Horn weiß seit Frühjahr 2014 von Verstößen

VW-USA-Chef vor US-Kongress

Horn weiß seit Frühjahr 2014 von Verstößen
VW-USA-Chef Michael Horn wird sich wieder den Gerichten stellen müssen © dpa

Michael Horn hat schon 2014 von möglichen Emissions-Verstößen erfahren. Der Chef der USA-Abteilung von VW ging davon aus, dass die Ingenieure des Konzerns mit der EPA an einer Lösung arbeiteten.

Michael Horn hebt die rechte Hand und schwört, «die Wahrheit, die Wahrheit und nichts als die Wahrheit» zu sagen. Ab jetzt steht Volkswagens US-Chef unter Eid. Der Abgas-Skandal hat den 53-Jährigen zu einem Top-Manager im Büßergewand gemacht. «Im Namen unseres ganzen Unternehmens und meiner Kollegen in Deutschland möchte ich eine aufrichtige Entschuldigung anbieten», sagt Horn, bevor er in Washington ins Kreuzverhör der Abgeordneten genommen wird. Die US-Politik hat ihn zur Anhörung vor den Kongress geladen - das zeigt, welche öffentliche Brisanz der Fall in den Vereinigten Staaten hat.

Krimineller Betrug statt Schummel-Affäre

Wenn der US-Kongress Top-Manager vor seine Ausschüsse zitiert, dann liegt einiges im Argen. Die Chefin des US-Autoriesen General Motors, Mary Barra, beispielsweise wurde von den Abgeordneten im letzten Jahr geradezu «gegrillt» und musste sich wegen Schlamperei-Vorwürfen bei einer tödlichen Pannenserie durch defekte Zündschlösser heftige Kritik anhören. Kevin Kennedy vom japanischen Autozulieferer Takata, dessen mangelhafte Airbags mit mehreren Unfällen mit Todesopfern in Verbindung gebracht werden, erging es im Juni nicht anders.

Nun ist Horn an der Reihe. Es ist der bislang wohl schwerste Gang als US-Statthalter des Wolfsburger Autokonzerns, der aufpassen muss, in den USA nicht sämtliche Sympathien zu verspielen. Horn steht im Skandal um manipulierte Abgaswerte - der in Amerika nicht als Schummel-Affäre, sondern als krimineller Betrug gesehen wird - massiv unter Druck. Bereits 2014 hatten die US-Regulierer sein Unternehmen über mögliche Verstöße informiert, nun muss er unter Eid aussagen.

«VW zahlt hohen Preis für dreckiges kleines Geheimnis»

Die Empörung in den USA über die Dreistigkeit von VW ist groß und der Ruf nach drastischen Strafen laut. «VW wird einen hohen Preis für dieses dreckige kleine Geheimnis bezahlen», sagt der republikanische Abgeordnete Fred Upton. Die Politiker im Kongressausschuss beklagen mangelnde Aufklärung. «Wir wissen einige Dinge, aber wir wissen nicht genug», sagt die Demokratin Dianna DeGette. «Wir müssen klären, wer verantwortlich ist.»

Im Frühling vergangenen Jahres habe er von möglichen Verstößen gegen Emissionsregeln erfahren, erklärt Horn. «Ich wurde informiert, dass die Vorschriften der Umweltbehörde EPA verschiedene Strafen vorsehen.» Damit scheint immer klarer zu werden, was sich im Laufe der Affäre bereits zunehmend abgezeichnet hatte: VW-Verantwortliche waren seit langem über die Ermittlungen im Bilde. Aber wussten sie auch von absichtlichen Tricksereien? Und war ihnen bewusst, wie schwer der Verdacht wiegt?

Horn setzt Neußer in Kenntnis

Der VW Passat hat sich gegen sechs Finalisten durchgesetzt.
Heinz-Jakob Neußer wurde abgesetzt dpa

Horn sagt, er sei davon ausgegangen, dass die Ingenieure des Konzerns mit der EPA an einer Lösung arbeiteten. Und er betont vor dem Kongress immer wieder, er habe zwar seit 18 Monaten von eventuellen Regelverstößen gewusst, aber nicht davon, dass der Grund dafür in gezielter Manipulation seines Unternehmen lag. «Ich hatte keine Kenntnis, dass es einen "Defeat Device" in unseren Autos gab.» Als «Defeat Device» wird die Software bezeichnet, mit der die Emissionstests ausgetrickst wurden.

Die Beteuerungen ändern nichts an der wichtigen Frage: Wen hat Horn in der Wolfsburger Konzernzentrale wann über den Verdacht der US-Behörden informiert? Wie die Deutsche Presse-Agentur aus Konzernkreisen erfuhr, setzte Horn den inzwischen beurlaubten VW-Entwicklungschef Heinz-Jakob Neußer in Kenntnis. Seine Anwältin wollte dazu auf Anfrage keine Stellungnahme abgeben.

Fest steht: Erst im September räumte Volkswagen gegenüber der EPA ein, seit 2009 bei den Emissionstests für fast eine halbe Million Diesel-Autos manipuliert zu haben. Der tatsächliche Abgasausstoß lag um ein Vielfaches über den frisierten Messwerten. Zu dem Zeitpunkt stand das Unternehmen schon mit dem Rücken zur Wand - die Umweltbehörde drohte, die Zulassung für die vor dem Verkaufsstart stehenden Fahrzeuge des Modelljahres 2015 zu verweigern. (dpa)

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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