Absatzschwäche von Volkswagen hält an

Minus in China

Absatzschwäche von Volkswagen hält an
Der VW-Konzern hat seine Hauptversammlung verschoben. © dpa

Der VW-Konzern hat unter einer zunehmenden Absatzschwäche zu leiden. Dazu trägt neben dem Rückgang in China vor allem die Schwäche der Kernmarke bei.

Für den Volkswagen-Konzern kommt es derzeit dicke. Erst mussten sich die Wolfsburger bis Anfang Mai mit der wochenlangen Führungskrise herumschlagen. Dann - just als der Machtkampf zwischen dem VW-Großaktionär Ferdinand Piëch und Konzernboss Martin Winterkorn ausgestanden war - beförderte das Alltagsgeschäft eine kritische Zahl ans Tageslicht: Im April, so musste Volkswagen Mitte Mai einräumen, fiel der Konzernabsatz gegenüber dem Vorjahresmonat um 1,3 Prozent.

Es war das erste Minus seit Dezember 2009. Fünfeinhalb Jahre legte Europas größter Autobauer nur zu. Und nun folgte der Einschnitt. Am Freitag war dann klar: Im Mai fiel das Minus sogar noch größer aus. Hauptgrund dafür ist der chinesische Markt, wo der Konzern gut ein Drittel aller Wagen absetzt. Stand per April dort noch ein Mini-Plus von 0,2 Prozent, rauschte die Verkaufszahl per Mai ins Minus auf 1,1 Prozent.

Kernmarke kommt nicht in Fahrt

Neben China sind die Verluste der Pkw-Kernmarke ein Treiber. Sie verlor im Mai-Vergleich 5,9 Prozent, wie VW bereits am Mittwoch mitteilte. Das ist gut ein Prozentpunkt weniger als zuvor im April. Die Hausmarke rund um Golf und Passat steht für etwa die Hälfte aller konzernweiten Auslieferungen. Anders als der Gesamtkonzern mit seinen zwölf Marken steckt die Kernmarke schon den achten Monat in Folge im Rückwärtsgang. Allen Verkaufserfolgen der VW-Familie zum Trotz - etwa bei Porsche oder Audi - steht und fällt vor allem mit der Kernmarke der gesamte Absatz der Gruppe, der 2014 die 10-Millionen-Marke brach.

China schwächelt zwar derzeit ganz allgemein. Vorbei sind die zweistelligen Wachstumsraten, momentan herrscht eher Stagnation. Die VW-Kernmarke verlor dort im Mai 3,7 Prozent. NordLB-Analyst Frank Schwope nennt diese Zahlen "nicht überzeugend". Zwar sei der aktuelle Absatzrückgang auch Produktionsumstellungen in den chinesischen VW-Werken geschuldet. "Andererseits", sagt Schwope, "ist jedoch nicht auszuschließen, dass sich der rückläufige Trend im Gesamtjahr nachfragebedingt verfestigt. Die Zeiten zweistelliger Wachstumsraten in China dürften vorbei sein", konstatiert er zum Abschneiden von VW.

China-Vorstand Jochem Heizmann hatte im dpa-Interview vor wenigen Wochen betont, dass nur ein kurzer Dämpfer zu erwarten sei: "Wir planen in den nächsten fünf Jahren mit einem durchschnittlichen Zuwachs von jährlich fünf bis acht Prozent, wobei ich eher den oberen Wert annehmen würde." Man wolle beim Marktwachstum mithalten.

Bis 2019 steckten 22 Milliarden Euro an Investitionen für China in der Pipeline - vier Milliarden mehr als in der vorherigen Planungsrunde. "Wir könnten mehr verkaufen, wenn wir mehr Kapazitäten hätten", sagte Heizmann. Die Chinesen arbeiteten mehr als 300 Tage im Jahr. Da mangele es an freien Tagen, um neue Modelle in der Fabrik einzuführen und die Bänder entsprechend umstellen zu können.

Hohe Investitionen in China

Und dennoch: Die Verkaufsdelle ist ein Rückschlag für die zuletzt jahrelang erfolgsverwöhnten Wolfsburger. Branchenbeobachter Schwope sagt: "Im Wettrennen mit Toyota um den Titel des weltgrößten Automobilherstellers sehen wir Volkswagen nur noch knapp vorne. Wir rechnen für den Wolfsburger Konzern im Gesamtjahr mit 10,3 Millionen Verkäufen, während Toyota auf 10,2 Millionen kommen dürfte."

Der Schlüssel liegt eindeutig in China. Denn auf dem zweitgrößten Pkw-Markt, den USA, dürfte VW absehbar nicht richtig in Fahrt kommen. Per April verharrt der Konzern dort bei minus 0,2 Prozent, obwohl der Markt eigentlich wächst. Doch frühestens in eineinhalb Jahren kommen neue VW-Modelle speziell für die USA in die Autohäuser. Bis dahin müssen es vor allem die nach Volumen wichtigsten VW-Modelle richten: Jetta und Passat. Doch sie büßten zuletzt zweistellig ein. Nach Berechnungen von Ferdinand Dudenhöffer aus dem Center Automotive Research an der Uni Duisburg-Essen sackte der VW-Marktanteil in den USA jüngst auf 2,0 Prozent - und sinkt damit seit 2012 (3,0 Prozent). Auch andere wichtige Märkte setzen dem Konzern zu - dabei sind die Probleme dort aber nicht hausgemacht und treffen die gesamte Branche. Südamerika verlor bei den Wolfsburgern in den ersten fünf Monaten 23 Prozent, Russland 41 Prozent. Und die guten Anzeichen in Gesamteuropa mit zuletzt gut 3 Prozent Plus reichen als Gegengewicht nicht aus.

Bleibt also das Zugpferd China. Der deutsche Branchenverband VDA macht Hoffnung: Nach einem Plus von 13 Prozent 2014 habe der Pkw-Absatz im Reich der Mitte im ersten Quartal dieses Jahres 11 Prozent gewonnen. "Für das Gesamtjahr 2015 erwarten wir - ausgehend von einem inzwischen deutlich höheren Ausgangsniveau - eine Wachstumsrate von mindestens 6 Prozent", schrieb der VDA im April zur Automesse in Shanghai - Chinas aufkommender Mittelschicht sei Dank. (dpa)

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