlbares Elektroauto»

Natürlich, sagt Rudolf Krebs, höre man immer wieder, dass VW mit dem Markstart spät dran sei. Doch er verweist darauf, dass man im Konzern bereits seit den 70er Jahren mit der Elektromobilität befasst sei und man auch entsprechende Fahrzeuge auf den Markt gebracht hat. Doch gekauft wurden sie von den Kunden nicht.

VW E-Up
Der Blick auf den 82 PS starken Motor im Up dpa

Doch das soll nun mit dem E-Up anders werden, den Krebs selbstbewusst als „Volks-Elektroauto“ bezeichnet. Schließlich präsentiere VW mit dem ab der kommenden Woche auf der Internationalen Automobilausstellung (IAA) vorgestellten E-Up den Kunden „ein bezahlbares, voll alltagstaugliches Elektroauto“ mit einer Reichweite von 120 bis 160 Kilometern an. Der E-Up sei ein Auto, das nicht nur von der Familie genutzt werden kann, sondern zugleich auch von Bringdiensten. Angesichts der Kaufzurückhaltung in der Bevölkerung schadet es ja nicht, die anzusprechende Zielgruppe gleich möglichst weit zu fassen.

Wie ernüchternd derzeit das Kaufverhalten der Deutschen mit Blick auf Elektroautos ausschaut, zeigen die aktuellen Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA). So wurden per August in Deutschland gerade einmal 3339 Elektroautos neu zugelassen. Der Weg zu dem von der Bundesregierung proklamierten Ziel von einer Million Elektroautos bis 2020 ist lang, wobei viele Experten es mit den derzeit bestehenden Rahmenbedingungen in Deutschland ohnehin für unrealistisch halten.

Keine Aussage zu Absatzzahlen

Auch die Ladeinfrastruktur für E-Autos muss sich verbessern.
Der VW Up an der Ladesäule dpa

Dass das Thema Elektromobilität kein Selbstläufer ist, ist einem erfahrenen Manager wie Krebs natürlich klar. Das zeigen allein die Zulassungszahlen des KBA. Doch was für einen Absatz erwartet VW nun vom E-Up, den er selbst als „Volks-Elektroauto“ bezeichnet? Zu konkreten Absatzzahlen mag Krebs nichts sagen. Nur so viel lässt er sich entlocken. Für die Startphase werden es „überschaubare Stückzahlen“ sein.

Perspektivisch jedoch ist großes Potenzial für Fahrzeuge mit alternativen Antrieben da, dessen ist man sich bei VW sicher. Und dem dürfte angesichts der Endlichkeit fossiler Energieträger auch niemand widersprechen. Für das Jahr 2018 erwartet der VW-Konzern bereits einen Absatz von 300.000 Fahrzeugen mit Hybrid beziehungsweise reinem Elektroantrieb.

Wie sich dieser Absatz auf die einzelnen Antriebsarten verteilt, sei schlecht zu sagen, betont Krebs. „Das ist ein Blick in die Glaskugel, aber ich schätze, dass das Verhältnis bei zwei Drittel Hybrid- und einem Drittel Elektroantrieben liegen dürfte.“ Das sei seine persönliche Einschätzung, keine Konzernmeinung, fügt er hinzu. Mit Fördermaßnahmen seitens der Politik könnte die Marktverbreitung der Elektromobilität indes befördert werden, dass sieht auch Krebs so. Doch eine Einmalförderung wie eine Kaufprämie sei für ihn nicht zielführend. Es gäbe andere, sinnvollere Förderinstrumente. Beispielsweise könnte man für E-Autos angesichts der stetig steigenden Preise billigeren Strom anbieten, sagt Krebs. Entsprechend könnte hier ein „Diesel-Effekt“ entstehen, sagt er. Sprich: Die Kunden könnten sich wie beim Diesel ausrechnen, ab wann sich der Kauf eines E-Autos für sie lohnt.

