VW-Betriebsrat fordert «Zukunftsvertrag»

«Gravierendes Vertrauensproblem» zum Marken-Vorstand

VW-Betriebsrat fordert «Zukunftsvertrag»
VW-Markenchef Herbert Diess (l.) und Betriebsratschef Bernd Osterloh © dpa

Der von VW anvisierte Sparkurs hat das Klima zwischen dem Vorstand der VW-Kernmarke und dem Betriebsrat vergiftet. Die Arbeitnehmerseite fordert einen «Zukunftsvertrag», um Spekulationen über die Sicherheit von Jobs und Werken in Deutschland zu beenden.

Das Ringen um den zuletzt verschärften Sparkurs bei Volkswagen eskaliert zusehends. Nach einer monatelangen Konfrontation mit dem Vorstand der VW-Kernmarke sieht der Betriebsrat keine Basis mehr für die bisherige Zusammenarbeit.

Da ein «gravierendes Vertrauensproblem» vorliege, geht die Arbeitnehmer-Vertretung nun in die Offensive und rüstet sich für eine Machtprobe - mitten in der Abgas-Krise.

Feste Zusagen gefordert

Um die Spekulationen über die Sicherheit von Jobs und Werken in Deutschland zu beenden, fordert die Arbeitnehmerseite das Management zu Verhandlungen für einen «Zukunftsvertrag» auf. «Darin wollen wir feste Produkt-, Stückzahl- und Investitionszusagen für die nächsten Jahre festschreiben», schrieb der Betriebsrat am Donnerstag an die Belegschaft von Europas größtem Autobauer. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur in Hannover von eingebundenen Vertrauensleuten der IG Metall. Der Brief ging unter anderem per E-Mail auf den Weg.

Schwere Vorwürfe gegen das Management

Der mit dem Schreiben in die Belegschaft getragene Konflikt markiert eine neue Qualität. Osterloh und VW-Markenchef Herbert Diess gerieten seit dem Ausbruch der Diesel-Krise schon mehrfach aneinander, es knallte heftig. Ein offener Bruch blieb aber aus. Das ist nun anders.

Der Vorwurf des Betriebsrates wiegt schwer: Er fürchtet, dass das Management angesichts der Abgas-Affäre den Renditedruck verschärft und die Lage bewusst ausnutzt, um gezielt auch die Axt an den Stellen anzusetzen. «So haben wir den Eindruck, dass der Diesel-Skandal hinterrücks dazu genutzt werden soll, personelle Einschnitte vorzunehmen, die bis vor wenigen Monaten kein Thema waren», heißt es in dem Brief, den auch die Betriebsratschefs aus Emden, Hannover, Kassel, Salzgitter, Braunschweig und VW-Sachsen unterschrieben haben.

«Handschlag-Qualität» fehlt

Einen Pakt für sichere Jobs gab es zuletzt vor zehn Jahren, als VW die Viertagewoche zu Grabe trug und Zugeständnisse mit Mehrarbeit ohne vollen Lohnausgleich errang. «Auch in der damaligen schwierigen Zeit ist es uns über verbindliche Vereinbarungen gelungen, die Zukunft für Unternehmen und Beschäftigte positiv zu gestalten. Dies ist auch heute unser Angebot an den Markenvorstand von Volkswagen», heißt es in dem Brief. «Wir wollen ein Ende der Spekulationen über die Zukunft von Menschen und Standorten von Volkswagen!»

Osterlohs Team hegt offenbar großes Misstrauen. So spricht es dem Markenvorstand die sprichwörtliche «Handschlag-Qualität» ab. «Ständige wechselnde Zielvorgaben, das Fehlen einer verlässlichen, langfristigen Strategie für die Marke Volkswagen oder pauschale, nicht zu Ende gedachte Sparvorgaben sind hierfür nur einige Beispiele.» Nötig sei deswegen ein «klarer Richtungswechsel».

Ein Sprecher des Markenvorstandes war zunächst nicht zu erreichen. (dpa)

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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