VW-Chef Müller sieht Zukunft des Dieselmotors skeptisch

Zu hohe Kosten für Abgasreinigung

VW-Chef Müller sieht Zukunft des Dieselmotors skeptisch
Die EU macht der Branche nur geringe CO2-Vorgaben. © dpa

Wer sich in der Autobranche umhört, der bekam mit Blick auf die Frage nach der Zukunft des Dieselmotors bislang immer die Antwort, dass er nach wie vor für die Erreichung der CO2-Grenzwerte unabdingbar sei. VW-Chef Matthias Müller sieht dies anders.

VW-Chef Matthias Müller hat nach dem Abgas-Skandal die Zukunft des Dieselmotors in Frage gestellt. «Es wird sich die Frage stellen, ob wir ab einem gewissen Zeitpunkt noch viel Geld für die Weiterentwicklung des Diesels in die Hand nehmen sollen», sagte Müller dem «Handelsblatt» kurz vor der VW-Hauptversammlung an diesem Mittwoch. VW hatte bei Millionen von Dieselfahrzeugen mit einer Software Abgastests manipuliert. In den USA hat VW alle Dieselmodelle vom Markt genommen.

Ob Volkswagen jemals wieder Dieselmotoren in Amerika anbieten wird, bleibt unklar. «Das ist derzeit schwierig zu beantworten», sagte Müller. Die Abgasreinigung beim Diesel werde «enorm aufwendig und teuer». Gleichzeitig werde die Elektromobilität preiswerter. Die Steuervorteile des Diesels sind in Deutschland auf Dauer ebenfalls nicht gesichert. «Im Dialog mit der Politik müssen wir sehen, wie das alles weitergeht», sagte der Volkswagen-Chef. Der VW-Chef hatte in der vergangenen Woche eine neue Konzernstrategie vorgestellt und einen massiven Umbau des Autobauers angekündigt. Volkswagen will künftig die Elektromobilität massiv ausbauen und Milliarden in neue Mobilitätsdienstleistungen investieren.

Dieselanteil in Deutschland bei 46 Prozent

Bisher hat VW aber immer noch einen hohen Dieselanteil bei seinen Fahrzeugen. Der Diesel sei bei Kunden in Deutschland und in Europa unverändert sehr beliebt, sagte Müller. In Deutschland liegt der Dieselanteil bei den Pkw-Neuzulassungen aktuell bei 46 Prozent. Auf die Frage, ob der Abschied vom Verbrennungsmotor an die Energiewende bei Eon und RWE erinnere - mit dem Aus für die Nukleartechnik und der Schrumpfung bei Gas und Kohle - sagte Müller: «Ein durchaus passender Vergleich.»

Alternative Antriebe wie Elektromotoren sowie die digitale Revolution mit mehr Internet im Auto sind die beiden großen Zukunftsthemen in der Autobranche. Müller hatte in der vergangenen Woche von einem «epochalen Wandel» gesprochen. Der VW-Chef sagte der Zeitung außerdem, Volkswagen erwäge ein neues Vergütungsmodell für sein Top-Management. «In den nächsten zwölf Monaten werden wir dem Aufsichtsrat unseren Vorschlag präsentieren - mit einer anderen Orientierung», sagte Müller. Eine Deckelung nach oben sei für ihn «selbstredend». Die VW-Spitze war wegen umstrittener Millionen-Boni trotz des Abgas-Skandals in die Kritik geraten. Ähnlich äußerte sich VW-Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch in der «Hannoverschen Allgemeinen Zeitung» zur Boni-Frage. «Ich habe Verständnis für die öffentliche Diskussion», sagte Pötsch dem Blatt. «Aber wir können uns nicht an der öffentlichen Meinung orientieren, um es uns leichter zu machen. Wir müssen das für uns beste System finden und nicht das populärste.»

Die Branche will die Aussagen Müllers nicht als Vorboten für ein nahes Diesel-Ende verstanden wissen. So ist der Selbstzünder etwa enorm wichtig für die Stuttgarter Konzerne Daimler und Bosch. Sprecher beider Unternehmen betonten am Dienstag, der Dieselantrieb sei bereits wesentlich verbessert worden und habe noch Optimierungspotenzial. Daimler hatte in den vergangenen Jahren fast drei Milliarden Euro in neue Dieselmotoren investiert, die nun umfassend in neue Modelle eingebaut werden. Solche effizienteren und umweltverträglichen Motoren seien ein signifikanter Beitrag für das Erreichen von EU-Klimaschutzzielen, sagte ein Daimler-Sprecher. Der Zulieferer Bosch hält den Diesel hierbei sogar für unverzichtbar. (dpa)

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Frank Mertens
Nach dem Studium hat er in einer Nachrichtenagentur volontiert. Danach war er Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche.

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