100 Kilometer kosten drei Euro

Der VW e-Golf (r.) soll in fünf Jahren autonom einparken.
Der E-Up und der E-Golf VW

Derzeit weist VW selbstbewusst darauf hin, mit dem E-Up den Effizienz-Weltmeister zu stellen. So komme er auf einen Verbrauch von 11 kWh auf 100 Kilometer. Anders ausgedrückt: 100 Kilometer kosten den E-Up-Fahrer in etwa 3,04 Euro. Kein schlechter Wert. Das trifft auch auf die Fahrleistungen des 82 PS starken E-Ups zu, wie eine erste Ausfahrt in Wolfsburg zeigte. In 12,4 Sekunden ist Tempo 100 erreicht, die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 130 km/h.

Der Kleinstwagen stellt ein maximales Drehmoment von 210 Nm zur Verfügung, das, wie bei E-Autos üblich, von Anbeginn zur Verfügung steht. Das ist ein großer Spaßfaktor, wie die ersten Testkilometer mit dem E-Up zeigten. Sie unterstreichen zudem die Aussagen von Krebs, dass der E-Up ein alltagstaugliches Elektroauto ist. Und das Reichweitenproblem? Maximal sind 160 Kilometer mit dem E-Up möglich, das sind 110 Kilometer mehr, als der normale Pendler im Alltag zurücklegt. Entsprechend beruhigt kann man mit dem E-Up in der Stadt unterwegs sein – und ja, Elektroautos sind Stadtautos, keine Langstreckenautos. „Wenn ich mit dem E-Up auf der Autobahn ständig Höchstgeschwindigkeit fahre, dann schrumpft die Reichweite schnell auf die Hälfte.“

Wer auf die Angst vor der fehlenden Reichweite verzichten will, der muss auf einen Plug-in-Hybrid umsteigen, wie ihn beispielsweise Audi mit dem A3 e-tron anbietet. Hier steht eine Gesamtreichweite von 940 Kilometer zur Verfügung, rein elektrisch sind es 50 Kilometer. Entsprechend gilt der Plug-in-Hybrid auch als Brückentechnologie.

VW schnürt Mobilitätsdienstleistungen

Der VW E-Up.
Hinterlässt bei einer Testfahrt einen guten Eindruck dpa

Doch zurück zum E-Up, mit dem VW den ersten Schritt ins Elektrozeitalter wagt – und diesen möglichst durchdacht gestalten will. Entsprechend bietet VW auch Mobilitätsdienstleistungen rund um die E-Mobilität an. Das reicht vom Aufstellen einer Wall-Box in der heimischen Garage bis hin zum Angebit eines Ersatzfahrzeuges für Fahrten in den Urlaub durch den örtlichen Händler. Dienstleistungen, die natürlich kostenpflichtig sind. Da Elektromobilität auch nur dann Sinn macht, wenn Strom aus regenerativen Quellen zum Einsatz kommt, bietet VW zur Markteinführung des E-Up auch „grünen Strom“ aus 100 Prozent Wasserkraft vom Stromanbieter Lichtblick an.

Auch wenn die Wolfsburger später dran sind als konkurrierende Mitbewerber, glauben sie an einen Vorteil – und der basiert auch hier auf dem Baukastensystem. „Wir sind schlagkräftiger aufgestellt als unsere Mitbewerber, denn wir können alle unsere Fahrzeuge aufgrund unseres Baukasten-Systems elektrifizieren“, sagt Krebs. Entsprechend ist es nur eine Frage der Zeit, wann Marken wie beispielsweise Seat oder Skoda mit eigenen Elektroautos nachziehen. Die Herangehensweise der Wolfsburger ans Thema Elektromobilität ist durchdacht und auf Nachhaltigkeit ausgelegt. Jetzt müssen nur noch die Kunden mitspielen – und ein Auto wie den E-Up oder bald den Golf auch kaufen. Bei der Konkurrenz jedenfalls haben sie es bislang nur in homöopathischen Dosen getan. Man darf gespannt sein, ob das „Volks-Elektroauto“ seiner Bezeichnung auch irgendwann mit einem entsprechenden Absatz gerecht wird.

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Frank Mertens
Nach dem Studium hat er in einer Nachrichtenagentur volontiert. Danach war er Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche.

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